ENINGEN. Der schwäbische Rocksound schien dem Untergang geweiht. Schwoißfuaß machten schon lange dicht, später dankten Grachmusikoff ab. Rettung kam aus unverhoffter Richtung: vom Kabarett. Ob Heiner Reiff mit seiner Band Hasa, ob Bernd Kohlhepp alias Hämmerle oder der Eninger Eckhard Grauer alias Leibssle: Sie alle entdeckten das Rock-Gen in sich und fetzten die schwäbischen Zeilen zum Gitarrendonner.
Eckhard Grauer hat nun eine weitere Rockscheibe herausgebracht. Dabei sollte »Onnônemminoh« seine letzte sein. Aber nach dem großen Zuspruch habe man »förmlich vibriert«. Weshalb es jetzt »Onnônemminoh zweu« gibt, auf gut Hochdeutsch: »Und dann nehm ich noch zwei«. Womit der Ton gesetzt ist: denn auch vom Plan, Kabarett und Rock strikt getrennt halten zu wollen, ist man abgerückt.
Kompetente Mitstreiter
Und das ist gut so. Denn schwäbischer Rock und schwäbischer Humor lassen sich nicht trennen. Schon gar nicht, wenn Eckhard Grauer der Textdichter ist. Dass die Scheibe dennoch mehr ist als Musikkabarett, liegt an Grauers musikalischen Mitstreitern. Mit Andy Susemihl hat Grauer eine wahre Gitarrenlegende an Bord. Und mit Harald Wester einen der maßgeblichen Rockrhythmiker am Schlagzeug sitzen. Was Wester trommelt und Susemihl an E-Gitarren-Soli reinfetzt, wäre die Platte allein schon wert.
Aber Grauers launige Texte machen die Sache eben noch vergnüglicher. Zum Einstieg gibt's denn auch gleich mal eine rockige Schwabenhymne, die den Charakter dieses Volksstamms aufs Trefflichste umreißt. »Ich mag sie alle« ist hingegen eine funkig wippende Liebeserklärung an gleich eine ganze Schar aufreizender Damen. Welche sich als Kartoffelsorten entpuppen und zusammen im vom Schwaben Grauer so abgöttisch verehrten Salat landen. Dann jedoch geht's ab: Grauers Satire auf Wellness-Oasen und Schönheitssalons brettert voran wie eine Nummer der jungen Scorpions. Und der Song »Aber sonst ben i a Festsau« galoppiert so prächtig, dass er auf jede Biker-Party passen würde.
Tückische Idylle
Aber natürlich ist ein Rock-Album undenkbar ohne die zugehörige Ballade. Die schmeichelt sich unter dem Titel »Weil i an Schwab ben« wie ein sanftes Dire-Straits-Stück ins Ohr. Mit »Traumfrau« ist gleich nochmal so eine auf wonnigen Gitarrenharmonien dahingleitende Idylle im Angebot. Die allerdings in ein böses Erwachen mündet. Mit dem Song »Im Apparat« und der Erkenntnis »Jeder isch wie er isch!« ist man zurück im Genre der gut gelaunten Rock-Hymne. Ehe mit »Alles isch besser« ein Lonely-Cowboy-Songwriterstück den durchaus kraftvollen und wiederum hymnischen Schluss gestaltet.
Fazit: Gott sei Dank haben Grauer & Co. sich nicht an ihr Vorhaben gehalten, es bei einer CD zu belassen. Und Gott sei Dank haben sie Rock und Kabarett nicht strikt getrennt, sondern zu einer wunderbaren Symbiose vereint. So lebt der Schwobarock. (GEA)

