HAYINGEN-WIMSEN. Immer nur Mörder jagen ist nichts für ein Multitalent wie Miroslav Nemec. Der als Münchner Tatortkommissar Ivo Batic bekannt gewordene Schauspieler kann auch richtig abrocken – immerhin hat er mal Musik studiert. Am Samstag war er mit seiner Band »Asphyxia« zu Gast in der Wimsener Mühle. Neben der Gitarre hatte der 64-Jährige seine 2011 erschienene Biografie »Miroslav – Jugoslav« und die Lesebrille im Gepäck. Die 200 Gäste genossen das Wechselbad der Gefühle zwischen Kindheitserinnerungen und Rocksongs.
»Eigentlich bin ich ganz anders, nur komm ich so selten dazu«, lautet eines der Lieblingszitate von Nemec, es stammt vom ungarischen Schriftsteller Ödön von Horvath. Sein Leben sei mitbestimmt von Sprüchen, Schnurren und Witzen, verriet der Fernsehstar und hatte dazu Kostproben mitgebracht: Ein Hai hat einen Schauspieler gefressen. »Mmmh, das war lecker«, schwärmt der Raubfisch, »null Rückgrat und eine große Leber.«
Geboren am 26. Juni 1954 in Zagreb im früheren Jugoslawien wuchs Nemec in bescheidenen Verhältnissen auf, von denen er sehr anschaulich berichtete. Nach der Trennung seiner Eltern zog er im Alter von zwölf Jahren ins deutsche Freilassing, wo er bei seiner Großtante aufwuchs. Noch während der Schulzeit gründete der damals 15-Jährige seine erste Band »Asphyxia«, das englische Wort bedeutet so viel wie Ersticken. Mit den alten Kumpels ist der viel beschäftigte Schauspieler immer mal wieder auf Tour.
Der Liebe wegen nach Zürich
Nach dem Abitur absolvierte Nemec ein Klavierstudium am Salzburger Mozarteum. Weil er nicht als Barpianist enden wollte, entschied er sich für die Schauspielerei und wechselte im April 1974 an die Akademie nach Zürich – auch aus Liebe zu seiner damaligen Freundin, wie er gestand. Als er seiner Mutter damals von den Schauspielplänen erzählte, lautete ihre knappe Antwort: »Mach das nur, dein Vater hat auch nie viel verdient.«
Aufgelockert wurden die launigen Jugenderinnerungen mit Musik: feurige Balkan-Folklore, besinnliche Stücke von André Heller oder Rio Reiser und natürlich fetzige Rock-Klassiker. Die Begleitband, Gerwin Eder und Armin Riedl an den Gitarren, Mirko Rois am Schlagzeug, Gerhard Hinz am Bass und seine hochschwangere Tochter Tina Hinz am Keyboard, agierte – von einigen Soloeinlagen abgesehen – eher im Hintergrund. Tausendsassa Nemec zeigte eindrucksvoll sein Können als Sänger, Keyboarder, Gitarrist und sogar als Trommler beim Cream-Hit »In a White Room«. »Ich bin begeistert, er ist einfach ein Multitalent und kann sein Publikum mitreißen«, freute sich Christine Falkenburger aus Pfullingen über den gelungenen Abend. »Die Mischung finde ich gut und er kommt sehr authentisch rüber.« Das konnten auch Doris von Haesen und Daniela Ramminger aus Reutlingen bestätigen: »Er ist sehr direkt und hat einen wunderbaren trockenen Humor.«
Nemec selbst war ebenfalls angetan vom Gastspiel und dem begeisterungsfähigen Publikum. Es war bereits sein dritter Auftritt in der Kulturmühle. »Wimsen ist super und hier habe ich die Möglichkeit, mich auch mal anders zu präsentieren.« Sofern es zeitlich passt, will er im kommenden Jahr zum Sommerfest wieder in der Mühle auftreten.
Seine Biografie endet in den späten 1970er-Jahren, aus seiner Laufbahn als Tatortkommissar gab es leider keine Schnurren. Wann folgt der zweite Teil seiner Lebensgeschichte? »Zuerst schreibe ich meinen dritten Krimi«, so Nemec. Nach der Lesung heizten er und die Band dem Publikum während einer ausgedehnten Rock-Runde noch mal ordentlich ein. Etliche Zugaben folgten, als letzte Nummer gab es extra »für den Didi« den Rolling-Stones-Klassiker »Brown Sugar«. Stones-Fan und Veranstalter Dietmar Schrade erlebte ebenfalls einen rundum gelungenen Abend, zumal das Konzert seit vier Monaten ausverkauft war. (GEA)