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Eclat-Festival Stuttgart lockt von 5. bis 9. Februar mit 16 Konzerten

Von 5. bis 9. Februar wird das Stuttgarter Theaterhaus zum tönenden Seismografen des Weltgeschehens. Im Eclat-Festival für Neue Musik reagieren Komponisten und Ensembles auf die Krisen der Gegenwart – oder blenden sie bewusst aus.

Heulschlauch als Klangverstärker: Johanna Vargas von den Neuen Vocalsolisten.
Heulschlauch als Klangverstärker: Johanna Vargas von den Neuen Vocalsolisten. Foto: Ralf Brunner
Heulschlauch als Klangverstärker: Johanna Vargas von den Neuen Vocalsolisten.
Foto: Ralf Brunner

STUTTGART. Neben den Donaueschinger Musiktagen ist das Eclat-Festival am Stuttgarter Theaterhaus das große Forum für Neue Musik im Südwesten. Mit 16 Aufführungen an fünf Tagen vom 5. bis zum 9. Februar ist Eclat mindestens so groß wie die Musiktage, zudem beinhaltet es traditionell das Preisträgerkonzert zum Stuttgarter Kompositionspreis – diesmal als Schluss-Event. Die Ausrichtung ist ähnlich wie in Donaueschingen: Man versteht sich als Uraufführungs-Festival, blickt in die Zukunft der Tonkunst.

Weil Eclat nicht ganz so geballt im Scheinwerferlicht der Medien steht, kann Festivalleiterin Christine Fischer, Geschäftsführerin des Veranstalters Musik der Jahrhunderte, etwas freier agieren als ihre Kollegin Lydia Rilling in Donaueschingen. Fischer betonte bei der Programmvorstellung, bei Eclat werde vieles – ähnlich wie in Donaueschingen – speziell für den konkreten Schauplatz (hier das Theaterhaus) und an diesem Schauplatz entwickelt: »Wir sind ein produktionsgeprägtes Festival.« Zudem sind mit den Neuen Vocalsolisten, Ascolta, Pony Says und dem Echtzeit-Ensemble gleich mehrere »Heim-Teams« aus Stuttgart am Start.

Kunst in Zeiten der Krisen

Ein Thema werde den Komponistinnen und Komponisten nicht vorgegeben, betonte Fischer. Man sehe sich als Ermöglicher, um deren Klangvisionen real werden zu lassen. Aber natürlich sei die aktuelle Weltlage für die Künstler wichtig. Für die einen, um die Krisen zu benennen, sich damit auseinanderzusetzen. Für die anderen, um sich davon abzugrenzen und einen Raum reiner Kunst zu schaffen.

Mit der abstrakten Kunst von Gerhard Richter setzte sich Agata Zubel fürs Eclat-Festival auseinander.
Mit der abstrakten Kunst von Gerhard Richter setzte sich Agata Zubel fürs Eclat-Festival auseinander. Foto: Bernd Settnik/dpa
Mit der abstrakten Kunst von Gerhard Richter setzte sich Agata Zubel fürs Eclat-Festival auseinander.
Foto: Bernd Settnik/dpa

Für beide Positionen finden sich zahlreiche Beispiele im Festivalprogramm. Viele suchen jedoch auch nach Themen jenseits von Krieg und Klimakrise. Elena Mendoza beispielsweise begibt sich in ihrem Valencia-Porträt »Inside Metropolis« auf die Suche nach der besseren, wirklicheren Stadt. Agata Zubel wiederum hat sich mit der abstrakten Malerei Gerhard Richters befasst – und wollte dafür unbedingt direkten Kontakt zu dem inzwischen 92-jährigen Künstler. Fischer und ihr Team machten es möglich, der Künstler freute sich über die klangliche Aufarbeitung seiner Malerei.

Kooperation mit dem SWR

Dank der Kooperation mit dem SWR sind auch dessen Ensembles wieder mit dabei. Das SWR-Symphonieorchester diesmal gleich am zweiten Tag des Festivals, dem Donnerstag, weil es gleich darauf beim Festival »Visions« in der Hamburger Elbphilharmonie zu Gast ist. Zu erleben ist unter anderem ein Schlagzeugkonzert von Johannes Maria Staud und Mendozas Valencia-Porträt. Das SWR-Vokalensemble ist am Festivalfreitag da, neben Zubels Richter-Hommage auch mit einer Uraufführung von Altmeisterin Younghi Pagh-Paan.

Die Neuen Vocalsolisten Stuttgart feiern beim Festival ihr 40-jähriges Bestehen und 25 Jahre als selbstständiges Ensemble. Ihre
Die Neuen Vocalsolisten Stuttgart feiern beim Festival ihr 40-jähriges Bestehen und 25 Jahre als selbstständiges Ensemble. Ihre Spezialität sind musiktheatrale Aufführungen. Foto: Martin Sigmund
Die Neuen Vocalsolisten Stuttgart feiern beim Festival ihr 40-jähriges Bestehen und 25 Jahre als selbstständiges Ensemble. Ihre Spezialität sind musiktheatrale Aufführungen.
Foto: Martin Sigmund

Der Festivalsamstag, sonst Termin des Orchesterkonzerts, wird stattdessen genutzt, um ein Doppeljubiläum der Neuen Vocalsolisten zu feiern: Es gibt sie seit 40 Jahren, und seit 25 Jahren sind sie als selbstständiges freies Ensemble unterwegs. Gemanagt von Musik der Jahrhunderte, von daher Festival-Hausensemble. Die Stimmakrobaten singen sich durch »Preziosen der Zeit«, wie Fischer es ausdrückte. Und demonstrieren dabei, dass sie als sieben individuelle Sängerdarsteller mit der theatralen Vokal-Kammermusik ein ganz eigenes Genre erschaffen haben. Für das ihnen zig Tonschaffende Werke auf den Leib schrieben.

Spezielles zu später Stund'

Von diesen mit szenischen Elementen angereicherten Vokalstücken abgesehen spielt Musiktheater diesmal keine so große Rolle. Immerhin gibt es im Freitagnachtkonzert eine »musiktheatrale Collage« (Fischer) von François Sarhan mit dem Titel »Les murs meurent aussi« (»Die Mauern sterben auch«). Und das Samstagnachtkonzert bespielt die Formation The Nubes mit einer »Elektroperette« von Annesley Black und Kinky Muppet. Diese führt in eine durchdigitalisierte Zukunft, in der sich die Menschen in Cyborg-Wolpertinger verwandelt haben. Die Nachtkonzerte – auch am Mittwoch und Donnerstag gibt es eines – sind Gelegenheiten, ungewöhnlichere Ansätze zu verfolgen. So setzt sich spät am Mittwoch Christian Winther Christensen mit Kinderliedern und Kinderspielen auseinander; und am späten Donnerstagabend entlockt Sarah Nemtsov der jüdischen Mystik Töne.

Im Preisträgerkonzert zum Abschluss ist mit dem Echtzeit-Ensemble eine Formation der Stuttgarter Musikhochschule zu erleben, außerdem das Fabrik Quartet aus vier Streichern. Gewonnen haben diesmal Sara Glojnaric mit einem Stück für Streichorchester, Anda Kryeziu mit einem Stück für Kammerensemble und Thomas Stiegler mit einem Streichquartett. (GEA)

www.eclat.org