TÜBINGEN. Almas Affe brauchte einen Verband: »Die Treppe runtergefallen«, sagte die Vierjährige mit Blick auf ihr Stofftier. Kein Problem: Am Samstag und am Sonntag hatte die Tübinger Teddyklinik offen. Im Ratssaal fand Alma schnell eine kompetente Ärztin, die den Stoffaffen fachgerecht behandelte. Natürlich erst, nachdem das Kuscheltier an einer anderen Station im Raum geröntgt worden war.
Der Ratssaal beherbergte gleich mehrere Praxen. Unter anderem die von Linda Mezger, angehende Zahnmedizinerin im dritten Semester. Da saß Alma nun vor einem Zahn aus Gips. Der hatte ein kleines Loch mit einem dunklen Punkt darin: Karies. »Das ist weich und klebrig und frisst sich in den Zahn«, erklärte Linda Mezger. Das entstehe, wenn man zu viele Süßigkeiten essen und sich nicht genügend die Zähne putze: »Dann geht man mit Schmerzen zum Zahnarzt.«
Karies wurde mit Knetmasse behandelt
Alma hatte gerade den Karies-Punkt aus Knetmasse ausgeschabt. Als Bohrwerkzeug diente ein dünner Stift der Sorte, den Kinder ohnehin in ihrer Knetwerkstatt gehabt haben. Das Loch verfüllte Alma nun mit weißer Knetmasse. »Jetzt müssen wir nur noch zur Apotheke«, sagte Almas Mutter Charlotte Peterka. »Wir waren so ziemlich an allen Stationen.«
Für Linda Mezger, deren Arbeitstag sich gerade zu Ende neigte, war es ein gelungener Test. Als Studentin im dritten Semester durfte sie bisher noch keinen Menschen behandeln. »Es hat Spaß gemacht, hier zu sein und zu sehen, wie man sich mit den Patienten und ihren Angehörigen einfühlt.« Genau so ging es Julia Reif, ebenfalls im dritten Semester und an diesem Tag beim EKG eingeteilt. Kinder halfen ihr, die vier Kabel anzuschließen, »dann mussten die Stofftiere still liegen.«
Studentinnen und Studenten schauten einander über die Schulter
Nun schaute Julia Reif mit völlig begeistertem Gesichtsausdruck beim Röntgen zu, das hier mithilfe eines Tablets vonstattenging. Ihre Begeisterung erklärte sie mit der Faszination, den Kolleginnen und Kollegen über die Schulter zu sehen: »Ich bin das erste Mal dabei. Es ist total interessant und inspirierend, bei den anderen Stationen vorbeizuschauen. Jeder hat eine andere Art.«
Sarah Thomsen und Julia Weber, mittlerweile erfahrene Teddy-Medizinerinnen, gehörten wieder zum Organisationsteam. Ein paar Umstellungen im Vergleich zum vergangenen Jahr gestalteten die Teddy-Klinik übersichtlicher. So waren die Diagnostik-Station und die Apotheke, wo Gummibärchen und Schokolade als Medizin bereitlagen, als nun außerhalb des Ratssaals untergebracht. »Dieses Jahr ist es weniger gedrängt. Man sieht die einzelnen Stationen besser«, sagte Julia Weber.
Studierende strickten und häkelten Organe
»Die OP-Station ist nach wie vor unser Highlight«, schwärmte Sarah Thomsen. Da könne man die besten Geschichten erzählen. Die Kinder bekamen OP-Kittel und Handschuhe an. Das fänden wiederum die Eltern faszinierend. Diese Station passierten die Besucher bereits mit dem Betreten des Rathauses, sie befand sich neben der Rezeption am Haupteingang. Hier wurden zwei Groß-Teddys, Doro und Pauli, immer wieder operiert und wieder zusammengeflickt. »Doro ist unser Organ-Teddy«, erklärte Sarah Thomsen. Sie selbst gehörte zu denjenigen, die Organe leer strickten und häkelten, um diese dann mit Doros vorigem Füllmaterial auszupolstern. So entstand unter anderem der vier Meter lange Darm.
Insgesamt kamen am Samstag und am Sonntag weniger Besucher in die Teddy-Klinik als vergangenes Jahr: »Das Wetter ist unser größter Konkurrent«, fasste Sarah Thomsen zusammen. (GEA)