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Aktuell Orgelsommer

Ein musterhaftes Abschlusskonzert: Natalia Ryabkova in Gönningen

Mit Natalia Ryabkova in Gönningen schließt der Reutlinger Orgelsommer in schöner Weise ab.

Natalia Ryabkova beim Reutlinger Orgelsommer in Gönningen.
Natalia Ryabkova beim Reutlinger Orgelsommer in Gönningen. Foto: Dagmar Varady
Natalia Ryabkova beim Reutlinger Orgelsommer in Gönningen.
Foto: Dagmar Varady

REUTLINGEN-GÖNNINGEN. Strahlend und würdig war das Abschlusskonzert des Reutlinger Orgelsommers in der evangelischen Kirche Gönningen. Würdig und angemessen auch der romantischen Engelfried-Orgel, auf welche die Organistin Natalia Ryabkova ihr Programm feinsinnig angepasst hatte. Zu Beginn einen Johann Sebastian Bach, ansonsten ausschließlich Romantik, beziehungsweise mit dem abschließenden Marcel Dupré einen Komponisten, der von der Klangästhetik der französischen Romantik geprägt ist. Maßgebend für Ryabkova war es, sich nicht nur den üblichen Glanzstücken zu widmen, sondern auch andere Kostbarkeiten aufzugreifen.

Bachs Präludium und Fuge BWV 552 war als Einstieg üppig, herrlich und beinahe wie ein langer Einzug in einen Gottesdienst mit vielen Würdenträgern. Bereits hier war Ryabkovas feste, energische und unbefangen frische Hand zu fühlen, etwas, das man im gesamten Programm erspüren durfte. Die Komplexität der Bach’schen Schöpfung war für die Organistin eine Lust, eine wohlige Bereitschaft, mit Konzentration und lebendiger Vitalität all dies zu ergründen und dem Publikum zu eröffnen.

Sinn für Nuancen

Mit zwei ruhigen Stücken aus Schumanns »Sechs Stücken in kanonischer Form« war der Romantik-Komplex eröffnet und ein wenig dynamische Abkühlung zugemessen. Wie auf einem sonnigen und immer belebter werdenden Spaziergang ging Ryabkova durch das vierte Stück »Innig«, und nicht zuletzt hier war zu erkennen, dass ihr Nuancen durchaus wichtig waren, und doch in dem Sinne, sich nicht allzu weitschweifig damit aufzuhalten, sondern vielmehr fließen und wirken zu lassen.

Knackig, sprunghaft, suchend und atemberaubend irrend fand sie von Regers Toccata aus Opus 80 in Sigfrid Karg-Elerts »Praeambulum Festivum« wieder einen festen und standhaften Boden. Interessante Klangfarben kamen in César Francks »Prélude, fugue et variation« ins Geschehen. Auch hier war man als Zuhörer damit beschenkt, die Musik genießen zu dürfen, ohne Überraschungen im Interpretatorischen, ohne Störungen, sondern ganz im Sinne der Musik stehend, fließend und aus dem Urgrund der Musik heraus blühend.

Pausenloses Preschen und Sausen

Karg-Elerts »Bouree et Musette« und Eugène Gigouts Scherzo in E-Dur ließen erneut Ryabkovas dynamische und unerschrockene Energie erkennen. Neckisch und wie ein rasantes, quietschvergnügtes Haschen quirlten die Linien im Scherzo, und das Schlussstück, Duprés »Prélude et Fugue« in g-Moll, wirbelte zwar ebenso weiter, jedoch nicht in heiterem Gestus, sondern ernst und verwegen. Höchst virtuos geht es hier zu, und Dupré selbst spielte es oft gerne als Zugabe auf seinen Konzerten. Dieses pausenlose Preschen und Sausen ließ Ryabkova unbekümmert und stillvergnügt schweifen und baute in der Fuge Stein für Stein höher, potenzierte die Kräfte bis hin zu den letzten furiosen Schlussakkorden. Welch schöne Bilanz, welch glänzendes Muster für das nächste Orgelsommer-Jahr! (GEA)