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Aktuell Jazzkonzert

Die Posaunen sind los: Vertigo Trombone Quartet im Reutlinger Pappelgarten

Das Nils Wogram Vertigo Trombone Quartet glänzte mit vier Posaunen zum Abschluss der »Tieftonblech-Feiertage« im vollen Pappelgarten. Und brachte das Publikum zum Staunen.

Bernhard Bamert, Jan Schreiner, Andreas Tschopp und Nils Wogram (von links) ließen die Posaunen sprechen.
Bernhard Bamert, Jan Schreiner, Andreas Tschopp und Nils Wogram (von links) ließen die Posaunen sprechen. Foto: SPIESS
Bernhard Bamert, Jan Schreiner, Andreas Tschopp und Nils Wogram (von links) ließen die Posaunen sprechen.
Foto: SPIESS

REUTLINGEN. Wer hätte gedacht, dass die damals noch als Zugtrompete bezeichnete Posaune bereits im 15. Jahrhundert zum Einsatz kam, wenn es was zu feiern gab? Bis zu sieben Instrumente dieser Art leisteten bei solchen Anlässen ihren Beitrag. So viele hat Nils Wogram für sein deutsch-schweizerisches Vertigo Trombone Quartet zwar nicht versammelt. Es reichen vier dieser Blechblasinstrumente, um das Publikum am Freitag im voll besetzten Pappelgarten in Staunen zu versetzen.

Wogram und seine drei Kollegen Bernhard Bamert (Ventilposaune), Andreas Tschopp (Tenorposaune) und Bassposaunist Jan Schreiner brillieren bei ihrem Auftritt mit kraftvoller Spieltechnik, geschmeidigen Bläsersätzen und einem unverwechselbaren Ensembleklang. Das vom Verein TheMu ausgerichtete Konzert im Rahmen der »Tieftonblech-Feiertage« repräsentiert die Vielfalt des Jazz, ist aber mit launigen Dissonanzen wie tonlosem Blasen und freejazzigen Einlagen auch experimentierfreudig. Überzeugend in der sparsam-fragmentarischen Diktion beschreitet das Quartett neue Wege, indem es freie Elemente mit swingorientiertem Jazz kombiniert.

Mit Überraschungseffekten

Während sich Bamert und Tschopp meist von ihrer natürlichen Musikalität leiten lassen und dem Gruppenklang verpflichtet fühlen, sprengt der in Köln lebende Schwabe und Bassposaunist Jan Schreiner wiederholt das Ensemble und ist für die Überraschungseffekte zuständig. Nicht nur sein Schwäbisch, auch seine Soli überzeugen durch einen kreativen Ansatz. Der aus Braunschweig stammende und wie Bamert und Tschopp seit Jahren in der Schweiz lebende Wogram vermag ebenfalls die unterschiedlichsten Ausdrucksformen in sich zu vereinen. Er ist ein souveräner Strippenzieher von der Seitenlinie, wagt sich aber auch immer wieder munter improvisierend in ungeahnte Höhen vor.

Nicht nur als Instrumentalist und Komponist hat sich der 51-Jährige einen Namen gemacht, er hat sich mit seinen unterschiedlichen Formationen längst in die europäische Champions League des Jazz gespielt. Obwohl seine Kompositionen auch Free-Elemente aufweisen, strahlen sie immer ein starkes Blues- und Swingfeeling, eine gewisse Wärme aus. Mit bewundernswerter Leichtigkeit lässt er die Finger an seinem Instrument rauf und runter rasen oder er beeindruckt mit Einlagen auf einer kleinen, grünen Harmonika. Dann wieder erinnern seine Läufe an die alte Bigband-Tradition von Duke Ellington.

Neues Album

Mit Titeln wie »Question Your Believes«, der von Bamert komponierten »Lustgarten Suite« oder der wunderschönen Blues-Zugabe »Duality«, allesamt vom neuen Album »Openness«, wartet das Quartet mit einer Fülle an Intonationsdetails auf und laviert virtuos zwischen Rückblick und Erneuerung. Muss noch erwähnt werden, dass das vor 15 Jahren gegründete Quartett nach knapp zwei Stunden ein laut applaudierendes Publikum zurückgelassen hat? (GEA)