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Das Bläserquintett Profive beim Reutlinger Kammermusikzyklus

Professoren-Gipfel im kleinen Saal der Reutlinger Stadthalle: Fünf Bläser und ein Pianist, allesamt Lehrstuhlinhaber, bescheren dem Publikum im Kammermusikzyklus einen so kurzweiligen wie farbenreichen Musikgenuss.

Inspiriertes Miteinander: (von links) Flötist Stefan Albers und Hornist Christoph Eß spielen Französisches. Dazwischen verdeckt
Inspiriertes Miteinander: (von links) Flötist Stefan Albers und Hornist Christoph Eß spielen Französisches. Dazwischen verdeckt Oboist Ralf-Jörn Köster. Foto: Armin Knauer
Inspiriertes Miteinander: (von links) Flötist Stefan Albers und Hornist Christoph Eß spielen Französisches. Dazwischen verdeckt Oboist Ralf-Jörn Köster.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN. Was den Streichern ihr Streichquartett ist den Holzbläsern ihr Bläserquintett: die Königsgattung der Kammermusik. Fünf Professoren – in einem Stück sechs – waren es, die in Gestalt des Ensembles Profive diese Königsgattung im Kammermusikzyklus im kleinen Saal der Stadthalle zelebrierten. Flötist Stefan Albers, Klarinettist Manfred Lindner, Fagottist Albrecht Holder und Hornist Christoph Eß (das Horn wird hier zum Ehrenholzbläser) lehren in Würzburg, Oboist Ralf-Jörn Köster in Nürnberg, Friedemann Rieger, der Leiter des Zyklus, der als Pianist für ein Stück dazukam, in Stuttgart.

Sie hatten sich im vollbesetzten Saal auf jene Epoche gestürzt, in der die Holzbläser-Kammermusik ihre zauberhaftesten Blüten trieb: im Frankreich der 1920er-/30er-Jahre. Als Leute wie Jacques Ibert oder Francis Poulenc sich abwendeten von den Nebelschwaden des Wagnerianismus und dem Gewölk des Impressionismus. Elegant und tänzerisch sollte die Musik sein. Dem Publikum gefiel's.

Spritzige Farbenspiele

Der erste Teil war gefüllt mit drei perlenden Skizzen von Ibert und einem Hammerwerk von Poulenc. Beide reizen aus, dass die fünf Blasinstrumente im Gegensatz zum Streichquartett nur widerstrebend verschmelzen, lieber ein kaleidoskopartiges Gerangel der Klangfarben produzieren. Und dass im Bläserquintett immer die Herkunft von Serenaden und Freiluftmusiken mitschwingt. Beherzt reizen die beiden Komponisten gerade das Schillernde des Klangs aus, greifen zudem Popularmusik wie Ragtime und Blues auf, lassen Tanzmusik spüren. Und verschmelzen das alles delikat zur Kunstmusik.

Fünf Musiker im geistreichen Dialog: das Ensemble Profive im Kammermusikzyklus.
Fünf Musiker im geistreichen Dialog: das Ensemble Profive im Kammermusikzyklus. Foto: Armin Knauer
Fünf Musiker im geistreichen Dialog: das Ensemble Profive im Kammermusikzyklus.
Foto: Armin Knauer

Die fünf Bläser und bei Poulenc auch der Pianist lassen das sprudeln und schillern, dass es eine Pracht ist.
Erst geht's spritzig in Iberts »Trois pièces brèves«, den »Drei kurzen Stücken«, ehe sich im Andante Flöte und Klarinette sanft umkreisen und das Finale witzig zwischen Walzer und Foxtrott kippt. In Poulencs Sextett, nun mit Pianist, fegt man mit bissigen Rhythmen und scharfen Akkorden los. Biegt nach elegischem Fagottsolo übers Klavier in schummrige Dämmerung, um hintenraus wieder anzuziehen. Im zweiten Satz träumt die Oboe, bis der Rest der Combo in Tanzmusik ausbricht. Das Finale startet mit gellenden Flötenpfiffen, verbreitet Quickstep-Feeling und endet schmachtend.

Schön ausbalanciert

Toll, wie perfekt das ausbalanciert ist! Auch wenn Christoph Eß mit dem Horn nicht nur sitzplatztechnisch das Kraftzentrum bildet. Wendig und agil – auch körpersprachlich – setzt Stefan Albers die Flötenglanzlichter. Anmutig zieht Ralf-Jörn Köster an der Oboe die Linien. Gelöst sinniert Manfred Lindners Klarinette. Albrecht Holder spendiert am Fagott Basswärme, elegische Soli und humoristische Effekte.

Im zweiten Teil geht's mit dem Franzosen Paul Taffanel in die Spätromantik. Auch ohne Klavier erlebt man dabei orchestrale Fülle und intime Soli. Ein Traum das warme Hornsolo im zweiten Satz. Riesige Begeisterung und zwei Zugaben: erst eine Fassung von Debussys lustig schlenderndem »Little Negro«, im Original für Klavier; und dann das Finale aus Beethovens berühmtem Quintett für Bläser und Klavier op. 16. (GEA)