REUTLINGEN. Die Württembergische Philharmonie Reutlingen geht in diesem Frühjahr wieder weit auf ihr Publikum zu. Mit Formaten wie »Mein erstes Mal« (4. Februar), der öffentlichen Probe »Mittendrin!« (7. Februar), den Jugend- und Familienkonzerten (beispielsweise am 16. Februar), dem »Orchester-Quiz« (13. März), einem »Konzert à la carte« (23. März) und einem »Entdeckerabend« (26. März) tritt sie in einen Dialog mit den Zuhörerinnen und Zuhörern. Oder nimmt sie, wie jetzt beim »Sonntags um elf«-Konzert in der Reutlinger Stadthalle, mitten hinein ins - so das Motto des Vormittags - »Abenteuer Orchester«.
Der Musikvermittlungsklassiker »The Young Person’s Guide to the Orchestra« von Benjamin Britten stand dabei im Mittelpunkt. Unter anderem ein Sechsjähriger aus dem Publikum bekam dabei die Möglichkeit, das Orchester auch mal selbst zu dirigieren. Chefdirigentin Ariane Matiakh überließ ihm dafür den Taktstock.
Moderatorin fragt nach
Glanzvoll und pompös war das Orchester ins Konzert gestartet. Brittens vor 80 Jahren geschaffenes Werk basiert auf dem Rondo aus der »Abdelazer Suite« von Henry Purcell. Er konzipierte es so, dass sich damit die Tonfarben und Möglichkeiten der verschiedenen Teile des Sinfonieorchesters aufzeigen lassen. Karin Meissl, Paukistin und Schlagzeugerin an der Oper Graz, führte als Moderatorin durch den Vormittag, wobei sie immer wieder die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne interviewte und auch Fragen des Publikums einbezog. Fabian Wettstein beispielsweise erzählte, dass er mit vier Jahren seine erste Geige in Händen hielt. Sein jetziges Instrument sei 400 Jahre alt. Und ja, sein Job als Konzertmeister und die Verantwortung, die dieser mit sich bringe, machten ihm viel Spaß.
Man erfuhr, ebenfalls aus erster Hand, dass die Harfe wie ein aufgestelltes Klavier mit weißen Tasten ist - und sieben Pedalen, um die Halbtöne zu spielen. Ariane Matiakh wurde gefragt, wie sie auf die Württembergische Philharmonie, deren Chefdirigentin sie seit der Spielzeit 2022/23 ist, blickt. Sie liebe »das Orchester für sein Herz«, sagte sie. Es sei »fast wie eine Familie« für sie, entsprechend vermisse sie es und schätze es umso mehr, wenn sie es nach Wochen, in denen sie anderswo tätig war, wiedersehe. Es sei viel wert, sich in Reutlingen mit Ruhe und ausreichend Zeit auf die gemeinsame Arbeit konzentrieren zu können.
Mit dem leichtesten Orchesterinstrument, der nur 160 Gramm auf die Waage bringenden Piccoloflöte, wurde das Publikum ebenso vertraut gemacht wie mit dem schwersten - der, weil der Konzertflügel an diesem Tag nicht vertreten war, Harfe. Auch wurde die Frage beantwortet, wie man eigentlich Orchestermusiker wird. Jernej Oberžan Neuhauser hatte 30 Mitbewerber um die Stelle als Tubist bei der Württembergischen Philharmonie und setzte sich in drei Probespiel-Runden durch. Grundsätzlich mitbringen sollte man, neben einem Musikstudium, im Falle der Tuba »viel Luft und gute Lippen«. Und man sollte viel üben, sagte er.
Holzbläser, Blechbläser, Streicher und Schlagwerk kamen in Brittens Einleitung einzeln zur Geltung und glänzten in Variationen. Hinzu kamen Stücke wie John Williams' »Nimbus 2000« aus der Harry-Potter-Suite, dem die Holzbläser lautmalerische Leichtigkeit und Tempo gaben, Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Walzer aus der Serenade für Streicher, der gediegen und fröhlich, verspielt und selig klang, und Paul Dukas' Fanfare aus dem Ballett »La Péri«, die die Blechbläser klangsatt und transparent, in kühner Brillanz gestalteten.
Fast ein Dutzend Schlaginstrumente
Das Publikum war gefragt, die Zahl der Schlaginstrumente zu nennen, die in einer Variation zu hören waren. Es waren fast ein Dutzend, verteilt auf halb so viele Musiker.
Beginnend mit der Piccoloflöte klang Brittens Werk höchst beeindruckend mit einer Fuge aus, zu der sich die einzelnen Instrumentengruppen zusammenfanden. Es war ein Finale, das lebhaft und quirlig war und großen Glanz verbreitete. Das Publikum applaudierte begeistert. (GEA)