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Aktuell Immobilien-Dialog

Welche Hotellerie passt zum Raum Reutlingen und Tübingen?

TÜBINGEN. Welche Hotellerie passt zum Wirtschaftsraum Reutlingen und Tübingen? Dieser Frage ging der Reutlinger Unternehmensberater für Hotellerie und Gastronomie, Uli Riedel, beim Heuer Immobilien-Dialog im Tübinger Rathaus nach. Die kurze Antwort: kommt darauf an. Was zunächst lapidar erscheinen mag, ist die zentrale Botschaft, die Riedel den kommunalen Akteuren und Vertretern der Immobilienwirtschaft ans Herz legt: Der Gast ist das Maß der Dinge.

Direkt an der Blauen Brücke: das neue Hotel in Tübingen.
Direkt an der Blauen Brücke: das neue Hotel in Tübingen. Foto: Gerlinde Trinkhaus
Direkt an der Blauen Brücke: das neue Hotel in Tübingen.
Foto: Gerlinde Trinkhaus
Riedel plädiert für einen differenzierten Blick und für einen Perspektivenwechsel. Statt wie bisher mit Beton erst einen Markt zu schaffen, hält er es für sinnhafter, den vorhandenen Markt mit maßgeschneiderten Angeboten zu bestücken, die sich weniger an städtebaulichen Prioritäten, sondern an den Wünschen, Erwartungen und Vorstellungen der Gäste ausrichten. Damit bewahre man sich davor, am existierenden Markt vorbei zu agieren. »Am Anfang aller Dinge steht der Gast«, so Riedels Losung. Dass dies nicht immer so ist, zeige der Umstand, dass in Reutlingen oder jetzt in Tübingen just die lautesten Grundstücke zu idealen Hotelstandorten erklärt worden seien: an der Stadthalle und an der Blauen Brücke.

Reutlingen tut sich schwer

Doch sei eine zentrale Lage nicht alles. Mit ausdifferenzierten Hotelkonzepten, einem passenden Preisgefüge und entsprechender Kundenansprache müssten Zielgruppen individuell abgeholt werden. Wer kommt warum und wie lange in die Stadt? Wie wird sie wahrgenommen? Welche Erwartungen knüpfen die Gäste an ihren Aufenthalt? »Das Hotelangebot hat sich danach zu richten.« Für Riedel die Voraussetzung, um schlummernde Potenziale heben zu können.

Dabei unterscheiden sich die Antworten im Fall von Tübingen und Reutlingen. Kann sich Riedel für die Unistadt ein internationales Hostel für junge und preisbewusste Gäste vorstellen, verengt sich der Horizont beim Blick auf Reutlingen. Gelte Tübingen als romantisch, als jung und dynamisch, seien die Gründe, nach Reutlingen zu reisen, oft geschäftlicher Natur. Aber mit einem Hotel allein für Geschäftsreisende werde es kaum möglich sein, die Hotelbelegung in der Stadt über die Zielmarke von 60 Prozent zu hieven. »Reutlingen tut sich schwer im Definieren und Anlocken zusätzlicher Übernachtungsgäste an den Wochenenden und in Ferienzeiten«, so Riedels Bestandsaufnahme.

Ein speziell konzipiertes Themenhotel, das mehr biete als Zimmer und die Erfüllung von Muss-Vorgaben, wäre die eine Möglichkeit, um neue Gäste anziehen zu können. Die andere: die Schaffung von Anreizen außerhalb der Hotelmauern. Hier sieht Riedel viel brachliegendes Potenzial. Das kulturelle Angebot in Reutlingen sei, im Gegensatz zu dem in Tübingen, eher lückenhaft. Spärliche Öffnungszeiten der Museen, fehlende Anbindungen zu den touristischen Highlights in der Region, der Mangel an publikumswirksamen Events: »Wir lassen das touristische Potenzial weitgehend liegen«, kritisierte er. Sein Appell an die Entscheidungsträger : »Machen Sie Ihre Städte attraktiv für neue Gäste. Veranstalten Sie mehr für sie und mit ihnen.« Dann, so verspricht er, kämen nicht nur neue Gäste, sondern auch Investoren und Betreiber. (GEA)

Hotelmarkt

Der Hotelmarkt ist in Bewegung. Vor allem in Großstädten zu beobachten ist der Trend zur Markenbindung. Hotelketten sind in der Region bislang nur vereinzelt vertreten. Dies und die zunehmenden Online-Vermittlung von Privatzimmern bereitet traditionellen Gasthäusern zunehmend Probleme. In Tübingen sind 30 Betriebe am Markt. Sie bieten zusammen 1 322 Betten. Bei rund 238 500 Übernachtungen lag die Auslastung im Jahr 2015 bei knapp 43 Prozent. In Reutlingen gibt es 14 Beherbergungsbetriebe mit insgesamt 1 029 Betten. Hier lag die Belegung im Jahr 2015 mit rund 193 800 Übernachtungen bei 41 Prozent. (siwag)