LOS ANGELES. Im Dezember 2024 gibt es Menschen, die von Erkältungen geschüttelt werden, im Südwesten Deutschlands und im Südwesten der USA. Derjenige, der dort in seinem Haus in Los Angeles mit Husten und Heiserkeit zu kämpfen hat, heißt Steve Lukather und spielt Gitarre. Lukather ist seit 1976 Mitglied der Rockband Toto und mittlerweile ihr einzig verbliebenes Gründungsmitglied. Er ist nun mit gänzlich neu aufgestellter Band wieder auf Tour, kommt nach Stuttgart, will das Erbe dieser sehr versierten Band in die Zukunft tragen. In den USA gelang ihm dies bislang mit großem Erfolg. Nun freut Lukather sich auf Totos Konzerte in Deutschland.
Toto ist eine Band, deren Geschichte von tragischen Abgängen gezeichnet ist. Jeff Porcaro, Gründungsmitglied und einer der stilprägendsten Rockschlagzeuger der 1980er, starb 1992 auf nie völlig geklärte Weise mit nur 38, möglicherweise an unentdeckten Arterienproblemen, möglicherweise am Kontakt mit Pestiziden, die er im Garten verspritzte. Sein Bruder Mike Porcaro, Bassist bei Toto seit 1982, schied 2007 aus; er erkrankte an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und starb 2015 mit 59 Jahren daran. David Paich, Keyboarder der Gründungsformation, stand noch 2019 mit Toto auf der Bühne. Dann gaben Toto eine Trennung auf unbestimmte Zeit bekannt. Nun sind sie zurück, spielen schon seit 2022 ihre »Dogz of Oz Tour« – wie der Bandname eine Anspielung auf den US-Märchenfilm »The Wizard of Oz«.
Gut im Geschäft
»The People love this Music«, sagt Lukather – »Die Leute lieben diese Musik.« In Mexiko City, erzählt er, hätten Toto vor 85.000 Fans gespielt. Ein Konzert in den Niederlanden im Februar 2024 lockte ebenfalls ein sehr großes Publikum. »Das läuft alles sehr gut. Die Gelegenheit für diese Auftritte hat sich ergeben, und wir genießen sie sehr.«
Selbstverständlich vermisse er seine alten Mitspieler. »Manche starben, manche wurden krank«, sagt er, »aber ich bin noch da und halte die Sache am Leben, ich trage die Flamme weiter. Ich habe die besten Leute dafür gefunden, sie werden den musikalischen Ansprüchen von Toto absolut gerecht. David Paich ist irgendwie immer noch mit dabei – ich spreche täglich mit ihm, aber er kann nicht mehr auf der Bühne stehen. No more for you, the Doctor said – für dich ist das nichts mehr.« Neu bei Toto ist seit 2024 Keyboarder Dennis Atlas – nur vermeintlich ein unbeschriebenes Blatt: »Er ist ein unglaublich guter Prog-Rocker. Mein alter Kumpel Bumblefoot (der Gitarrist Ron Thal) hat mich auf ihn aufmerksam gemacht.«
Steely-Dan-Alben als Bibel
»Natürlich«, sagt Lukather, »vermisse ich meine Freunde. Diese Jungs sind meine Brüder, ich bin mit ihnen aufgewachsen. Und die Leute, die nun in der Band sind, sind mit Toto schon lange vertraut. John Pierce, der Bassist, ist einer meiner ältesten Freunde. Er hat ein unglaubliche Discografie. Er hat mit Donald Fagen gespielt und mit Taylor Swift! Auch Greg Phillinganes gehört zu meinen ältesten Freunden. Er hat mit Stevie Wonder und Michael Jackson gespielt.«
Gerne spricht Lukather von den alten Zeiten, davon, wie die Gründungsmitglieder der Band schon an ihrer High School gemeinsam auftraten. Als Jeff Porcaro und David Paich als Studiomusiker arbeiteten und beschlossen, ihre eigene Band zu gründen, holten sie Freunde an Bord. Jeff Porcaro, geboren 1954, hatte zu dieser Zeit bereits auf unzähligen Alben großer Stars mitgewirkt – vor allem aber hatte er auf den beiden Steely-Dan-Alben »Pretzel Logic« (1974) und »Katie Lied« (1975) gespielt. Toto gründeten sich 1976, und der schillernde, jazzige Pop-Perfektionismus von Steely Dan war ihre Bibel. Donald Fagen und Walter Becker waren ihre größten Vorbilder: »Wir haben ihre Musik studiert!«
Mit Ringo Starr und Joni Mitchell
Lukather selbst war seit den 1970er-Jahren als Gastmusiker auf Hunderten von Alben zu hören. Er spielte für Hall & Oates, Leo Sayer, Barbra Streisand, Olivia Newton-John, John Mayall, Lee Ritenour, Earth, Wind and Fire, Elton John, Quincy Jones, Aretha Franklin, Donna Summer, Al Jarreau, Michael Jackson und viele andere. Fragt man ihn, an welche dieser Auftragsarbeiten er am liebsten zurückdenkt, sagt er nur: »Soll das ein Scherz sein? Es waren so viele!« Aber er entscheidet sich dann doch. Für Ringo Starr. Für ihn hat Steve Lukather am liebsten gearbeitet. Sie sind bis heute gute Freunde.
Gut erinnert er sich auch an die Aufnahmen der beiden Joni-Mitchell-Alben, an denen er mitwirkte – »Wild Things Run Fast« (1982) und »Dog Eat Dog« (1985). »Das war eine große Ehre für mich«, sagt er. »Ich betrat das Studio, und da saß sie am Piano und spielte den neuen Song, den wir aufnehmen sollten. Das war reine Magie.«
Neues Jahr, neue Setlist
Totos größter Hit »Africa« von 1982 löste bei Lukather anfangs kaum Begeisterung aus, das ist bekannt. Es lag, wie er rückblickend feststellt, vor allem am Text. »Wir dachten alle, die Aufnahme sei gut geworden, aber als zuletzt der Text dazukam, mussten wir lachen. Es ist ein großartiger Song, aber ich finde immer noch, dass er nicht wirklich für das stehen kann, das jemand zu hören bekommt, der uns live sieht.« Live, auf der Bühne im Jahr 2025, möchten Toto ihren Fans eine gute Mischung präsentieren. Die Setlist soll jener des vergangenen Jahres nicht gleichen. Natürlich, sagt Lukather, werde sich alles darin finden, was den Toto-Sound seit jeher ausmachte, vom Rock ’n’ Roll bis zum Progressive-Rock. Und alles soll frisch klingen: »Wir werden Sachen spielen, die wir noch nie gespielt haben, und Sachen, die wir immer spielen.«
Zur Wahl in den USA will Steve Lukather nichts sagen: »Ich bin Gitarrist, kein Politiker. Mir steht das nicht zu.« Ein gewisses Unbehagen scheint er aber zu empfinden, insgesamt. Gerne zitiert er Ringo Starr, seinen guten Freund: »Peace and Love!« Nach Deutschland kommt er gerne, denn er weiß: Seine Urgroßmutter hatte deutsche und österreichische Vorfahren. Was man von Toto einst erinnern sollte? »Dass wir unsere Musik ernst genommen haben, und die Leute die sie hören.« Und: Wird es jemals ein Album mit neuem Material geben, von Toto? »Frag mich das nächstes Jahr!« (GEA)