TÜBINGEN. Inhaber suchen Nachfolger. Filialisten geben den Standort Tübingen auf. Autofahrer suchen nach Parkplätzen in engen Gassen - statt die Parkhäuser anzufahren. Gastronomen hätten gern mehr Spielraum. Im Rathaus hat man nun einen neuen Rahmenplan erarbeitet, der noch in dieser Woche den Gremien vorgelegt wird. Was Verbesserungen verspricht und schnell realisiert werden kann, soll baldmöglichst umgesetzt werden.
Ein Bündel an Maßnahmen betrifft den Verkehr und ist sehr konkret. Die Fußgängerzone soll deutlich vergrößert werden (wir berichteten). Bisher gibt's noch kein zusammenhängendes Netz. Das wird nun geknüpft, sodass Fußgänger seltener auf enge Gehwege ausweichen müssen, wie Daniel Hammer erläutert. In Sachen Gastronomie hat man schon vor wenigen Wochen festgelegt, was künftig gilt und was nicht (wir berichteten).
135 Millionen Euro Umsatz durch Tourismus
Am Donnerstag wollen Baubürgermeister Cord Soehlke und die Fachabteilungen im Gemeinderat den neuen Rahmenplan zur Diskussion stellen, der auch mithilfe von vielen Workshops und Infotreffen erarbeitet wurde. Amtsleiterin Barbara Landwehr und ihre Kollegen haben das Augenmerk gelegt auf alles, was für eine attraktive Altstadt nötig ist. Dabei geht's um Wohnen, Gastronomie und Gewerbe, Lieferverkehr, aber auch Tourismus und Kultur. Genutzt hat Tübingen auch Mittel aus dem Bundesprogramm »Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren«. Landwehr könnte sich vorstellen, dass man zu einem späteren Zeitpunkt Städtebauförderung beantragt.
Tourismus spielt eine große Rolle für die Unistadt, wie Thorsten Flink von der Wirtschaftsförderung hervorhebt. Der Bruttoumsatz durch Besucher im Jahr wird auf rund 135 Millionen Euro beziffert. Klar, dass man den Gästen auch weiterhin einiges bieten will. Flink weiß auch, dass leerstehende Läden keine gute Werbung sind und zudem das Angebot für alle, die in der Altstadt wohnen oder arbeiten empfindlich schmälern. Corona hat den Branchen schwer zugesetzt.
Steckbriefe zur Beurteilung der Lage
20 Ladengeschäfte stehen derzeit leer - könnten aber relativ schnell wieder genutzt werden, wenn sich dafür entsprechende Interessenten finden. Bei einigen weiteren sind die Probleme gravierender, dort sind zum Teil größere Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erforderlich. Mit Steckbriefen für die einzelnen Objekte hat man sich ein gutes Bild verschafft.
Bei den vielen Gesprächen hat Landwehr festgestellt, dass Bewohner und Händler den Eindruck haben, Tübingen vernachlässige seine Altstadt und tue nicht genug für ein attraktives Erscheinungsbild. »Ihr macht tolle Sachen, aber ihr pflegt die Altstadt nicht«, ist ihr als Vorwurf mehrmals zu Ohren gekommen. Das soll sich ändern. Auch die Toilettenfrage hat man im Blick und die Sauberkeit der Gassen und Plätze.
Viele Ein-Personen-Haushalte
Mehr als 4.420 Menschen leben in der Tübinger Altstadt - also grob jeder zwanzigste Bewohner der Unistadt.
Die Fußgängerzone soll sich von derzeit 2,2 auf drei Kilometer Ausdehnung vergrößern.
72 Prozent der Haushalte sind Ein-Personen-Haushalte
88 Prozent sind Mietwohnungen, nur 12 Prozent sind eigen-genutzt
Die Fluktuation ist hoch. Zwei Drittel leben seit weniger als fünf Jahren in ihrer aktuellen Altstadtwohnung.
Die Zahl der Gastro-Betriebe ist gesunken. 1987 waren 59 Konzessionen vergeben , 2024 waren es 52. (-jk)
Auch Klimaschutz stärker berücksichtigt
Den Planern im Rathaus ist daran gelegen, viele Maßnahmen rasch umzusetzen. Was den Verkehr und die Vergrößerung der Fußgängerzone betrifft, brauche man etwa ein Jahr Vorbreitungszeit, heißt es. Einiges wurde auch schon auf den Weg gebracht, wie Baubürgermeister Soehlke hervorhebt. Vor dem Tübinger Schloss startet bald wieder die das mobile Schlosscafé. Auch beim City-Management sei vieles weit gediehen.
Aber nicht nur die genannten Punkte bei Verkehr, Gastro, Handel und Tourismus spielen in den Überlegungen eine wichtige Rolle. Auch der Klimaschutz soll stärkere Bedeutung bekommen. Ursprünglich wollte die Unistadt ja bis 2030 klimaneutral werden. Dieses Ziel ist kaum mehr erreichbar. Aber im Altstadt-Rahmenplan sind unter anderem auch Begrünungen vorgesehen. (GEA)