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Viele Brunnen im Schönbuch, aber kein Trinkwasser

Mindestens 37 Brunnen sprudeln im Naturpark Schönbuch. Besucher sollten allerdings ihre Finger davon lassen: Keiner der Brunnen spendet das kühlende Nass in Trinkwasserqualität.

Auch das Wasser, das aus dem »Häfner-Brunnen« sprudelt, sollte man besser nicht trinken.
Auch das Wasser, das aus dem »Häfner-Brunnen« sprudelt, sollte man besser nicht trinken. Foto: Ralf Rittgeroth
Auch das Wasser, das aus dem »Häfner-Brunnen« sprudelt, sollte man besser nicht trinken.
Foto: Ralf Rittgeroth

TÜBINGEN/KIRCHENTELLINSFURT. Es ist eine erfrischende Vorstellung, auf einer langen Wanderung unterwegs durch den Schönbuch aus einem der vielen Brunnen am Wegesrand zu trinken. Aber daraus wird wohl nichts. »Alle Wässer waren mikrobiologisch zu beanstanden«, sagt Wasserchemiker Walter Jäger. Dieses Ergebnis hat den Professor so enttäuscht, dass beinahe aus seinem Vorhaben, ein Buch über die Schönbuch-Brunnen zu schreiben, nichts wurde. »Da war ich drauf und dran, meine Arbeit einzustellen.« Er hat es nicht getan. Der kleine informative Band »Brunnen im Naturpark Schönbuch« ist nun erschienen und wurde im Beisein des baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Peter Hauk im Kloster Bebenhausen vorgestellt. Das Buch enthält alles, was man über die Wasserqualität der Schönbuchbrunnen wissen muss.

Insgesamt 37 Brunnen gibt es in dem großen Naturpark zwischen Böblingen, Aichtal, Reutlingen/Tübingen und Herrenberg. Manche liegen versteckt im Wald, einige haben den Charakter von Denkmälern. Sie waren Pferdetränken für Förster und Waldarbeiter. Das Königsbrünnele diente zur Wasserversorgung der königlichen Jagdhütte.

Wasserchemiker und Wanderer

Jäger hat sie alle untersucht. Die Idee dazu ist bei ihm in vielen Spaziergängen durch den Schönbuch gereift. Schließlich war sein früherer beruflicher Schwerpunkt, die Trinkwasserqualität von Wasserversorgungen in rund 450 Städten und Gemeinden zu untersuchen. Kein Wunder also, dass es für den Wasserchemiker und Wanderer nahe lag, nach der Qualität des Brunnenwassers zu schauen. Um einige der abgeschiedenen und schwer zugänglichen Brunnen zu finden, vertraute er dem Förster. Und so machte er sich zusammen mit Götz Graf von Bülow auf den Weg. Bülow lieferte auch die Fotos zum Buch.

Von jedem Brunnen entnahm Jäger an drei verschiedenen Tagen Proben. Vor Ort überprüfte er die Temperatur, die Leitfähigkeit, PH-Gehalt und Sauerstoffgehalt des Wassers. Anschließend wurden die Probenflaschen gekühlt ins Labor transportiert. Das Ergebnis war niederschmetternd. Nirgendwo fand der Chemiker Wasser in trinkbarer Qualität.

Jäger erklärt das mit den besonderen Bedingungen der Brunnen: »Alles Getier in Flur, Wald und Feld« könne sich ungeschützt rund um die Uhr »zum Brunnen bewegen oder noch besser im Brunnenumfeld bevorzugt aufhalten und vermehren«. Dazu komme langsam fließendes Wasser, maroder Bauzustand und eingewachsene Wurzeln. All das trägt zu einem mikrobiologisch schlechten Zustand des Brunnenwassers bei. Für Ausflügler heißt das also: lieber zur eigenen Wasserflasche greifen.

Vier Brunnen mit sehr weichem Wasser

So weit, so schlecht. Das ist aber längst nicht alles, was der Wasserchemiker gefunden hat. Aus vier der untersuchten Brunnen fließt sehr weiches Wasser. Der Kapellenbrunnen erreicht dabei einen Weichheitsgrad wie er nur noch von der Hansjakobquelle in Bad Rippoldsau im Schwarzwald übertroffen wird. Und das ist für Jäger durchaus eine Sensation. Erklärt werden könne das mit dem geologischen Umfeld der Brunnen, dem Rhätsandstein, die obere Schicht des Keupers. Der Keuper ist auch der Grund, weshalb an vielen Stellen im Schönbuch immer wieder Wasser steht. Keupergestein ist tonhaltig und damit wasserabweisend, das heißt das Wasser kann nicht versickern.

Wer also tief in die Brunnen blickt, fördert nicht nur Wasserqualität zu Tage, sondern auch ein Wissen über die geologischen Besonderheiten des Schönbuchs. Es ist eine Reise in die Erdzeitgeschichte als Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper aus dem Urmeer abgelagert wurden. Über 200 Millionen Jahre ist das her. Aber bis heute bestimmt das die Wasserqualität der Brunnen im Schönbuch. (GEA)