REUTLINGEN. Man merkt bereits an den ersten Stücken, dass es ihm ernst ist mit dem Auflösen von Stiletiketten und Genregrenzen. Denn bei der Vorstellung seines aktuellen Albums »No Excuse!« im Reutlinger franz.K bedient sich der Ulmer Trompeter Joo Kraus am Donnerstagabend gleichermaßen beim Cooljazz der 70er-Jahre, beim Hip-Hop, bei Soul-, Ambient-, Funk- und sogar Singer/Songwriter-Anleihen.
Kraus präsentiert mit seinem Quintett in dem vom Jazzclub in der Mitte in Kooperation mit dem franz.K veranstalteten Konzert mal einen locker groovenden Party-Sound, der deutlich in Richtung Pop und Soul geht, dann wieder ist europäischer, meist recht cooler Jazz angesagt. Neben Diskoknallern wie dem alten The-Beatnuts-Song »Chaka Boom« oder »We Are Doing Well« vom gleichnamigen Vorgängeralbum lässt der Trompeter auch immer wieder leisere Töne anklingen. Aber am zwingendsten sind der 58-Jährige und sein Arrangeur, der Keyboarder und Pianist Ralf Schmid, der Tübinger E-Bassist Joscha Glass, Gitarrist Ron Spielman und Drummer Torsten Krill immer dann, wenn sie die Handbremse lockern und ihrer Spielfreude freien Lauf lassen. »Surfin’ At Night« oder der Funk-Kracher »Back To Hell« sind solche Stücke, bei denen Joo Kraus einmal mehr sein überragendes Können zeigt und mit eruptiven oder auch verfremdeten Trompetensoli glänzt.
Hochkarätige Musiker
Unterhaltsam ist dieses seit 2006 bestehende Projekt vor allem deshalb, weil die Band auf sämtlichen Posten mit hochkarätigen Musikern besetzt ist. Stellvertretend genannt seien nur der Berliner Gitarrist Ron Spielman, der einigen Titeln mit seinen gefühlvollen Soli eine enorme Spannweite verleiht. Oder auch Ralf Schmid mit seinen eruptiven Keyboardeinlagen. Der wie immer zuverlässig auf hohem Niveau agierende E-Bassist Joscha Glass aus Tübingen und Kraus’ langjähriger Begleiter Torsten Krill am Schlagzeug komplettieren das Bandgefüge. Allein auf die häufigen Ausflüge ins Singer-Songwriter-Genre hätte Joo Kraus gut verzichten können. Vielleicht sollte er sich überlegen, für das nächste Album wieder eine ausgebildete Vokalistin wie Fola Dada zu engagieren.
Denn der Mann mit der Baseballkappe ist vor allem ein befähigter Instrumentalist, der auf der Trompete mit rockigen Rhythmen und Balladen ebenso gut umgehen kann wie mit Cool- oder Funkjazz. Auch in den von ihm so geliebten Improvisationen mit Hall- und Vocoder-Effekten vermag Kraus zu glänzen. Darüber hinaus unterhält der ehemalige Tab-Two-Trompeter nicht nur mit gutem Jazz, sondern auch mit launigen und stets erheiternden Sprüchen. (GEA)