REUTLINGEN. Die Schönheit der dargestellten Figuren vermittelt Hoffnung und Mut. Dabei geht es Rossella Baldecchi in ihrer Kunst oftmals darum, die Kräfte der Bewältigung von Angst, Krieg und Traumata freizusetzen. Unter dem Titel »Luce – Licht« sind Radierungen der in Pistoia geborenen Künstlerin im Reutlinger Haus der Volkshochschule zu sehen. Aufgrund ihres Engagements für Frieden und Menschenrechte wird sie seit 2015 für die jährliche internationale Human-Rights-Ausstellung im norditalienischen Rovereto ausgewählt. Die von Thomas Becker kuratierte Reutlinger Schau ist Teil des Kulturaustausch-Programms zwischen Reutlingen und dem italienischen Pistoia.
In Baldecchis Arbeiten stehen Frauen im Mittelpunkt. Nicht selten umtänzeln ihre Köpfe Schmetterlinge, die für die Künstlerin »ein Symbol des Lebens« sind, wie sie anlässlich einer früheren Ausstellung (»Blumen des Friedens«) in Wangen im Allgäu und Reutlingen schrieb. Dabei ging es um reale Frauen, die Opfer von Gewalt, Unterdrückung und Kriegen geworden sind - wie die Iranerin Jina Mahsa Amini. »Sie sind für mich und für diejenigen von uns, die sich an sie erinnern, nicht tot, sie werden in unseren Herzen weiterleben und eine Inspiration für viele andere Frauen auf dem Weg in die Freiheit sein«, schrieb Baldecchi.
Symbiotischer Austausch
In Radierungen wie »Demeter« wachsen den Dargestellten schon auch mal Blumen im Haar. Oder es hat wie in »Die Heilung« ein Vogel im Haar einer jungen Frau Platz genommen, der selbst Flügel gewachsen sind. Manchmal ist die Hälfte eines Gesichts verdeckt, schlängelt sich wie in »Hanami« ein Blütenzweig durchs Bild, was Hoffnung und Zuversicht vermittelt. Generell scheinen die Menschen in Baldecchis Kunst mit Tieren und Pflanzen in einem symbiotischen Austausch zu stehen. Man kann sich der gleichermaßen stillen wie intensiven Poesie dieser Bilder nicht entziehen. Die Künstlerin hat zu einem - in dieser Schau nicht gezeigten - Ölgemälde »Blinde Menschheit« Nelson Mandela zitiert, wonach Frieden kein Traum ist; er könne Wirklichkeit werden, aber um ihn zu schaffen, müsse man träumen können. Die von ihr dargestellten Frauengestalten scheinen genau das zu tun.
Die Ausstellung im dritten Obergeschoss des Hauses der Volkshochschule Reutlingen, Spendhausstraße 6, ist bis zum 26. April zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr (in den Schulferien von 8 bis 17 Uhr) und Samstag von 8 bis 13 Uhr. (GEA)