NÜRTINGEN. Kunst, die zugänglich ist, will man in der Nürtinger Kreuzkirche zeigen. Frech, fröhlich und offenherzig wie in Peter Gaymanns Cartoons und bei Patrick Prellers Pop-Art-Monstern aus Metall, die ein gewinnendes Wesen haben. Mit leuchtstarken Farben und schwingenden Figurationen wie in Aleš Lamrs Malerei. Dass das auf ein breites Interesse stößt, ließ sich schon vor Beginn der Schau »Das Gelbe vom Ei« an der hohen Zahl fest gebuchter Führungen durch die Ausstellung ablesen: über 150 - in vier Wochen Laufzeit.
»Das Gelbe vom Ei« ist bereits die 16. große Kunstausstellung der Stadt Nürtingen - und nach »Tiere sind auch nur Menschen« im vergangenen Jahr mit Werken von Ed Heck und Guillermo Mordillo die zweite mit dem Tübinger Unternehmen Art 28 (Kunsthandel und -verlag). Bis zum Ende der Schau am 16. Februar werden 6.000 bis 8.000 Besucherinnen und Besucher erwartet.
Die Ausstellungsmacher haben sich dafür entschieden, die rund 450 Werke der Künstler - Gaymanns Cartoons, Prellers Skulpturen und Lamrs Malerei - miteinander agieren zu lassen, harmonierten diese doch, wie es heißt, »durch ihre lebhafte Farbenvielfalt, Originalität und Witz miteinander«. Folglich gibt es keine räumliche Trennung, wird die Kreuzkirche vielmehr insgesamt zur von allen drei Positionen geprägten Spielwiese und zum Raum für Entdeckungen.
Hühner sind Peter Gaymanns Markenzeichen geworden, nicht zuletzt durch seinen Cartoonband »Huhnstage«. Als große Ehre sieht es der gebürtige Freiburger an, wie er bei seinem Besuch in der Nürtinger Kreuzkirche verriet, dass er 2014 die Möglichkeit bekam, nach Janosch und Loriot für die Deutsche Post zwei Briefmarken zur Osterzeit zu entwerfen. Die Auflage lag bei 70 Millionen. In der Zeitschrift »Brigitte« brachte der Autodidakt jahrzehntelang in jedem Heft in der Reihe »Die Paar Probleme« die Herausforderungen im Zusammenleben von Mann und Frau auf den Punkt. Von solchen zeugt auch die Nürtinger Ausstellung, die, was Gaymanns Cartoons betrifft, in Originalen (kolorierte Tuschezeichnungen) und handsignierten Drucken auch um Themen wie Wein, Reisen, Katzen und Kunst kreist. Und einem so manches Schmunzeln entlockt. Wenn etwa eine Hobbyköchin einem Huhn auf dem Computerbildschirm ein Ei zeigt und es fragt: »Kannst du das mal ausdrucken?« Oder wenn ein Großsammler bei einem Cocktail zum Großkünstler sagt: »Ich lasse malen!« Und dieser erwidert: »Ich lasse sammeln!«
Auch Patrick Preller war zum Ausstellungsauftakt dabei. Der gelernte Kunstschmied und studierte Künstler hatte von Anfang an mit seinen Pop-Art-Monstern etwas im Sinn, »das Fröhlichkeit schafft und den Tag verschönert«. Das gelingt ihm mit bunten Wesen mit Stielaugen, die an einer Straßenlaterne turnen, oder einem »Fledermausausflug«, mit einem freundlich lächelnden Monster, das einem eine Blume entgegenstreckt oder einem, das Fußball spielt. Stahl und Aluminium verwendet Preller dafür, lackiert die Skulpturen mit der Sprühdose. Er legt Wert auf die Feststellung, dass er alle Arbeitsschritte in seinem Atelier in Fürth selbst vollzieht.
Ausstellungsinfo
Die Ausstellung »Das Gelbe vom Ei« mit Werken von Peter Gaymann, Patrick Preller und Aleš Lamr ist bis zum 16. Februar in der Kreuzkirche Nürtingen, Am Schillerplatz, zu sehen. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr. (GEA)
Der dritte Künstler im Bunde, der Tscheche Aleš Lamr, ist vor knapp einem Jahr im Alter von 80 Jahren gestorben. Er beteiligte sich nach der Wende 1989 an der Wandgestaltung der Präsidialkanzlei von Václav Havel auf der Prager Burg. In der Tschechoslowakei war er einer der Ersten, die sich der Pop Art widmeten. Die in Nürtingen gezeigten Arbeiten von ihm stammen aus den 1980er- und 90er-Jahren und zeigen in leuchtenden Farben ein Spiel mit geometrischen Feldern und schwingenden Figurationen. (GEA)