Nicht nur die Räume des Kunstvereins in der Eberhardstraße bespielt die Jahrgangs-Elite der Karlsruher Künstlerschmiede. Auch im öffentlichen Raum der Stadt machen sie auf sich aufmerksam. Beim Open-Air-Kino im Spitalhof werden sie mit Kurzfilmen vertreten sein. Am Hauptbahnhof stehen ihnen zwei Plakatwände für wechselnde Hingucker zur Verfügung, und am Listplatz mit seinem Brunnen, der kein Brunnen mehr ist, steht die Installation eines Bootes, das kein Boot mehr ist. Die dazugehörigen Ruder hat Tobias Zilly als verbogene Bodenskulptur im Kunstverein arrangiert.
Explodierend frische Malerei
Zum Meisterschüler können die Karlsruher Professoren ihre begabtesten Eleven nach dem erfolgreichen Studienabschluss berufen: ein weiteres Jahr mit eigenem Atelier, direktem Austausch mit den Meistern und allen Privilegien von Studenten – eine Art Stipendium und eine große Ehre. Leni Hoffmann, als Malerin, Bildhauerin und Installationskünstlerin selbst Pfahler-Schülerin, hatte heuer von ihren Studenten keine eigenen Schüler in die Meisterklasse berufen. Um so freier konnte sie sich den Besten der Besten widmen, die ihre Kolleginnen und Kollegen aus allen Kunst-Sparten besonders fördern wollten.Es mag erstaunen, dass brandaktuelle Medienkunst nur einen ganz normalen Anteil an der Ausstellung hat. Konventionelle Malerei, konkrete Objektkunst, Bildhauerei und Installationen haben ihre Bedeutung offenbar keineswegs verloren. Erst bei genauerem Hinsehen oder im Gespräch mit den jungen Kunstschaffenden zeigt sich, dass ausnahmslos jedes der Werke eine bestimmte neue und ganz persönliche Note, vielleicht auch so etwas wie eine Pointe hat.
Vor ein paar Tagen hatte Leni Hoffmann mit Peter Weibel vom benachbarten ZKM den großen Anselm Kiefer auf dessen Wunsch hin durch seine alte Akademie geführt. Vielleicht, so ließ sie die 28 Meisterschülerinnen und -schüler zum Abschluss der gemeinsamen Aufbauwoche wissen, entwickle der eine oder die andere die persönliche Handschrift in ähnlicher Weise zu Weltgeltung weiter und ermutigte sie: »Nichts ist gelungen, was nicht auch hätte scheitern können.«
Gastgeber Christian Malycha wies darauf hin, dass die Kunstvereine nicht nur in Reutlingen gerade dafür gegründet worden seien, dass die kunstsinnigen Bürger sich vor Ort ein Bild von den aktuellen Entwicklungen machen konnten. Pablo Walsers skurriles Filmzelt und die subtilen Drapierungen von Hannah Gottschalk im Bibliotheks-Nebenraum sind nur zwei besonders originelle künstlerische Stimmen. Wie Archäologie will die Arbeit von Umut Yasat wahrgenommen werden, der zahllose eigene Zeichnungen seit Kindertagen zu einer verschlossenen Skulptur verschnürt hat.
Zwischen Nino Maaskolas archaischen Metall-Massen und Lisa Ballmanns explodierend frischer Malerei, dem mit Klang ergänzten Walzendruck nach Art einer Partitur von Sarah Schlenker, Elefanten-Schablonen und dada-artigen mobilen Gerätschaften zeigen sich Rätsel und Fragen, ganz karge und prall opulente Visionen von Bildlichkeit – in einem »geweiteten architektonischen Bild-Raum«, wie Leni Hoffmann das nannte.
Ein Abenteuer mit Überraschungen überall mit der Möglichkeit »unser Sehen und Urteilen ohne verbürgtes Vorwissen zu überprüfen und von Neuem einzuüben«, wie Christian Malycha das formulierte. (GEA)
Ausstellungsinformation
Die Ausstellung »Top 15« mit Arbeiten der Karlsruher Meisterschüler wird am morgigen Sonntag um 11 Uhr im Reutlinger Kunstverein, Eberhardstraße 34, eröffnet. Bis zum 23. August sind mittwochs bis freitags zwischen 14 und 18 Uhr, wochenends von 11 bis 17 UhrWerke von 28 Absolventen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe zu sehen. (mab)