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Der Kammerchor Vokalkunst bei den Herbstlichen Musiktagen in Upfingen

Die Herbstlichen Musiktage Bad Urach sind diesmal ein Festival der Stimme. In der Upfinger Marienkirche zeigte der Tübinger Kammerchor Vokalkunst, was moderner Chorgesang alles sein kann. Fragte sich bloß: Wie kommt man da hin?

Manchmal gehört auch Klatschrhythmik dazu: der Kammerchor Vokalkunst in Upfingen.
Manchmal gehört auch Klatschrhythmik dazu: der Kammerchor Vokalkunst in Upfingen. Foto: Armin Knauer
Manchmal gehört auch Klatschrhythmik dazu: der Kammerchor Vokalkunst in Upfingen.
Foto: Armin Knauer

ST. JOHANN-UPFINGEN. Die erste Frage beim Montagskonzert der Herbstlichen Musiktage in der Upfinger Marienkirche: Wie kommt man hin? Sirchinger und Hanner Steige sind gesperrt, bleibt also die lauschige Albrundfahrt über Rietheim und Dottingen oder Eningen und Würtingen. Ganz voll wird die Dorfkirche in Upfingen unter diesen Umständen nicht, die Besucherkulisse ist aber doch ansehnlich.

Wer die Albtour geschafft hat, erlebt Besonderes. Der Kammerchor Vokalkunst aus Tübingen führt in drei Rubriken durch die moderne Chorkultur, jeweils sinnig erläutert von Bassist Jonathan Steinestel: Mit »Engelszungen« geht es zum Lobpreis Gottes, mit »Honigzungen« zu erotischem Begehren, mit »Narrenzungen« zu Spott und Spaß.

Engels- und Honigzungen

Die Sänger arbeiten mit Dirigent Daniel Radde schön die Kontraste heraus, zeigen dabei beeindruckende Stimmkultur. In »Jubilate Deo« von Tine Bec entfachen sie Gotteslob mit Klatschen und Stampfen. »Duo Seraphim« von Andrew Steffen führt in rhythmische Deklamation und mystische Klangfelder. »Doxologia« von Ily Matthew Maniano steigt aus geheimnisvollem Psalmodieren auf.

Im amourösen Teil hört man in »Tykus, Tykus« (»Still, still«) des Litauers Vaclovas Augustinas das Knistern zwischen dem jungen Liebespaar. Mit Karla Rutentala besingt der Chor den Tod der Geliebten – gerade in seiner volksliedhaften Schlichtheit berührend. Während Eric Whitacre in seiner Garcia-Lorca-Vertonung »With a Lily in Your Hand« Herzklopfen in einen Jazzpuls packt und Schmetterlinge durch die Stimmbänder flattern lässt.

Trinksprüche und Nachtgesang

Die »Narrenzungen« gipfeln in Michal Zilkowskis Trinkspruchparade »In Taberna«, gefolgt von gesungenen Zahlenspielen von Shruthi Rajasekar (»Numbers«), Beatbox-Effekten von Jake Runestad und einem Reigentanz des Schweden Nils-Peter Ankablom (»Silvertunga«).

Am Schluss die Uraufführung von »In der Nacht gesungen« des Festivalleiters Florian Prey. Mit fein fugierten Frauenstimmen, dem Dunkel der Männerstimmen, tief aus der Romantik schöpfend, doch angereichert mit modernen Reibeharmonien. Ein ausgedehntes Stück, in dem Prey zwischen Tradition und Moderne changiert, Momente voller Empfindung beschert, stilistisch und in den Harmonie-Entwicklungen jedoch nicht durchgehend einen roten Faden findet. In der Chorkomposition ist er noch ein Suchender. (GEA)