KUSTERDINGEN. Einsamkeit ist ein großes Thema im Alter. Wenn man das Haus nicht mehr so einfach verlassen kann, ist der Radius und der Kontakt zu anderen Menschen beschränkt. Der Förderverein Diakonie Härten möchte mit dem Projekt Seniorenpaten etwas dagegen tun. Ein ehrenamtlicher Pate besucht den Senior zwei bis vier Mal im Monat für etwa zwei Stunden, um zu reden, Kaffee zu trinken, oder um spazieren zu gehen. »Es geht darum, Zeit zu schenken«, bringt die Koordinatorin Gisela Weber die Idee dahinter auf den Punkt. Sie stellte vor kurzem das Projekt im Katholischen Gemeindezentrum St. Stephanus in Kusterdingen vor.
Leider gebe es noch Startschwierigkeiten. »Innerhalb von einem Jahr ist in Kusterdingen nur eine Patenschaft zusammengekommen«, sagte Weber. Es habe oft schlichtweg nicht gepasst. »Da wählen wir sorgfältig aus.« Viele interessierten Senioren hätten eher nach haushaltsnahen oder pflegerischen Dienstleistungen gesucht. Darum geht es aber nicht. »Es soll wie ein Besuch der Nachbarin sein. Es geht nicht um Dienstleistungen wie Einkaufen, eine Begleitung zu Arztbesuchen oder Putzen.«
Die Patenschaft soll beiden etwas bringen. »Wir berücksichtigen genauso die Wünsche des Patens. Er oder sie soll das Gefühl haben, das 'Sahnehäubchen' zu sein«, so die ehemalige Pflegedienstleiterin. Allein gelassen werde der Pate nicht. Unter anderem gibt es Fortbildungen und gemeinsame Treffen.
Ein Ehrenamt mit viel Freiraum
Der Besuchsdienst Seniorenpaten in Betzingen, Degerschlacht, Sickenhausen und Rommelsbach ist mittlerweile schon etabliert. Sabine Lehmkühler koordiniert den Besuchsdienst seit 14 Jahren. Es sei »ganz normal«, dass ein Projekt dieser Art Zeit brauche, um in Schwung zu kommen. »Wir haben Paten im Alter von 28 bis Ende 70. Fast alle sind Frauen. Derzeit gibt es 39 Paten.« Gerade für frische Senioren würde sich eine Patenschaft eignen. »Diese schätzen die Freiheit, keine Termine mehr zu haben. Sie können dieses Ehrenamt frei gestalten«, sagte Lehmkühler. Die Senioren sollten die Patenschaft auch wirklich selber wollen, gab sie zu bedenken. »Die Kinder sollen nicht für ihre Eltern darüber entscheiden, ob für diese ein Pate gut werden. Es ist wichtig, dass sich die Ehrenamtlichen Willkommen wissen.«
Zwei Seniorenpatinnen stellten ihr Engagement den möglichen zukünftigen Paten vor. »Es ist ein Nehmen und Geben«, sagte Sabine Schmid. Seit mehreren Jahren kümmert sie sich um einen 97-jährigen Mann. »Es ist wichtig für uns beide. Es ist eine richtige Freundschaft entstanden.«
Eine gegenseitige Bereicherung
Auch Brigitte Heizmann empfindet die Patenschaft als Bereicherung. Die Senioren hätten sehr viel erlebt. »Sie haben auch andere Perspektiven. Wir diskutieren auch oft über verschiedene Themen. Von Gleichberechtigung bis zu Flüchtlingen«, sagte die Betzingerin. »Wir bringen ihnen Leben in die Bude.« Sie mache beispielsweise während ihrer Urlaube viele Fotos, um ihren Senior beim nächsten Besuch »mit auf die Reise« zu nehmen.
Was ist, wenn sich die Gesundheit verschlechtert? Wie soll man damit umgehen? Ein interessierter Pate war sich nicht sicher, ob er dem ohne eine Ausbildung gerecht werden könnte. Hier sei es wichtig, die eigenen Grenzen zu respektieren, um eine gute Nähe-Distanz zu finden, hob Lehmkühler hervor. »Es muss für beide passen.« Die Patenschaft sollte im Idealfall »bis zum Tod dauern«. (GEA)
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