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Atemberaubender Gitarrenstil

Der Verein TheMu holt den in New York lebenden Top-Gitarristen Gilad Hekselman in den Pappelgarten

Gitarrist Gilad Hekselman und Bassist Petros Klampanis im Reutlinger Pappelgarten.
Gitarrist Gilad Hekselman und Bassist Petros Klampanis im Reutlinger Pappelgarten. Foto: Jürgen Spieß
Gitarrist Gilad Hekselman und Bassist Petros Klampanis im Reutlinger Pappelgarten.
Foto: Jürgen Spieß

REUTLINGEN. Rotterdam – Reutlingen – München: Das Ghex Trio um den israelischen Jazzgitarristen Gilad Hekselman ist derzeit auf Europatournee und machte am Montag Halt im mit rund 50 Gästen gut besuchten Pappelgarten.

Kaum eine Schublade ist zu klein für die gerne nach Kategorisierung hechelnde Fachwelt, wenn es um die Beschreibung des Gitarrenstils des Israeli Gilad Hekselman geht. Tatsächlich hegt der seit 2004 in New York lebende und als einer der »feinsten Gitarristen seiner Generation« geltende Saitenzupfer eine Vorliebe für farbintensive Harmonien und musikalische Widerhaken.

Gemächlichen Schrittes schlappt der Mann auf die Bühne und wendet sich sogleich seiner blauen Gitarre zu. Dieses Instrument, das ihn schon seit seinem Studium an der New School of Music in New York begleitet, wird an diesem Abend noch manches zu tun bekommen. Gilad Hekselman wird das gute Stück nicht nur mit seinen wieselflinken Fingern malträtieren, nein, er wird es auch streicheln und manchmal auch nur etwas auf ihm herumschrammeln. Er scheint mit seiner Gitarre im Geiste zu sprechen wie zu einer alten Freundin, liebkost, aber treibt sie auch an, wenn etwa seine Improvisationen in dem Stück »The Headrocker« den harmonischen und rhythmischen Rahmen sprengen. Dann lächelt er, und das Publikum spürt, das alles nur ein Spiel ist.

Ausgeklügelt arrangiert

Gut zwei Stunden lauschen die 50 Besucher konzentriert den variantenreichen Interpretationen, die tief in der amerikanischen Jazztradition wurzeln. Traumverlorene Melodien wie das Auftaktstück »Long Way From Home« wechseln mit Virtuosensprints wie in »Scoville« oder »Countdown«. Der 39-Jährige versteht es wie wenig andere, seine sechssaitige Gitarre voll auszureizen. Sein Ton ist klar und die Melodiestrukturen werden in ausgedehnten Intervallen gesetzt.

Hekselman, der mit sechs Klavier und mit neun Jahren Gitarre lernte, ist ein Liebhaber der weiten Horizonte: Mal trifft das balladeske »Rebirth« auf das nervöse »March Of The Sad Ones«, dann wieder geht ein funkiger Beat in freie Improvisation über. Eine beeindruckende Mischung aus individuellen Solobeiträgen und homogenem Zusammenspiel.

Eleganz und Feinarbeit

Hekselman und seine beiden Mitspieler harmonieren mit ausgeklügelt arrangierter Eleganz, vor allem im zweiten Set wachsen die Drei förmlich über sich hinaus. Bassist Petros Klampanis glänzt mit rhythmischer Feinarbeit, dann wieder konzentriert sich das Ganze auf die kraftvollen Einwürfe von Drummer Amir Bresler, der normalerweise die Schlagstöcke bei dem israelischen Sänger Avishai Cohen schwingt. Was für manche Jazzkonzerte gilt, trifft auf das von Gilad Hekselman und seinem Trio ganz besonders zu: Man muss sich hineinhören in diesen Wust aus Noten, aber dann offenbart sich dem Hörer ihr ganzes Geheimnis.

Das Publikum im Pappelgarten lässt sich gerne auf diese akustische Tour de Force ein. Viele schließen die Augen und manche bleiben auch nach den zwei Zugaben noch eine ganze Weile sitzen. Selbst Hekselmans Gitarre liegt nun ganz still und vergessen auf der Bühne, erholt sich von ihrem Auftritt und denkt vielleicht schon über den nächsten im Münchner Jazzclub Unterfahrt nach. (GEA)