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Aktuell Rockfest

Die Jugend muckt auf beim Represent-Festival im Reutlinger franz.K

Es kommt was nach in der Bandszene der Region: Eine Reihe junger bis sehr junger Bands ließ beim Represent-Festival im franz.K aufhorchen. Und überraschte durch Stilvielfalt und instrumentale Finesse.

Jonathan Ruemmelein von der Tübinger Gruppe Blütenstaub rockt die Bühne beim Represent-Festival.
Jonathan Rümmelein von der Tübinger Gruppe Blütenstaub rockt die Bühne beim Represent-Festival. Foto: Armin Knauer
Jonathan Rümmelein von der Tübinger Gruppe Blütenstaub rockt die Bühne beim Represent-Festival.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN. Es kommt was nach in der Band-Szene, junge Gruppen drängen auf die Bühne. Beim Represent-Festival, der traditionellen Leistungsschau der Szene am Ostersamstag- und -sonntag im franz.K, stellten sie den Großteil des Feldes. Erstaunlich, welche Qualität da geboten wurde!

Die Festivalmacher Axel Albrecht, Florian Failenschmid und Marie Ettlen hatten diesmal je vier Bands pro Abend eingeladen statt wie zuletzt fünf; im Gegenzug bekam jede Gruppe mehr Zeit, sich zu präsentieren. Das bewährte sich. Am Samstag durfte die Reutlinger Szene ran, am Sonntag ging der Blick nach Tübingen.

Junger, frischer Songwriterpop

Den Anfang machte am Samstag im gut besuchten Saal die junge Gruppe Maybe Yesterday. Sie glänzte mit filigranem Songwriterpop mit akustischen Elementen. Oben drüber schwebt die helle, klare Stimme von Nele Weeber, oft in schöner Zweistimmigkeit mit der von Keyboarder David Holzäpfel. Zwischendurch übernimmt Bassistin Maja Reiber die E-Gitarre und Tastenmann Holzäpfel den Bass. Alles hat Hand und Fuß: sanfte Klavierballaden, groovende Popstücke; besonderen Pep entfalten einige Country-Nummern zum Schluss.

Schöne Stimme, gut gemachte Songs: Nele Weeber und Levin Weinmann von Maybe Yesterday beim Represent-Festival.
Schöne Stimme, gut gemachte Songs: Nele Weeber und Levin Weinmann von Maybe Yesterday beim Represent-Festival. Foto: Armin Knauer
Schöne Stimme, gut gemachte Songs: Nele Weeber und Levin Weinmann von Maybe Yesterday beim Represent-Festival.
Foto: Armin Knauer

Mit Phil und seiner Band 3rd Floor übernehmen Routiniers aus Reutlingen und Pfullingen. Das Konzept des Ex-Skispringers, der bürgerlich Nicolas Haidt heißt, ist gar nicht so verschieden. Auch hier Songwriterpop, eingängig, mit Klavier und Akustikgitarre. Zwei E-Gitarren, Schlagzeug, E-Bass und Backing Vocals geben einen opulenten Sound; dann wird's wieder lauschig. Bluesrock schimmert durch, vor allem in tollen Soli von Gitarrist Jochen Probst. Im Zentrum stehen eigene Songs von Phils aktuellem Album: sonniger Songwriterpop mit einem sympathischen Interpreten und einer gut abgestimmten Combo. Hier und da gibt's auch mal politisch-kritische Töne.

Punkrock aus Esslingen

Mit Admiral van Snyder grüßt die Esslinger Rockszene und man findet sich in treibendem Punkrock wieder. Hier sind Routiniers am Werk, der Sound ist hitzig, die bissigen Vocals sind knackig und mitsingbar. Die Menge schüttelt die Glieder, hier und da gibt es einen Schlenker in den sinfonischeren Hardrock mit einem Gitarrensolo – die Jungs haben die Sache im Griff.

