Grebe hat Ahnenforschung betrieben und zeichnet den Werdegang seines Vaters nach, auf dem zweiten Bildungsweg zum Professor. Er analysiert auch seine Mutter, das Flüchtlingskind, das sein Leben lang weiterflüchtete. Wobei man sich bei Grebe die Puzzleteile für so ein Bild stets selbst zusammensetzen muss.
Denn er zappt munter zwischen Zeitebenen und Ichzuständen hin und her und palavert zwischendurch mit seinem Tontechniker. Dann taucht dessen Gesicht im schummrigen Skype-Look riesengroß auf der Bühnenleinwand auf, und man berät sich. Angeblich muss das Grebe-Lebenswerk ja auch noch weiter digitalisiert werden, weswegen er sich mit Ach und Krach darauf einlässt, einige peinliche Songs seiner allerallerersten Band darzubieten. Darunter Perlen des Nonsens wie das »Lied des Konservierungsmittels kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums«.
Bei all dem merkt man den Theatermann, den studierten Puppenspieler und erfahrenen Regisseur, der seit Jahren seine Stücke mit eben so einer Montagetechnik inszeniert. Collagen, in denen man emotional manchmal kaum hinterher kommt, denn er mischt hier wie dort mit harten Schnitten und trägt meist dick auf. Schenkelklopfer, Absurditäten, Fakten, Überzeichnetes - und zwischendurch filigrane poetische Momente. Wenn gerade gar keiner damit rechnet, muss man sich bei Grebe gefasst machen auf handfest Politisches oder Gesellschaftskritisches. Wer weiß denn, dass der Neckermann-Konzern auf einem arisierten Vermögen basiert, das bis 1937 dem Großvater von Pop-Legende Billy Joel gehört hatte?
Singen kann er sowieso, dieser Berserker am Klavier, der sich zu den Zugaben erst mal einen Wein auf die Bühne bringen lässt und gierig eine qualmt. Und auch wenn an so einem Abend keiner genau weiß, wie viel Wahrheit über Raini aus Frechen tatsächlich in dieser Inszenierung steckt, eines ist klar: Da vorne steht einer, der mehr von sich gibt als viele andere. Entsprechend laut, lang und liebevoll fiel der Applaus aus. Nach seinem letzten Abgang blieben alle sitzen, denn die Familie-Grebe-Dia-Show lief ja weiter. Der Saal leerte sich erst, als kein Krümchen Grebe mehr zu sehen oder hören war. (GEA)