TÜBINGEN. Ihre Spur zog sich durch Baden-Württemberg, durch Franken bis nach Thüringen: Im ersten Halbjahr 2024 brach eine Bande in Serie Wohnwägen auf und stahl sie mittels einer Zugmaschine. Am Donnerstag sprach die zweite große Strafkammer des Landgerichts Tübingen unter Vorsitz von Richter Christoph Kalkschmid das Urteil.
Am Donnerstagvormittag hielten die drei Verteidiger ihre Plädoyers. Unter dem Eindruck der Beweislage hatten sie ihren Mandanten zu Geständnissen geraten. Dies verkürzte das Verfahren und wirkte sich ebenso positiv auf das individuelle Urteil aus, wie ihre letzten Worte, in denen sie ihre Schuld einräumten und sich bei den Bestohlenen entschuldigten.
20 Fälle wurden angeklagt, einer fallen gelassen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Govani A., 48, an 17 Taten, die mit ihm seit einem Jahr nach Art der Sinti verheiratete Rabije A., 43, als Planerin der Raubzüge an allen 19 Taten beteiligt war. Beide sind einschlägig vorbestraft. Deren 55-jährige Schwester Nedzije A., bislang unbescholten, war an den letzten beiden Taten beteiligt.
Sorglos mit ihren Mobiltelefonen umgegangen
Der Gesamtschaden belief sich auf 766.707 Euro. Zum Wert der Fahrzeuge kamen deren Einrichtungen, sowie die Schäden durch Knacken der Schlösser und bei Einbrüchen auf die Standplätze. In erster Linie Rabije A. habe die Tatorte im Internet ausfindig gemacht und ausgespäht. Mindestens zwei Mitglieder der Bande seien bei den Diebstählen vor Ort gewesen.
Dem Trio wurde zum Verhängnis, dass sie sorglos mit ihren Mobiltelefonen umgingen: Sie dokumentierten ihre Taten mit Fotos und Filmchen. Sie tauschten sich darüber über die sozialen Medien aus. Die Dateien enthielten Standortdaten der Tatorte. Teilweise posierten sie mit einem Haufen Geldscheine, mutmaßlich Erträge aus Wohnwagen-Verkäufen.
Ermittler hatten währenddessen eine Diebstahl-Serie angenommen. Eine Überprüfung von Funkzellen in Tatortnähe und zu Zeiten der Taten führte die Beamten zu vier französischen Mobilfunknummern. Drei davon buchten sich am 17. Juli 2024 ins deutsche Mobilfunknetz ein. Im Bereich Reutlingen und Tübingen wartete ein mobiles Einsatzkommando der Polizei.
Die Beamten nahmen die Überwachung des Trios, dem später die Telefonnummern der Geräte zugeordnet werden konnte, in Tübingen auf. Abends am selben Tag waren die Beamten Zeugen davon, wie die drei in das Gelände einer Firma in Dußlingen einbrachen und einen Wohnwagenanhänger stahlen. Kurz später stellten sie das Trio bei Schömberg und nahmen es fest. Die anschließende Auswertung der Mobiltelefone sei »eine wahre Fundgrube« gewesen, stellte Richter Kalkschmid fest.
Er verurteilte das Trio wegen schwerem Bandendiebstahl mit dem Merkmal der Gewerbsmäßigkeit. Für einen minderschweren Fall sei die Schadenssumme zu hoch gewesen, so der Richter. Zudem seien die Taten schnell und zielgerichtet durchgeführt worden, die Täter seien »hellwach« gewesen, als sie die Diebstähle ausübten, sagte Kalkschmid.
Die zweite Strafkammer blieb insgesamt unter den am Dienstag von Staatsanwältin Franziska Hipp geforderten Strafmaßen. Govani A. muss nun für fünf Jahre und sechs Monate (statt sechs Jahre und vier Monate) hinter Gitter. Rabije A. wurde zu fünf Jahren und acht Monaten (statt sechs Jahre und vier Monate) Gefängnis verurteilt. Für Nedzije A. hatte Franziska Hipp zwei Jahre Haft gefordert. Gegen sie verhängte das Gericht ein Jahr und zehn Monate – auf Bewährung.
Richter Kalkschmid gab den Verurteilten noch mit auf den Weg, dass sie mit dem Gerichtsstandort Tübingen Glück hatten: »Wäre der Fall am Landgericht Augsburg verhandelt worden, kämen möglicherweise noch zwei Jahre drauf.« (GEA)
Im Gerichtssaal
Vorsitzender Richter: Christoph Kalkschmid. Richter am Landgericht: Stefan Pfaff. Schöffen: Bernd Krebs und Yüksel Erdogan. Staatsanwältin: Franziska Hipp. Verteidiger: Fozia Hamida-Bhatti, Christian Niederhöfer und Benjamin Chiumento. Übersetzerin: Romina Lais.