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Aktuell Geschichte

Zuerst Krieger, später Beamter

Der fahrende Ritter Georg von Ehingen ließ die Wankheimer Kiche und das Kilchberger Schloss bauen.

Ritterepitaph in der Kilchberger Kirche.
Ritterepitaph in der Kilchberger Kirche. Foto: Martin Zimmermann
Ritterepitaph in der Kilchberger Kirche.
Foto: Martin Zimmermann

KUSTERDINGEN/TÜBINGEN. An den Ritter Georg von Ehingen (1428-1508) erinnert heute noch in der Region noch einiges. Der Renaissancebau des Kilchberger Schlosses wurde ebenso von ihm beauftragt wie die Kirche von Wankheim. Auch in einem Fenster der Tübinger Stiftskirche ist sein Wappen dargestellt. Georg selbst ist dargestellt auf einem Altar im Rottenburger Diözesanmuseum und dem Kilchberger Alter, der heute im Landesmuseum in Stuttgart ausgestellt wird.

Geboren wurde Georg in Hohenentringen, später erwarb sein Vater Kilchberg, Wankheim, Kressbach und die Hälfte von Bühl. Drei davon sind heute Tübinger Ortseile. Wankheim hat sich Kusterdingen angeschlossen. Über seine Kindheit in Hohenentringen und Kilchberg ist wenig bekannt, aber über seine »Reisen in die Ritterschaft« als junger Mann verfasste Georg einen autobiografischen Bericht. Zunächst diente er als Page am Hof in Innsbruck und bediente Eleonore von Schottland, die Ehefrau des Tiroler Herzogs Sigismunds des Münzreichen. Später trat er in die Dienste Erzherzog Albrechts VI., des Ehemannes der in Rottenburg als Fasnetsstifterin verehrten Erzherzogin Mechthild. In seinem Gefolge nahm Georg an der Königskrönung von Ladislaus Postumus in Prag teil und wurde dabei von Albrecht zum Ritter geschlagen.

Aus Gefangenschaft entkommen

Er nahm seinen Abschied und ging mit den Johannitern über Venedig nach Rhodos, wo er gegen die Türken kämpfte. Georg bereiste Beirut, Jerusalem, Damaskus und Ägypten, wurde auf der Sinai-Halbinsel von Nomaden gefangen genommen und entkam, bevor er über Rhodos wieder nach Rottenburg kam.

Weitaus ausführlicher ist der Bericht von seiner zweiten Reise über Frankreich nach Spanien und Portugal, wo er für den portugiesischen König Ceuta gegen die Sarazenen verteidigte und dabei einen Zweikampf gegen einen moslemischen Kämpfer gewann, der ihn in Europa bekanntmachte. Ludwig Uhland verarbeitete den Kampf in seiner Heldenballade »Schwäbische Kunde«, verlegte den Kampf jedoch in die Zeit Kaiser Barbarossas. In den Kämpfen gegen die Muslime in Spanien schildert Georg auch wie er zahlreiche Dörfer niedergebrannt und Frauen und Kinder niedergemetzelt habe. Später reiste er über Frankreich nach England und Schottland, wo der Reisebericht endet.

Heirat mit reicher Reutlingerin

Nach seiner Rückkehr heiratet Georg eine reiche Schäferstochter aus Reutlingen, hat mit ihr 18 Kinder und tritt als Berater in die Dienste Eberhards im Bart. »Ab 1460 ist er 45 Jahre lang ein braver Beamter, Streitschlichter und Bürokrat«, sagt der Historiker Klaus Mohr.

Georg verhandelt mit der Stadt Tübingen über die Gebäude für die Universitätsgründung 1477 und das »Akademische Bürgerrecht«. Er schlichtete in Nehren einen Nachbarschaftsstreit als das Geflügel des Pfarrers den Nachbarsgarten verwüstete und betätigte sich in Mantua als Brautwerber für Eberhard und vermittelte dessen Hochzeit mit Barbara Gonzaga.

Schloss Kilchberg wurde von Georg von Ehingen gebaut.  FOTOS: ZIMMERMANN
Schloss Kilchberg wurde von Georg von Ehingen gebaut. Foto: Martin Zimmermann
Schloss Kilchberg wurde von Georg von Ehingen gebaut.
Foto: Martin Zimmermann

Als Landvogt von Mömpelgard verhandelte er mit dem Burgunderherzog Karl dem Kühnen und den Eidgenossen. »Es liegt ein Gegensatz in der Person Georgs, der einerseits hier in Kilchberg als Wohltäter, Verhandler und Friedensstifter auftritt und andererseits in Spanien Dörfer niederbrennt und Frauen und Kinder niedermetzelt«, urteilte Mohr.

Der Ursprung des von Georg von Ehingen erbauten Kilchberger Schlosses war wohl ein achteckige staufische Burg, ähnlich dem Castel del Monte in Süditalien. Die achteckigen Fundamente unter dem 1460 erbauten und heute noch von der seit dem 18. Jahrhundert dort ansässigen Familie von Tessin bewohnten Renaissancebau sind noch sichtbar.

Schauriges Verlies

Über einen Durchgang mit dem Renaissancebau verbunden ist der rechteckige Turm. Der ursprüngliche Zugang zu diesem Turm war über einen nicht mehr erhaltenen Wehrgang. Im Schlosshof ist ein zehn Meter tiefer Brunnen, der bis aufs Grundwasserniveau hinabreicht. Zur Straße hin vorgelagert sind die ehemaligen Stallungen und Scheunengebäude. Im Erdgeschoss des an den Turm angebauten Gebäudes befand sich ursprünglich eine Weinkelter. Unten im Turm ist ein nur durch eine Falltüre zugängliches und heute noch recht schauriges Kerkerverlies.

18 Kinder

Ein Kleinod des Kilchberger Schlosses ist die Schlosskapelle. Als Annenkapelle wird jedoch nicht die Schlosskapelle, sondern die Georgs Frau, der bürgerlichen Reutlingerin Anna Ülin gewidmete Anbau an die Kilchberger Kirche bezeichnet. An der Rückwand der Kapelle zeigt ein Fresko die 18 Kinder des Ehepaares betend vor der Jungfrau Maria.

Der Altar in der kleinen Schlosskapelle ist eine Kopie. Das Original des Kilchberger Altars, auf dessen Standflügel Georg von Ehingen dargestellt ist, befindet sich heute im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart.

Er wurde 1494 in Ulm von dem Bildhauer Niklaus Weckmann und dem Maler Bartholomäus Zeitblom mit Skulpturen aus Lindenholz gefertigt, und zeigt den heiligen Georg, Maria und Johannes den Täufer. (GEA)