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Besuch im Atelier von Eva Dölker-Heim: Das Meer im eigenen Haus

Eva Dölker-Heim aus Gomaringen hat eine große Liebe für die Ozeane und ihre Bewohner

Eva Dölker-Heim in ihrem Atelier im Wintergarten. FOTOS: DANIEL SCHNEIDER
Eva Dölker-Heim in ihrem Atelier im Wintergarten. Foto: DANIEL SCHNEIDER
Eva Dölker-Heim in ihrem Atelier im Wintergarten.
Foto: DANIEL SCHNEIDER

GOMARINGEN. Das Meer ist im Haus von Eva Dölker-Heim überall. Die Wellen schlagen im Wintergarten hoch, sie türmen sich im Treppenhaus auf und wogen unterm Dach. Fehlen nur noch Salzluft und Möwengeschrei. Dem Meer fühlt sich die Künstlerin verbunden. Sie hat es unzählige Male auf die Leinwand gebannt. Eine tiefe Liebe und Sehnsucht verbindet sie mit den großen Ozeanen dieser Erde und ihren Bewohnern. Und wie das Wasser imstande ist, in die kleinsten Ecken und Ritzen zu fließen, breitet sich ihre Kunst ausgehend vom Atelier im Wintergarten im ganzen Haus aus.

Ihrer Familie werde es so langsam zu viel, sagt die Gomaringerin. Deshalb ist sie zusammen mit weiteren Künstlerinnen auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten. Dabei arbeitet die Malerin eigentlich am liebsten draußen. Sie stand schon mit großer Leinwand im tosenden Sturm auf dem Melchinger Himmelberg. Umherfliegende Gräser sind Teil des Kunstwerks geworden. Für ihre Art des Kunstschaffens genügt aber auch der große Garten ums Haus oder die Terrasse vor dem Wintergarten.

»Ohne Kunst kann ich nicht leben«

Ihre Bilder setzt sie Wind, Regen und Schnee aus. Die Elemente arbeiten mit an ihrer Kunst. Sie lassen natürliche Muster entstehen. Farbe zerfließt unter dem Regen. Eine Schnecke frisst sich durch die Leinwand und lässt wieder neue Muster entstehen. Die Gomaringer Künstlerin verzichtet bewusst darauf, ihre Bilder zu signieren. Schließlich wurden sie nicht nur von ihr alleine geschaffen. Die Natur hat mitgeholfen.

Aufgetürmt: Die Kunst wandert von der Ebene in den Raum.  FOTO: WALDERICH
Aufgetürmt: Die Kunst wandert von der Ebene in den Raum. Foto: Irmgard Walderich
Aufgetürmt: Die Kunst wandert von der Ebene in den Raum.
Foto: Irmgard Walderich

Der Boden des Wintergartens in dem Haus in Gomaringen ist dick mit Kartons belegt. Ist Eva Dölker-Heim erst mal im Prozess des Kunstschaffens, dann ist da kein Raum mehr für Rücksicht aufs Parkett. Sie hat deshalb verzichtet, den hellen großen Dachstuhl mit schönem Holzboden zum Atelier umzufunktionieren. Dafür hat sie den Raum in ihrem Haus nun für Yogakurse der Volkshochschule Gomaringen freigegeben. Flankiert von großformatigen Werken der Künstlerin wird dort nun geübt.

Künstlerisch tätig war Eva Dölker-Heim eigentlich schon immer. Sie malt seit ihrer Kindheit, seit sie einen Stift in der Hand halten kann. »Ohne Kunst kann ich nicht leben«, sagt sie. »Für mich war die gestalterische Arbeit stets eine Notwendigkeit«, ist auf ihrer Homepage zu lesen. Die Eltern haben ihr ein Jahr Kunststudium in England ermöglicht. Dort habe sie eine gute Grundausbildung erhalten, erzählt die 48-Jährige. Viel gelernt hat sie aber auch in ihrem Design-Studium an der Pforzheimer Hochschule für Gestaltung. Ihr Zeichenlehrer gab ihr ein Verständnis dafür, welche Zeichnungen mehr in sich tragen als andere. Ganz einfach über das Sortieren der Arbeiten seiner Studenten.

Nach der intensiven Auseinandersetzung mit der Kunst kam die Mode. Sie arbeitete in der elterlichen Firma Naturana, bekam zwei Kinder. Die Kunst trat in den Hintergrund. Nicht mehr zu malen hat sie krankgemacht, erzählt die Künstlerin. Sie hat wieder zu den Pinseln gegriffen. Dunkle Bilder entstanden zuerst. Irgendwann tauchte Farbe wieder darin auf. Dann kam das Meer, und das Immunsystem stabilisierte sich wieder. Jetzt ist sie immer öfter mit ihrer Kunst in der Öffentlichkeit präsent. Ihre Meeresbilder waren Ende 2021 in der Volkshochschule Reutlingen zu sehen. Seit 2019 beteiligt sie sich an vielen Gemeinschaftsausstellungen. Sie gehört dem Kreativen Gomaringen an, ist Mitglied in dem Bund Bildender Künstlerinnen Württemberg BBK/W und wurde kürzlich in die Gedok aufgenommen. Das hat sie ganz besonders gefreut.

Die Farben mischt die Künstlerin selbst.
Die Farben mischt die Künstlerin selbst. Foto: Irmgard Walderich
Die Farben mischt die Künstlerin selbst.
Foto: Irmgard Walderich

Ein wildes Sammelsurium an Farben liegt in der Ecke des Ateliers. Ein großes Stoffstück formt eine Welle, ein T-Shirt verwandelt sich unter der Hand der Künstlerin in eine langbeinige Krake. Angefangen hat Eva Dölker-Heim mit Acrylfarben, danach malte sie mit Öl. Jetzt ist sie auf Entdeckungsreise in die Welt der natürlichen Pigmente. Und da habe sich ein ganz neues Universum aufgetan, erzählt die Künstlerin.

Dieser Wechsel hat viel mit ihrer Lebenseinstellung zu tun. Die reine Kunststofffarbe Acryl hat ihr nicht mehr behagt. Sie wollte Plastik nicht nur im Alltag, sondern auch in ihrer Kunst vermeiden. Indigo, Lapislazuli und Muschelkalk heißen nun ihre Materialen. Kasein dient als Bindemittel. Eine ganz andere Lebendigkeit und Tiefe sei damit zu erreichen. Sie malt nicht nur auf Leinwand. Ihre Meeresbilder finden sich auch auf Holz. Kleine Fundstücke, auf denen mit wenigen Pinselstrichen Wellen sich auftürmen. Eine Woge aus Stoff bäumt sich im Wintergarten auf: Als Nächstes will sich Eva Dölker-Heim verstärkt der Skulptur zuwenden. Spätestens dann wird es zu eng im Atelier. (GEA)