REUTLINGEN. Man kennt ihn aus Comedy-Formaten wie »Tauschrausch«, »Comedy Stube« oder »Helge und das Udo«. Nun wird aus den Sketchen von Helge Thun ein Theaterabend an der Tonne: »Thuns komische Werke« feiert am 20. März im Spitalhofkeller Premiere. Sonst steht er selbst auf der Bühne, hier müssen nun andere ran, das Tonne-Ensemble mit Chrysi Taoussanis, David Liske, Rupert Hausner und Magdalena Flade. Thun zieht im Hintergrund als Regisseur die Fäden.
Eine Umstellung? Ja und nein, erklärt Thun im GEA-Gespräch. »Das ist für mich jetzt keine völlig fremde Welt.« Er komme ja vom Theater her, habe mehrere Jahre am LTT gespielt. Verglichen mit der Kölner Comedy-Szene, wo man sofort auf die Pointe losgehe, seien seine Programme, etwa mit Udo Zepezauer, immer schon theaternäher gewesen. »Es ist eher eine Rückkehr.«
Unterschiede zur Comedy
Aber ja, in anderer Hinsicht sei es ungewohnt. Bei Comedy gebe es meist einen Moderator, der sich direkt ans Publikum wendet. Bei einem Theaterabend gebe es den nicht – es müsse also auf andere Weise klargemacht werden, dass man als Besucher lachen und Zwischenapplaus geben darf. Thun löst das so, dass beim Hereinkommen des Publikums David Liske am Klavier schon die Begrüßungsmusik macht und auch in anderer Hinsicht die berühmte »vierte Wand« zum Publikum noch nicht wirklich ausgeprägt ist. Auch die Umbaupausen zwischen den Sketchen nützt Thun, um die Distanz zum Publikum aufzuweichen – und noch etwas Slapstick unterzubringen.
Der Titel »Thuns komische Werke« bringt sofort Loriot ins Gedächtnis. Kein Zufall. In Deutschland sei es nun einmal Loriot gewesen, der Komik zum Theaterstoff gemacht habe. Tatsächlich gibt es den einen oder anderen Sketch von Thun, der ziemlich in die Loriot-Richtung geht. Etwa jenes Interview in Deutschlandfunk Kultur mit einem Pianisten über den Trauermarsch von Chopin, das sich immer tiefer in die genaue Spielweise von Mollakkorden verbohrt. »Den habe ich fast original übernommen, nur ein bisschen zugespitzt.«
Inspiriert von Heinz Erhardt
Anderswo weicht Thuns Humor von Loriot ab. Seine Liebe zu Sprachspielen verbinde ihn eher mit Robert Gernhardt oder Heinz Erhardt. So gibt es von Erhardt ein »Stück in G« – soll heißen eine Szene, in der alle Wörter mit dem betreffenden Buchstaben anfangen. Thun hat nach demselben Prinzip Sketche quer durchs Alphabet entwickelt. »Bei X, Y und Z wurde es schwierig.«
Als Regisseur müsse er dabei die Theaterschauspieler dazu bringen, die Comedy-Ebene »mitzuspielen«. Die seien sonst gewohnt, nur auf die Psychologie ihrer Figuren zu achten. Überhaupt, so Thun, müssten bei dieser Art Sketche viel mehr Ebenen stimmen als bei einem normalen Theaterstück: Der Wortwitz müsse herauskommen, die Figuren müssten richtig gezeichnet sein, die Situationskomik müsse passen – vor allem jedoch das Timing: »Es muss für jeden ganz genau klar sein, auf welchen Punkt alles hinsteuert, da kann nicht einer ein paar Sekunden früher oder später kommen.«
Aufführungsinfo
»Thuns komische Werke« feiert am Donnerstag, 20. März, um 20 Uhr in der Tonne-Spielstätte im Spitalhofkeller Premiere. Weitere Aufführungen sind am 22., 23., 28., 29., 30. März sowie am 2., 4., 5., 6., 19., 25., 26. und 27. April. (GEA)
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Insofern ist die scheinbar leichte Kunst der Sketche in Wahrheit noch voraussetzungsreicher als Theater ohnehin schon. Völlig neu ist das für die Darsteller nicht – so hat Thun als Regisseur bereits mit Chrysi Taoussanis einen Soloabend erarbeitet, der sehr comedynah war.
Im Übrigen gibt das Ganze Thun auch was zurück: Mit dem Ensemble, das hier am Werk ist, ergeben sich teils ganz neue Figurenkonstellationen. So wird aus dem Nonsens-Dialog zweier Besoffener hier ein Aneinander-Vorbeireden zwischen einer neureichen Partykönigin und einer standesbewussten Professorengattin. Und aus den wortspielerischen Che-Guevara-Schwadronierereien zweier Kiffbrüder das Schwelgen zweier Altachtundsechziger im Seniorenheim in Erinnerungen an alte Revoluzzerzeiten. (GEA)