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Austro-Ikone auf Zeitreise: Rainhard Fendrich in der Stuttgarter Porsche-Arena

Die große Rainhard-Fendrich-Tournee 2025 steht unter dem Motto »45 Jahre live – nur ein Wimpernschlag« und führt den scharfzüngigen Wiener durch 45 Städte. Die Erkenntnis: Sein Humor hat noch Biss.

Rainhard Fendrich auf der Bühne in seinem Element.
Rainhard Fendrich auf der Bühne in seinem Element. Foto: Achim Tennigkeit
Rainhard Fendrich auf der Bühne in seinem Element.
Foto: Achim Tennigkeit

STUTTGART. Pünktlich um acht betritt Rainhard Fendrich mit seiner vierköpfigen Band die Bühne in der Porsche-Arena. Drei Songs zum Aufwärmen, dann kommt mit »Es tuat so weh, wenn ma verliert« der erste Klassiker, den er bei dieser musikalischen Reise durch viereinhalb Jahrzehnte im Gepäck hat. Nach dem Song begrüßt er das Publikum. Dass er im Februar 70 geworden ist, sieht man dem schlank gebliebenen Liedermacher in schwarzem Hemd und Jeans nicht an. Er selbst nimmt das Älterwerden mit Humor. »Es kommt irgendwann der Zeitpunkt im Leben, da wird aus einem Geburtstagskind ein Jubilar.« An diesem Abend wolle er den Bogen spannen von den frühen 80er-Jahren bis zur Gegenwart.

Gefälliger Pop zieht sich durch die ersten Songs, dazu eine angenehm dezente Lightshow, die musikalische Variationsbreite könnte etwas größer sein. Ein erstes Highlight dann die Hymne an seine Heimatstadt: »Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen?« Fendrich erzählt, dass er als Sohn einer heimatvertriebenen sudetendeutschen Mutter aufgewachsen sei. Diese sei in Wien nie glücklich geworden – er selbst jedoch habe alle Möglichkeiten gehabt, sich hier zu verwirklichen. Dafür sei er dankbar.

Begnadeter Geschichtenerzähler

Humor, Ironie, Satire und eine stets wohldosierte Portion von Wiener Schmäh ziehen sich durch seine Lieder, die er alle auf der Akustikgitarre begleitet. »Anfang der 80er-Jahre war die Belle Epoque des Austropop«, sagt er und geht bei seinem ersten großen Hit »Strada del Sole« etwas aus sich heraus. Wenngleich er danach einräumt, den Song nicht auf jener Straße gen Süden, sondern in Salzburg geschrieben zu haben. Und zwar, ohne selbst jemals auf dieser Traumstraße unterwegs gewesen zu sein. Auch der nächste Song »Nachtzug nach Jesolo« spielt mit der Italiensehnsucht vieler Menschen im deutschsprachigen Raum. Da klatscht das Publikum erstmals begeistert mit.

Sehr gut kommt bei den Fans das leicht höhnische »Warteschleife« vom neuen Album »Wimpernschlag« an. Es spiegelt Erfahrungen, die fast jeder beim Anrufen einer Hotline schon gemacht hat. Fendrich ist ein begnadeter Geschichtenerzähler, der in seinen Songs meist kritisch, aber nie destruktiv, sondern menschenfreundlich auf seine zahlreichen menschlichen Schwächen und die seiner Zeitgenossen schaut. Vor der Pause dann noch »Tango Korrupti« und »I Am From Austria«.

Kein Wunsch bleibt offen

Das flotte »Kein schöner Land« eröffnet den zweiten Teil des Sets. Jetzt gibt es ab und zu einen Song vom aktuellen Album – aber auch immer mehr altbekannte Hits wie »Nie wieder jung sein«, »Midlife Crisis« und »Schickeria«. Letzterer ein eigener Song, nicht etwa die Coverversion des gleichnamigen Titels der Spider Murphy Gang. Bei »Blond« stürmen die Fans vor die Bühne, tanzen und singen enthusiastisch den Refrain »Blond wie ein Weizenfeld« mit. Fendrichs Stimme ist nach wie vor voll intensiver Wärme, er trifft souverän alle Töne, auch beim Gassenhauer »Macho Macho« und dem aktuellen Titeltrack »Wimpernschlag«, der eine gutgemachte Reminiszenz an die eigene Jugend ist und den Auftritt beendet.

Bei den Zugaben bleiben dann keine Wünsche offen: erst das süffisante »Oben ohne«, dann das sarkastisch angehauchte »Es lebe der Sport« und als Höhepunkt des Konzerts das emotionsgeladene »Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk«. (GEA)