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Wegen Trump: Tübinger Zeithistoriker widerspricht Wolfgang Grupp

Bei Trump-Sieg: Zeithistoriker Georg Schild befürchtet eine Spaltung der SPD, Wolfgang Grupp rechnet mit kaum Auswirkungen auf Deutschland.

Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hebt die Faust am Ende s
Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hebt die Faust am Ende seiner Pressekonferenz. Foto: Alex Brandon/dpa
Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hebt die Faust am Ende seiner Pressekonferenz.
Foto: Alex Brandon/dpa

TÜBINGEN/BURLADINGEN. Macht es für Deutschland überhaupt einen Unterschied ob in den USA Donald Trump oder Kamala Harris die Präsidentschaftswahl gewinnt? Schließlich hat US-Präsident Joe Biden viele Trump-Entscheidungen wie die Schutzzölle nicht rückgängig gemacht. Der GEA befragte Experten, was eine Wahl von Donald Trump oder Kamala Harris für Deutschland bedeutet.

Georg Schild, Professor für nordamerikanische Zeitgeschichte an der Universität Tübingen, geht von einem großen Unterschied zwischen der Außenpolitik von Trump und Harris aus: »Bei Frau Harris wird sich die Neuausrichtung etwa in der Ukrainehilfe in Grenzen halten, weil sie im wesentlichen die Politik Joe Bidens fortschreiben wird. Das ist für Deutschland wesentlich berechenbarer.« Donald Trump habe dagegen »keine festen politischen Vorstellungen«, was seine Politik unberechenbar macht. Trump entscheide vieles impulsiv. »Donald Trump geht es nur um Donald Trump«, sagt Schild. Vieles, was Trump sage, sei »rational nicht mehr zu verstehen.« Momentan beschäftige Trump hauptsächlich, was mit ihm geschieht, wenn er die Wahl verliert, sagt Schild.

Georg Schild, Professor für Nordamerikanische Geschichte an der Universität Tübingen.
Georg Schild, Professor für Nordamerikanische Geschichte an der Universität Tübingen. Foto: Berthold Steinhilber
Georg Schild, Professor für Nordamerikanische Geschichte an der Universität Tübingen.
Foto: Berthold Steinhilber

Die Bundesregierung müsse sich bei einem Sieg Trumps auf alle möglichen Szenarien vorbereiten. »Die Sympathien, die Trump für Diktatoren wir Putin hat, sind besorgniserregend«, sagt Schild. Wenn Trump beispielsweise den Beistandsartikel des Nato-Vertrags in Frage stelle, dann steige die Kriegsgefahr in Europa. »Wenn Trump deutlich erklärt, dass er nicht gewillt ist, im Angriffsfall Beistand zu leisten, dann hat Deutschland ein Problem«, sagt Schild.

»Das kann für uns Fragen aufwerfen, bis hin zur nuklearen Bewaffnung Deutschlands, was wiederum die SPD in einen Mützenich-Flügel und einen Pistorius-Flügel spalten könnte«, wirft Schild Szenario auf. »Ich sage nicht, dass es so kommt, aber man muss den Extremfall bedenken«, schränkt der Zeitgeschichtler ein. Generell sei es so, dass die Kriegsgefahr steige, wenn der Feind schwach erscheine. »Putin hat die Ukraine angegriffen und nicht Polen. Das zeigt doch, dass er vor der Nato Respekt hat«, argumentiert Schild.

»Wenn Trump erklärt, dass er keinen Beistand leisten will, dann hat Deutschland ein Problem«

Wirtschaftlich sei es so, dass in den USA in beiden Parteien eine protektionistische Denkweise vorherrsche. »Traditionell sind eigentlich die Demokraten die Partei der Handelsbeschränkungen und der Einwanderungsbegrenzung« gibt Schild zu bedenken. »Die Biden-Administration wird nicht als besonders visionär in die Geschichte eingehen. Von Frau Harris ist da etwas mehr zu erwarten«, sagt Schild mit Blick auf die Diplomatie. Wenn Harris gewinne, glaube er nicht, dass der Trumpismus ohne Trump in den USA weiter bestehen könne. »Das ist so auf ihn zugeschnitten, ich glaube nicht, dass das ein anderer so weiterfahren könnte.«

Wie muss eine Bundesregierung mit Trump verhandeln, wenn sie etwa sein Bekenntnis zur Nato haben wolle. »Noch einmal Trump geht es nur um Trump. Man muss ihm klar machen, dass die Welt ihn jetzt braucht. Und man muss ihm den Friedensnobelpreis anbieten, weil er besessen davon ist«, sagt Schild. Hat sich Trump denn einen Friedensnobelpreis verdient? »Die haben ihn sogar Henry Kissinger gegeben. Da können sie ihn auch an Trump geben«, argumentiert Schild.

