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»Die Eiskönigin« feiert umjubelte Premiere im Stuttgarter Apollo-Theater

Zur Dschungel-Romanze kommt nun das Eisdrama: Im Stuttgarter Apollo-Theater feierte die Musical-Adaption des Animationsfilmhits »Die Eiskönigin« umjubelte Premiere. Der Charme liegt dabei keineswegs im Digitalen.

Wiedersehen in kunstvoll frostiger Umgebung: Abla Alaoui als Anna (links) und Ann Sophie als Elsa im Musical »Die Eiskönigin«.
Wiedersehen in kunstvoll frostiger Umgebung: Abla Alaoui als Anna (links) und Ann Sophie als Elsa im Musical »Die Eiskönigin«. Foto: Johan Persson
Wiedersehen in kunstvoll frostiger Umgebung: Abla Alaoui als Anna (links) und Ann Sophie als Elsa im Musical »Die Eiskönigin«.
Foto: Johan Persson

STUTTGART. Die Musicals in Stuttgart-Möhringen decken nunmehr das komplette klimatische Spektrum ab: Links der Straße herrscht Tropenhitze beim Lianenspektakel »Tarzan« im Palladium-Theater; rechts der Straße klirrt ab sofort nördlicher Frost in der Trickfilm-Adaption »Die Eiskönigin« im Apollo-Theater. Die offizielle Premiere am Dienstagabend wurde von einem mit Promis durchsetzten Publikum stürmisch bejubelt; zuvor hatte es bereits eine Zahl an »Preview«-Vorstellungen gegeben.

Wenn man weiß, dass für »Die Eiskönigin« extra eine riesige LED-Wand ins Apollo-Theater einzog und acht Kilometer Kabel verlegt wurden, liegt der Gedanke nahe, man habe aus der Kinoanimation einen Bühnentrickfilm gemacht. Dieser Versuchung haben Regisseur Michael Grandage und sein Team erfreulicherweise konsequent widerstanden.

Spiel mit eingeschobenen Kulissen

Stattdessen setzt die Stuttgarter »Eiskönigin« auf ein Spiel mit seitlich eingeschobenen und von oben herabgelassenen Kulissen, wie es bereits in der Barockzeit in Blüte stand. Was passend ist, weil das Königreich Arendelle hier in einem Fantasie-Skandinavien des 18. Jahrhunderts angesiedelt wird. Dieses Feeling zieht die Produktion stimmig durch, von den mal adeligen, mal der Samentracht entlehnten Kleidern bis hin zu dem an nordische Stabkirchen angelehnten Bühnenprospekt in verwitterter Holzoptik (Kostüm- und Bühnendesign: Christopher Oram). Projektionen werden hier eingesetzt, um dieses Kulissenschiebe-Theater ins Fantastische zu steigern. Selbst der Eispalast, in den sich die vor ihren magischen Kräften erschreckende Elsa zurückzieht, wird nicht digital gezaubert, sondern durch raffiniert gestaffelte Vorhänge aus Glaskristallen.

Aus eingeschobenen Kulissenteilen entsteht ein eindrucksvoller Königspalast: Szene aus »Die Eiskönigin«.
Aus eingeschobenen Kulissenteilen entsteht ein eindrucksvoller Königspalast: Szene aus »Die Eiskönigin«. Foto: Johan Persson
Aus eingeschobenen Kulissenteilen entsteht ein eindrucksvoller Königspalast: Szene aus »Die Eiskönigin«.
Foto: Johan Persson

Auch die Inszenierung von Michael Grandage setzt stark auf analoge Theatertechniken. So wird der Schneesturm im dramatischen Finale von weiß gekleideten Tänzern dargestellt, die um die Hauptfiguren herumwirbeln. Die Videotechnik dient lediglich dazu, diese basalen Theatertechniken zu verstärken, indem etwa zusätzlich digitaler Schnee über die Kulissen rieselt.

Die beschworenen Welten sind dabei gerade durch ihre physische Präsenz noch greifbarer: der Königspalast, in den sich Elsa in ihrer Furcht, andere mit ihrer Eiskraft zu verletzen, einschließt in seiner gotischen Strenge genauso wie der filigran funkelnde Eispalast oder die naturhaft-bemooste Waldwelt des Bergvolks.

Überzeugende Hauptdarsteller

Diese Konzentration aufs Analoge hat auch Sinn, weil das Stück im Gegensatz zum Akrobatikspektakel »Tarzan« ein ausgesprochenes Schauspielerstück ist. Hier hat man mit Ann Sophie als Elsa und Abla Alaoui als Anna zwei Darstellerinnen gefunden, die das bestechend ausspielen. Alaoui brennt als quirlig-spontane Anna ein herrliches Feuerwerk ab, darstellerisch wie sängerisch. Ann Sophie wiederum bringt die Selbstzweifel der Elsa, ihr zunehmendes Misstrauen gegen die eigene Gefühlswelt, enorm authentisch auf die Bühne. Auch sängerisch: Mit ihrer Stimme, deren leichte Rauheiten und Härten genau zum Charakter passen, lotet sie von sanftem Mitgefühl bis zur klirrend hohen Verzweiflung beeindruckend das ganze Spektrum aus. Lässt dabei das Verletzliche ihrer Persönlichkeit mitschwingen.

Publikumsliebling ist Schneemann Olaf, von einem Puppenspieler offen geführt.
Publikumsliebling ist Schneemann Olaf, von einem Puppenspieler offen geführt. Foto: Johan Persson
Publikumsliebling ist Schneemann Olaf, von einem Puppenspieler offen geführt.
Foto: Johan Persson

Publikumsliebling ist natürlich Schneemann Olaf. Der hier passend zum Gesamtkonzept von einem offen mitspielenden Puppenspieler gespielt wird. Kaj-Louis Lucke macht das sehr sympathisch. Das Rentier Sven, in dem die Puppenspieler Artem Salastelnyk und Paolo Ava stecken, bleibt hingegen Randfigur.

Aufführungsinfo

Das Musical »Die Eiskönigin« läuft im Apollo-Theater in Stuttgart-Möhringen jeweils Dienstag und Mittwoch um 18.30 Uhr, Donnerstag und Freitag um 19 Uhr, Samstag um 14.30 und 19 Uhr, Sonntag um 14 und 18.30 Uhr. (GEA)
www.stage-entertainment.de/musicals-shows/die-eiskoenigin-stuttgart

Jonathan Hamouda Kügler ist ein aufgeweckt-patenter Rentierhalter Kristoff, Simon Loughton ein Prinz Hans, der sich glaubhaft vom Sympathen zum Machtmenschen wandelt, Eric Minsk ein herrlich blasierter Herzog Pitzbühl. Schwungvolle Tanzchoreografien lockern das Geschehen auf; der Bergkrämer darf die »Hygge«, die skandinavische Gemütlichkeit, lustig auf Schwäbisch auslegen.

Mitreißende Musik

Die meist am Mainstream-Pop orientierte Musik von Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez reißt mit und schafft in den Balladen und Rezitativen Räume für die Darsteller, um ihren Figuren Tiefe zu geben. Eindrucksvoll werden fremde Musikstile mit einbezogen – mittelalterliche Choräle in der Krönungszeremonie, Anklänge an Samengesänge in den Szenen mit dem Bergvolk. Schlüssig wird das in den Gesamtklang integriert. Eine runde Sache. (GEA)