KUSTERDINGEN. »Der Klimawandel ist derzeit die größte Aufgabe der Menschheit«, sagte Bürgermeister Jürgen Soltau am Mittwochabend bei der Einwohnerversammlung in Kusterdingen. Aktuell stehen unter anderem die Themen Sanierungsmanagement Kusterdingen Nord sowie eine Kommunale Wärmeplanung im Fokus. Besonders freue es ihn, dass Kusterdingen von Landesgeldern der Städtebauförderung mit einer Summe von 1,8 Millionen Euro für öffentliche und private Sanierungen profitiert.
In Kurzvorträgen wurden Möglichkeiten und Ideen den etwa 50 Bürgern, die am Mittwoch in die Turn- und Festhalle gekommen waren, vorgestellt. Helmut Bauer vom Umweltforschungsinstitut Tübingen fungiert als Koordinator und moderierte durch den Abend.
Das Sanierungsmanagement Kusterdingen Nord läuft seit vergangenem Jahr. Lasse Ohlsen vom Büro e-eff stellte vor, was bisher geschehen ist. »Wir wollen runter mit dem CO2. Der Schwerpunkt liegt auf der Gebäude- und Energieversorgung und der Mobilität«, sagte er. In diesem Jahr gab es mehrere Aktionen, zum Beispiel im Frühjahr einen Fahrradaktionstag in Kooperation mit der Agentur für Klimaschutz und einen Photovoltaik- und Wärmepumpen-Spaziergang zu energetisch vorbildlichen Häusern. Desweiteren sollen in den nächsten Jahren Zisternennutzung, Verschattungsmaßnahmen und Dach- und Fassadenbegrünungen verstärkt thematisiert werden.
»Gute Voraussetzungen« für ein Nahwärmenetz
Zu einem möglichen Nahwärmenetz beim Schulzentrum gab es mehrere Umfragen (der GEA berichtete). »550 Gebäude gibt es in diesem Gebiet. 93 Eigentümer haben Interesse gezeigt«, so Ohlsen. Die Dimensionen des Netzes und die Zahl der Abnehmer müssten noch genauer kalkuliert werden. »Für ein Nahwärmenetz haben wir hier gute Voraussetzungen«, sagte Soltau. »Mit dem Schulzentrum haben wir einen großen Energieverbraucher. Die Heizung der Astrid-Lindgren-Schule ist sowieso steinalt und muss ausgetauscht werden.«
Auch Gebäudesanierungen sind wichtig für den Klimaschutz. Martina Steireif von der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung, erörterte in ihrem Vortrag das städtebauliche Sanierungsprogramm. 1,8 Millionen Fördergelder würden bereitgestellt. In einem Fragebogen werden die Bewohner des Quartiers demnächst nach ihren Energiebedarfen und -zielen befragt. »Die Eigentümer müssten, wenn sie von der Förderung profitieren möchten, mit der Gemeinde einen Vertrag abschließen, nachdem sie die Kostenschätzung eingeholt haben. Je nachdem wie der Gemeinderat entscheidet, könnten Zuschüsse von zehn bis 30 Prozent möglich sein«, sagte Steigeisen. Innerhalb von acht bis zehn Jahren sollten dann die Sanierungen abgeschlossen sein.
Die Stadtwerke Tübingen erstellen derzeit eine kommunale Wärmeplanung für ganz Kusterdingen. Es wird ermittelt, inwiefern Wärmequellen aus welchen Energieträgern, zum Beispiel Geo- oder Solarthermie, sich eignen könnten, und wie genau die Wärmebedarfe aussehen. »Bis ein Wärmenetz an den Start gehen kann, dauert es etwa fünf Jahre. Nicht in jedem Gebiet wird es denkbar sein. Es wird vermutlich auch Straßen geben, wo die Anschlussdichte zu niedrig ist«, sagte Daniel Rudolph und fügte hinzu: »Es gibt keine Pflicht sich an einem Nahwärmenetz zu beteiligen.«
Nicht nur »aus Alt Neu machen«
Felix Schneider stellte die Agentur für Klimaschutz Kreis Tübingen vor. »Wir wollen einen Kompass im Dschungel der Fördermittel bieten. Es geht nicht darum, aus Alt Neu zu machen, sondern darum, die Ursache für Symptome zu finden, etwa warum es im Haus ein Schimmelproblem gibt«, gab er zu bedenken.
Auch zwei Kusterdinger Arbeitsgruppen stellten sich vor. Die »Nahwärme Kusterdingen« setzt sich für eine Großheizung beim Schulzentrum ein. »Das funktioniert nur, wenn genügend mitmachen«, sagte Manfred Wießner. Gebäude bis zu einem Kilometer im Umkreis des Schulzentrums könnten beheizt werden. Private Hausbesitzer und Gewerbetreibende sind gefragt. »Eine Gemeinschaftsheizung ist günstiger als viele Einzelheizungen. Wir würden gerne eine Genossenschaft gründen, bei der wir mitbestimmen können. Wir möchten nur Rücklagen und keine Gewinne erwirtschaften.«
Seit 2021 ist die Agendagruppe »Klimaschutz Härten« aktiv. Das Themenspektrum reicht von Informationen zum Thema Energie, über Mobilität bis hin zu einer klimafreundlichen Lebensführung. Sprecher Josef Göppert zeigte in seiner Präsentation, was die Gruppe bisher erreicht hat und welche Themen sie voranbringen möchte, etwa eine Bürger App, auf der sich unter anderem Vereine und Interessengruppen präsentieren können. (GEA)