Was aber bedeutet ein Wahlsieg Trumps für die deutsche Wirtschaft? Die Ökonomin Sabine Stephan sieht in einer Studie deutliche Auswirkungen. Stephan leitet das Referat Außenhandel beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, das in einer Studie in drei Szenarien (Harris, Trump 1, und Trump 2) die Auswirkungen der US-Wahl auf die Wirtschaft untersucht hat. »Wo sich Republikaner und Demokraten ziemlich einig sind, ist in einer harten Haltung gegenüber China«, sagt Stephan. Biden habe zwar Trumps Strafzölle gegen China nicht zurückgenommen, aber die Strafzölle auf Stahl und Aluminium gegen die EU ausgesetzt, weil er auf ein gemeinsames Vorgehen mit der EU gegen China gesetzt habe. Diese Einigung laufe 2025 aus.

Wolfgang Grupp glaubt, dass Donald Trump gewinnt.
Wolfgang Grupp glaubt, dass Donald Trump gewinnt. Foto: Sautter/Trigema
Wolfgang Grupp glaubt, dass Donald Trump gewinnt.
Foto: Sautter/Trigema

Kamala Harris sei zwar auch »auch keine große Verfechterin des Freihandels«, die die WTO voranbringen werde, jedoch seien mit ihr aus deutscher Sicht eher Verständigungen möglich. In der IMK-Studie enthält das »Harris«-Szenario leichte Zollerhöhungen für Importe aus China und nur marginale Zollerhöhungen für Importe aus dem Rest der Welt. Das »Trump 1«-Szenario beinhaltet kräftige Erhöhungen der Zölle gegenüber China und Zollerhöhungen gegenüber dem Rest der Welt, die allerdings eher am unteren Rand seiner Ankündigungen liegen. Das »Trump 2«-Szenario enthält darüber hinaus kräftigere Zollerhöhungen gegenüber dem Rest der Welt und starke handelspolitische Reaktionen Chinas gegenüber den USA.

Stephans Fazit: »Die Zölle schaden dem Land am meisten, dass sie verhängt«. Die Simulationen in der Studie errechneten, dass alle drei Zollerhöhungspakete von Harris und Trump konjunkturdämpfend auf die US-Wirtschaft wirken. »Die Konsumentenpreise steigen und die Kaufkraft sinkt. Das wirkt sich negativ auf den Konsum aus, weshalb dann die Fed den Zins anhebt, was wiederum Investitionen bremst«, erklärt Stephan. »Es ist ein Märchen, dass Trump die Wirtschaft versteht«, folgert sie. Der Unterschied zwischen dem Harris-Szenario und den beiden Trump-Szenarien (das schlimmere mit den chinesischen Gegenmaßnahmen hält sie für wahrscheinlicher) sei, wie stark diese Effekte ausfallen. Stephan rechnet außerdem mit Handelsumlenkungseffekten. »China wird Waren, die sie in den USA nicht mehr loswerden in Europa verramschen«. Deutschland habe nur eine Möglichkeit sich auf Trump vorzubereiten, nämlich seine Investitionen im Inland in Bildung, Infrastruktur und Zukunftstechnologien zu verstärken.

»Trump kann auch nicht alles machen, was er jetzt angibt«

Allerdings sehen nicht alle Ökonomen eine Trump-Präsidentschaft so skeptisch wie Stephan: »Das wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird«, sagt Ex-Trigema-Chef und Firmenpatriarch Wolfgang Grupp im Interview mit der »Welt TV«. »Trump wird gewinnen und wir werden damit zurechtkommen müssen. Ich halte von Trump nicht so viel Negatives, wie es gesagt wird. Trump wird die Probleme lösen müssen und auch können.« Aber hat Grupp denn keine Angst vor Zöllen, die der Republikaner immer wieder ins Spiel bringt? »Trump kann auch nicht alles machen, was er jetzt angibt. Er muss auch schauen, dass seine Wirtschaft funktioniert und schauen, was China dann machen würde«. Grupp räumt allerdings ein, dass Trigema im Ernstfall selbst wenig betroffen wäre – der Export mache lediglich 5 Prozent aus.

Anders als Grupp befürchten 44 Prozent der deutschen Unternehmen in einer Befragung des Ifo-Instituts negative Wirtschaftseffekte bei einer Wahl Donald Trumps. Positive Effekte erhoffen sich 5 Prozent. 51 Prozent erwarten keinen Unterschied.

»Besonders Unternehmen mit engen Wirtschaftsverbindungen in die USA rechnen mit negativen Folgen bei einem Wahlsieg von Trump«, sagt Ifo-Experte Andreas Baur. »Allerdings befürchten auch viele Unternehmen ohne direkte Exportbeziehungen in die USA negative Auswirkungen, denn sie können zum Beispiel als Zulieferer trotzdem indirekt betroffen sein.«

»Demokraten und Republikaner sind sich einig in ihrer harten Haltung zu China«

Anpassungsmaßnahmen plant allerdings nur ein kleiner Anteil der rund 2.000 befragten Unternehmen. Lediglich 4 Prozent erwägen laut der Ifo-Umfrage zum Beispiel eine stärkere Verlagerung der Produktion in die USA oder eine Anpassung der Lieferketten. 83 Prozent haben nichts dergleichen vor, der Rest weiß es noch nicht. Die USA sind für die deutsche Industrie ein wichtiger Exportmarkt. Rund 40 Prozent der befragten Unternehmen bestätigten das für ihr eigenes Geschäft. In Bezug auf Importe aus den USA sagten dies nur 11 Prozent. (GEA)