OFTERDINGEN. Die PISA-Studie war gerade in aller Munde: Die Lesekompetenz der Kinder in Deutschland hinke hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Über dieses Thema sprach Susanne Eisenmann, Leiterin der Ofterdinger Ortsbücherei, mit einer Laufpartnerin beim gemeinsamen Jogging im Wald: Die beiden Frauen kamen überein, dass Kinder beim Lesenlernen Assistenz benötigen, denn: »Zuhause wird Kindern heute zu wenig vorgelesen.«
Die beiden Frauen spannen diese Idee weiter: Wie wäre es denn mit Lesepatenschaften? Erwachsene könnten doch ihre Lesekompetenz mit Kindern teilen, eins zu eins, quasi in einem Team. Diese Assistenz müsse außerhalb der Schule angeboten werden. Das könnte man doch kaum woanders besser machen als in einer Bibliothek! Mit dieser Idee wandte sich Eisenmann an die Ofterdinger Burghof-Grundschule.
Kooperation mit der Grundschule
Die Idee, so die Leiterin der Ofterdinger Ortsbibliothek, stieß auf offene Ohren: »Die Leitung der Schule war begeistert!« Während Schulzeiten sollten zwei Gruppen mit vier Kindern je eine halbe Stunde in der Woche statt zur Schule in die Bücherei gehen. Man kann übereinstimmen, dass Eisenmann Lesepaten suchen sollte. Eine war schnell gefunden: Ihre Laufpartnerin, mit der zusammen die Idee entstanden war.
»Egal wen wir gefragt haben, die Leute waren begeistert«, sagte Eisenmann. Die weitere Suche, auch über eine Veröffentlichung im Ofterdinger Gemeindeboten, war so erfolgreich, dass die Gruppen um je ein Kind aufgestockt wurden, so Eisenmanns Kollegin in der Bücherei, Anja Höschele: »Jetzt haben wir Gruppen mit je fünf Kindern und überlegen, ob wir je ein sechstes Kind aufnehmen.«
Bekommen die Mentoren eine Ehrenamtspauschale? Eisenmann schüttelt den Kopf. Die Finanzierung der Lesepatenschaften, dazu gehört auch, die Lesepaten zu versichern, hänge an der Gemeinde. Beim Regierungspräsidium habe sie schon nachgefragt, ob es das Projekt finanziell unterstützen würde. Die im Herbst eingegangene Spende einer örtlichen Bank sei immerhin eine gute Anschubhilfe gewesen.
Margitta Kreuzer ist seit Beginn im November vergangenen Jahres dabei. Die 65-jährige Ofterdingerin arbeitete bis vor nicht allzu langer Zeit selbst als Grundschullehrerin: »Es war fast ein fließender Übergang vom Schuldienst hierher.« Zuvor habe sie sich ohnehin mit dem Gedanken getragen, nach dem Ende ihrer Arbeitszeit ein Ehrenamt zu übernehmen.
Es geht um die richtige Betonung
Lesen lernen sei ein sehr schwieriger Prozess, sagte Kreuzer: »Eltern können dran verzweifeln.« Die pensionierte Pädagogin hat die nötigen Techniken zur Begleitung dieses Prozesses gelernt: »Die Kinder brauchen ein Bild im Kopf. Deswegen beginnt man zuerst mit Namen. Danach geht es um die richtige Betonung der Wörter.«
Als Lesepate müsse man sich auf jedes Kind neu einstellen. Abwechselndes Lesen, das Spielen mit der Stimme und das Betonen setze sie bei Kindern ein, die noch nicht gut lesen. Drittklässler bringen schon mal eigene Bücher mit, »Die drei Fragezeichen« beispielsweise. An diesem Donnerstag betreute Kreuzer eine Erstklässlerin, ein Kind, das gerade einmal seit vier Monaten in der Schule ist. Die Mentorin war hinterher zufrieden: »Sie hat sehr gut gelesen!« (GEA)