STUTTGART/TÜBINGEN. Die Iren trinken nur aus zwei Gründen: wenn sie Durst haben, und wenn sie keinen Durst haben. So war es folgerichtig, dass Irland der Welt den Irish Pub geschenkt hat, den Whiskey, das Guinness-Bier – und den Irish Folk.
Damit wären wir bei The Dubliners, die in den 1960ern die weltweite Folk-Welle ausgelöst hatten und unzählige Musiker inspirierten. Als 2012 Barney McKenna, das letzte Gründungsmitglied 83jährig verstarb, schien nach 50 glorreichen Jahren und 31 Alben das Ende für die Legenden gekommen zu sein. Doch die verbliebenen Musiker befanden, dass es »zu spät ist, jetzt aufzuhören« – und machten als Dublin Legends weiter. Am Samstag trat das Quartett in bevorzugt intimer Liederhalle-Clubatmosphäre auf: vier Mikroständer, eine Spoteinstellung und die Saiteninstrumente am Boden. Eine begeisternde, zweistündige Abfolge von 28 irischen Songs, nostalgischen Liedern (»Dirty Old Town«), Trinkliedern (»Wild Rover«), ergreifenden Balladen (»Fields of Athenry«) und den großen Hits wie »Whiskey in the Jar«, aufgelockert mit witzigen Geschichten – unterbrochen für eine »Teepause mit Keksen«.
Malerlehre in Reusten dann Irish Folk-Ikone
Vorneweg der umjubelte Leadsänger Seán Cannon (83), der Folkmusik-Veteran mit weißem Rauschebart im noblen Anzug. Die Karriere des Welten-Tinglers begann nach einer Maler-Lehre 1962 in Reusten, »a village near to Tübingen«, wo das Lehrgeld für seine erste Gitarre investiert wurde. Textsicher schwäbisch stimmte er – sinnigerweise im nach dem Tübinger Komponisten benannten ausverkauften Silchersaal – mit dem mitgealterten aber pausenlos mitgehenden Publikum sein erstes einstudiertes Lied »Auf der Schwäb’sche Eisenbahn …« an.
Weltbeste Banjospieler
Der vitale Alt-»Dubliner« singt auch Weisen in irischer Sprache (»Fáinne Gael An Lae«). Dann wird es berührend, weil die Stimme nicht mehr so will und das Gedächtnis nachlässt: »Was wollten wir jetzt singen?«. Dann muss Gerry O’Connor, der 2005 zur Band stieß, einflüstern. Er gilt als der beste vierseitige Tenorbanjo-Spieler der Welt. The Band, Albert Lee und Chris Rea hätten sonst wohl keine Alben mit ihm aufgenommen. Mit Paul Watchorn steht der Bruder des Ex-Dubliner Patsy auf der Bühne. Eigentlich ein bekannter Snookerspiel-Profi. Am Abend wird er seinem Ruf als famosester irischer Spieler des fünfseitigen Banjos gerecht. Der Dubliner Shay Kanvanagh, der mit namhaften Folkgruppen tourte, ergänzt als versierter Akustikgitarrist und Sänger die Band. (GEA)