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Aleph Gitarrenquartett eröffnet Reutlinger Musica-Nova-Reihe

Das Aleph Gitarrenquartett eröffnet die Musica-Nova-Reihe im Kunstmuseum Reutlingen/konkret in den Wandel-Hallen. Dabei trifft sehr Kurzes höchst spannend auf sehr Langes.

Das Aleph Gitarrenquartett vor dem intensiven Rot des Künstlers Bernard Aubertin in den Wandel-Hallen.
Das Aleph Gitarrenquartett vor dem intensiven Rot des Künstlers Bernard Aubertin in den Wandel-Hallen. Foto: Armin Knauer
Das Aleph Gitarrenquartett vor dem intensiven Rot des Künstlers Bernard Aubertin in den Wandel-Hallen.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN. Sie haben das schon ungemein raffiniert hingetrickst, die vier Gitarristen des Aleph Quartetts. Im ersten Teil ist alles total kurz, im zweiten hingegen wahnsinnig ausgedehnt am Freitagabend im Kunstmuseum Reutlingen/konkret in den Wandel-Hallen. Vor dem intensiven Rot und Schwarz des Künstlers Bernard Aubertin, dem hier die aktuelle Ausstellung gewidmet ist, entfalten sie vor reichlich Publikum ein Spiel der Kontraste: Andrés Hernández Alba, Tillmann Reinbeck, Wolfgang Sehringer und Christian Wernicke.

Zum 30-jährigen Bestehen des Quartetts 2023 haben sie sich von vielen Komponisten Miniaturen gewünscht. Und das mit Grund. Wie sich zeigt, als elf dieser Ministücke im ersten Teil am Publikum vorüberziehen. Denn zurücklehnen und abwarten ist nicht. Es kann schließlich jede Sekunde vorbei sein. Also heißt die Devise: Lauschen mit voller Konzentration von Sekunde eins an.

Gegensätzliche Welten

Verblüffend, welche gegensätzliche Welten sich in jeweils wenige Spielminuten oder gar -sekunden packen lassen! Von Tonschöpfern aus drei Generationen. So gibt es die Bandbreite Neuer Musik im Schnelldurchlauf, hoch konzentriert, auf den Punkt gespielt. Mit dem Koreaner Yangkai Lin, gerade mal 23 Jahre alt, bringen die vier Saitenkünstler atmosphärische Lichtspiele zum Glitzern. Mit Arturo Fuentes ziehen sie glissandierend und tremolierend »kosmische« Klangfelder auf.

Die Mexikanerin Erika Vega lässt vergnüglich bärentapsige Latin-Tanzlust erahnen. Altmeister Nikolaus A. Huber, mit Jahrgang 1939 der Patriarch im Feld, führt die vier Musiker korpusklopfend in kantiges Rhythmusgestrüpp. Mit Birke Bertelsmeier geht es in ein erregtes Gewusel, das von jazzigen Rhythmen und rockigen Bässen durchpflügt wird. Während es bei Zeynep Gedizlioglu ganz zart wird. Feine Harmonien steigen wie Traumgebilde auf, brechen ab und hallen in die Stille nach.

Von zart bis brüllend

So stürzt man in immer neue Welten. Mal brüllend voranbretternd mit Peter Jakober, mal im Dialog wunderlicher Einzelklänge bei Mathias Spahlinger, mal wie im Delirium wabernd bei Martin Smolka.

Im zweiten Teil das krasse Gegenteil: ein einziges Stück, das mit schier endlosem Atem einen Spannungsbogen baut. Bernhard Langs »GAME 8-4-4, Loops for Aleph« gibt den Spielern Motivmuster an die Hand, die jeder nach Gusto wiederholen, fortsetzen oder wechseln kann. So grooven sie sich ein in einen intuitiv gewobenen Klangstrom, der sich entwickelt, immer neue Stimmungen aufzieht, in anderes umschlägt und nach 30 Minuten ein atemlos lauschendes Publikum zurücklässt. Ein toller Auftakt der Reihe! (GEA)