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Aktuell Comedy

Betätigung zur Bestätigung

REUTLINGEN. Im März hatte es Premiere in Tübingen, das neue Bühnenprogramm des Tübinger Kleinkunst-Tausendsassas Helge Thun und seines auch musizierenden Kollegen Jakob Nacken. Seither touren die beiden emsig in der Region mit »Sidekick«. Für die Reutlingen-Premiere am Samstagabend im fast vollen franz.K brachten sie also ein ordentliches Maß Routine mit. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für solides Humorhandwerk – und das war es dann tatsächlich. Über weitere Strecken aber leider auch nicht mehr.

Erfahrene Humorwerker: Jakob Nacken (links) und Helge Thun. FOTO: PR
Erfahrene Humorwerker: Jakob Nacken (links) und Helge Thun. FOTO: PR
Erfahrene Humorwerker: Jakob Nacken (links) und Helge Thun. FOTO: PR
Was ein Sidekick ist, weiß man nach jahrzehntelanger Late-Night-Routine heutzutage gefälligst. Falls je doch nicht, gab es dazu ein Erklärlied von Jakob Nacken: Micky Maus hatte Goofy, Dieter Bohlen den Thomas Anders, für Seehofer ist es der Söder und für eine Badewanne die Brause. Die Aufgaben, so sang es der Pianist im Selbstmitleidsblues: »Immer schön lachen bei seinen Witzen. Im Grunde ist meine Betätigung nichts anderes als seine Bestätigung.« Die Bühnenwirklichkeit erwies sich dann als deutlich gleichberechtigter.

Zwischen Schreibtisch und Piano

Die beiden arbeiteten sich zwischen Schreibtisch und Piano wacker durch allerhand Aktuelles von Trump über Erdogan bis Putin. Erdogan solle doch einfach Comedy machen. Putin sei ja augenscheinlich schwul, das sei aber noch jene Generation, die unterdrückte und überkompensiere. Deniz Yücel habe bei der Welt gearbeitet: als Korrespondent mit Migrationshintergrund, als Gastartikelarbeiter. Vorläufige Lachbilanz: Es gab eine leise schmunzelnde Mehrheit plus Gelegenheitslacher und überschaubar viele Schenkelklopfer.

Scherze über political correctness gelingen immer, zumal in der Nachbarstadt jener Kommune, in der ein Konditor mit einer Kreation namens »Mohrenköpfle« weltweit Empörungswellen generiert hatte. Inzwischen gehe ja auch Schwarzwurst gar nimmer, ebenso wenig Mohrrübe. »Und wenn ich Witze über Alice Schwarzer mache, ist das dann sexistisch oder rassistisch?«

Hymnentext für Schwaben

Die Nationalhymne bekam einen neuen Text für Schwaben: »Reinlichkeit und Fleckenfreiheit«.

Da Kanzlerkandidat Martin Schulz selbst anfing mit Wortspielen über seinen Namen (»Jetzt ist Schulz!«), fanden sich fix Wahlkampfthemen wie Staatsverschulzung und Umweltschulz. Mäßig lebenswichtige Meldungen aus der Wissenschaft und eine kleine Geisterbahnfahrt durch die esoterische Denkwelt komplettierten den Abend.

Gute Humoristen verstehen es, ernste Botschaften einzuflechten. Das tat Thun ganz unsubtil: »Glauben Sie, an was Sie wollen – aber behalten Sie es für sich! Gehen Sie niemandem damit auf die Nerven und auch nicht in die Politik!«

Gute Humoristen setzen gerade nach mittelguten Strecken wenigstens eine 1-A-Schlusspointe. Und so präsentierten die beiden als Zugabe ein echtes Stück Theatersport – ein spontanes Interview mit einem Herrn aus dem Publikum und anschließend ein Lied über dessen wichtigste Themen. Zumindest dafür: Bestlachnoten! (GEA)