REUTLINGEN. Postalische Korrespondenz mal anders: Das probierten zwölf Künstlerinnen und Künstler der VBKW-Gruppe Neckar/Alb aus, indem sie sich Bilder zuschickten, auf die per Bild geantwortet werden musste. Ein Hin und Her, das sich im Titel »Ping-Pong – und ab geht die Post« widerspiegelt.
Angeregt hatte es Tanja Niederfeld, Regionalleiterin der VBKW-Gruppe in Stuttgart. Sie ist auch Mitglied in der Reutlinger Produzentengalerie, in der die Arbeiten nun ausgestellt sind. Rund 220 Werke kamen zusammen.
Corona brachte den Stein ins Rollen. Frust und Starre machte sich breit – auch in den Ateliers der Künstler. Dem wollte Tanja Niederfeld etwas entgegensetzen: »Besteht Interesse an einem Austausch?«, lautete ihre Anfrage. Das war im Dezember 2020. Diese Künstler antworten und stimmten zu: Karin Beck, Susanne Dohm-Sauter, Ulrike Franz, Susanne Immer, Birgit Krins-Gudat, Barbara Oswald, Herbert Schmidt, Mirjam Thaler, Markus Wilke, Susanne Wolf-Ostermann und Roswitha Zeeb.
Zugeloste Dialogpartner
2021 kam es zu den ersten Zusammentreffen per Zoom-Meeting. Knapp zwei Jahre lang folgten weitere Dialoge, nun auf dem Postweg. Anhand von Losen wurde bestimmt, welche Künstler zusammenarbeiten. Oder es gab Vorgaben, wer welche Felder bestücken durfte. Festgelegt wurde ein DIN-A4-Format und die Papiersorten (handgeschöpft oder Makulaturpapier). Im August 2022 endete das Projekt, das eine zusätzliche Dynamik entwickelt hatte, indem auch die gesendeten Briefumschläge gestaltet wurden. Sie sind in der Ausstellung auf einem Sockel präsentiert, und einer dieser Umschläge ziert die Einladungskarte.
Bei dem Ping-Pong-Projekt geht es also nicht darum, die neuesten Werke von Künstlern zu zeigen. Vielmehr steht im Mittelpunkt, was der Austausch in Gang brachte: das schnelle Reagieren auf eine Zeichnung, das Umgehen mit neuen Materialien oder einfach mal das Wagnis einzugehen, neue Wege zu bestreiten. Daraus ergibt sich auch, dass nicht einzelne Bilder präsentiert werden, sondern Gruppenarbeiten. Dementsprechend sind die Werkgruppen nicht namentlich gekennzeichnet, und sie haben keine Titel. Ein künstlerisches Miteinander, auf das die Besucher mit Geräuschen eines Tischtennisspiels eingestimmt werden, zu dem sich ein verfremdeter Film gesellt, in dem die beteiligten Künstler eben dieses Spiel als Schwarz-Weiß-Figuren spielen.
Im ersten Raum werden Hängungen präsentiert, in denen sich in einer collageartigen Technik Strukturen, Farbflächen, Satz-Teile und Fotoschnipsel zusammenfügen. Auch in diesem Raum ausgestellt ist eine Gruppenarbeit, die aus zwölf länglichen Tafeln besteht. Wie solche Dialoge ausgeführt wurden, lässt sich im zweiten Raum nachvollziehen.
Aus 22 Arbeiten besteht das längste künstlerische »Gespräch«. »Es gab nur ein Verbot: Die eingesandte Arbeit durfte nicht komplett übermalt werden«, so Dr. Rainer Lawicki, stellvertretender Leiter des Kunstmuseums Reutlingen, der die Einführung übernahm.
Mutationen einer Knäuelform
Bei einer dieser Gruppenarbeiten wurde mit einer aus schwarzen, feinen Linien bestehenden, knäuelähnlichen Figur gestartet. In der Antwort wird das Schwebende dieser Figur aufgegriffen und in kleine, wurmähnliche Formen überführt und vervielfältigt. Ein Gelbton ist in den Wurmformen bestimmend, der sich in der »antwortenden« Zeichnung wiederfindet. Das Gestaltungsspiel endet schließlich mit ovalen Formen, in die die Buchstaben von Ping-Pong eingetragen sind.
Einen anderen Weg bestreitet eine Gruppenarbeit, die mit einer stehenden Figur startet, auf die als Antwort eine sitzende Figur folgt. Weitere figürliche Darstellungsformen und wechselnde Farbtöne ergeben sich im anschließenden Dialog. Oder es gibt eine Gruppenarbeit, in der in die reagierenden Bilder feine schwarze oder rote Fäden eigengearbeitet wurden. Nochmals anders gestaltet ist ein künstlerisches Zusammenspiel, das mit einer drucktechnisch entstandenen Arbeit beginnt, aus der sich im Laufe des Dialogs eine kleine, mit Strichen überzogene Schachtel entwickelt.
Diese und andere Gruppenarbeiten zeigen, was den Reiz des Ping-Pong-Projekts ausmacht: nämlich die unterschiedlichsten Gestaltungsmöglichkeiten zu verknüpfen. (GEA)
AUSSTELLUNGSINFO
Die Ausstellung »Ping-Pong – und ab geht die Post!« ist bis 6. November in der Produzentengalerie Pupille, Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen, zu sehen, jeweils Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr. (GEA) www.pupille-galerie.com