Gefühlvolle Vocals über hartem Metal-Beat: Lilli Janz beim Auftritt mit Acanthus.
Gefühlvolle Vocals über hartem Metal-Beat: Lilli Janz beim Auftritt mit Acanthus. Foto: Armin Knauer
Gefühlvolle Vocals über hartem Metal-Beat: Lilli Janz beim Auftritt mit Acanthus.
Foto: Armin Knauer

Mit einem an Nightwish erinnernden Konzept geht's in die späte Nacht: Bei der Reutlinger Formation Acanthus lässt Sängerin Lilli Janz ihre Stimme in Opernsoprantechnik kunstvoll über dem Hämmern von E-Bass, E-Gitarre und Drums schweben. Runder wirkt ihre Stimme, wenn sie im hohen Popregister singt und dabei Folkballaden anklingen lässt. Der Bandsound zieht im Vergleich zu Nightwish stärker in die raue Death-Metal-Welt; dazu passen gegrowlte Zwischenvocals von Keyboarder Alexander Thiel. Starkes Finale.

Deutschpop mit Charisma

Stark geht's am Sonntag weiter: Jonathan Rümmelein zieht als Sänger-Gitarrist der jungen Tübinger Gruppe Blütenstaub eine irre Show ab. Er glänzt mit Stimme, virtuoser Gitarrenarbeit und wilden Bühnentänzen, profund unterstützt von Frida Betz am Bass, Paul Schmidt am Keyboard und Peter Hliva an den Drums. Das klingt mit deutschen, teils mehr gesprochenen Texten nach Neuer Deutscher Welle, driftet von dort oft in psychedelische Klangwogen. Wohin das Ganze geht, ist nicht recht klar, aber packend ist es allemal!

Indierock mit Biss: Hanna Kunz (vorne) und Lucy Lisson von der Gruppe Departure.
Indierock mit Biss: Hanna Kunz (vorne) und Lucy Lisson von der Gruppe Departure. Foto: Armin Knauer
Indierock mit Biss: Hanna Kunz (vorne) und Lucy Lisson von der Gruppe Departure.
Foto: Armin Knauer

Das junge Trio Departure aus Tübingen hat dagegen seinen Stil gefunden. Das Trio mit Hanna Kunz (Gesang, Gitarre), Lucy Lisson (Gesang, Bass, Synthie) und Erik Braun (Gesang, Schlagzeug) steht für einen dunklen, kraftvollen Indierocksound, der gelegentlich Punk aufblitzen lässt. Gitarre, Bass und Drums greifen stimmig ineinander. Der Gesang von Hanna Kunz hat die nötige Schärfe mit mal deutschen, mal englischen Texten. Allerdings ist die Stimme von Lucy Lisson kaum zu hören, weil sie den Kopf oft vom Mikro wegdreht, um Sichtkontakt zu ihrer Partnerin oder ihrem Instrument zu bekommen. Da war wohl auch Nervosität im Spiel.

Hommage an Hubert Kah

Zurück zu kraftvollem Deutschpop geht's mit der Gruppe Kleinstadt, die ihr neues Album »Niemandsland« am 17. Mai in Herrenberg vorstellt. In den melancholischen Eigenkreationen sind oft Neue-Deutsche-Welle-Bezüge im Spiel – mit »Sternenhimmel« vom Reutlinger Hubert Kah schmettert Quentin Savall sogar einen Hit des Genres. Er bringt als Sänger ordentlich Power auf die Bühne; zwei Gitarristen, E-Bass und Schlagzeug sorgen für rockige Schubkraft. Da ist Stimmung in der Bude!

Quentin Savall von der Gruppe Kleinstadt heizt ein, im Hintergrund Bassist Fabio Raab.
Quentin Savall von der Gruppe Kleinstadt heizt ein, im Hintergrund Bassist Fabio Raab. Foto: Armin Knauer
Quentin Savall von der Gruppe Kleinstadt heizt ein, im Hintergrund Bassist Fabio Raab.
Foto: Armin Knauer

Eine eigene Kategorie sind zum Abschluss Hannes Rathmann und Conny Schmidt alias Duo Schmidt und Rathmann mit ihrer Kombination aus kunstvoll ausgetüftelten Techno-Beats und Liveschlagzeug. Wie Conny Schmidt den Rhythmus, den bei dieser Musik sonst ein Computer ausspuckt, analog auf die Becken und Trommelfelle zaubert, ist höhere Magie. Ein famoses Finale. Und ein Lob wert, mit welcher Umsicht das franz.K für all das den Rahmen geboten hat, von Licht und Ton über die Umbauten bis zur allzeit freundlichen Security. (GEA)