KIRCHENTELLINSFURT. Rund 5.300 Fahrzeuge sind im Schnitt täglich auf dem Südring in Kirchentellinsfurt unterwegs. Der Lärm, der dabei entsteht, ist vor allem nachts ein Problem. Für 47 Anwohner liegt er über dem Grenzwert von 55 Dezibel in den Nachtstunden und damit im gesundheitskritischen Bereich. Damit bestehe dringender Handlungsbedarf, sagt Ingenieur Sebastian Gerner vom Büro Heine und Jud. Reduziert man die Geschwindigkeit auf Tempo 50, sind nur noch fünf Bewohner nachts zu starkem Lärm ausgesetzt. Tagsüber wird bei einer Temporeduzierung der Grenzwert von 65 Dezibel nicht mehr erreicht.
Der Ingenieur hat auch berechnet, wie groß der Effekt bei Tempo 60 wäre. Das Ergebnis ist eindeutig: Weder tagsüber noch nachts wird damit der Lärm um über zwei Dezibel gemindert. Das ist erst bei Tempo 50 der Fall. Dann allerdings ist der Effekt deutlich: Der Pegel ist um 3,2 Dezibel niedriger.
Nachteilige Effekte für den Verkehr sind nicht zu erwarten. Schließlich sei die Straße keine überregionale Verbindung, sagt der Ingenieur. Da es keine sinnvollen Alternativstrecken gibt, werde es auch keinen Verdrängungseffekt geben. Für den öffentlichen Nahverkehr verlängern sich die Fahrzeiten lediglich um 20 Sekunden. Der Fahrplan muss also nicht verändert werden. Fußgänger und Radfahrer können sich dagegen über mehr Sicherheit freuen. Auch die Luft wird sich aufgrund des geringeren Schadstoffausstoßes verbessern.
»Brauchen wir immer einen Lärmaktionsplan für eigene gute Entscheidungen? - Ruth Setzler«
Die Kirchentellinsfurter Gemeinderäte nahmen das Ergebnis erfreut zur Kenntnis: »Ich finde es gut, dass wir ein Argument für Tempo 50 haben«, sagte Ruth Setzler (GAL). Jeder im Gremium sei sicher schon auf das kleine Stück am Südring angesprochen worden, auf dem mit 70 Kilometer pro Stunde gefahren werden darf. »Brauchen wir immer einen Lärmaktionsplan für eigene gute Entscheidungen?«, fragte die GAL-Rätin in die Runde. Ganz ähnlich sah das Peter Beckert (CDU). »Das ist schon ein großer Aufwand für ein Ergebnis, auf das man auch alleine gekommen wäre.«
Eva Kowalewski (GAL) war erstaunt darüber, dass bei der Entscheidung zur Temporeduzierung 50 allein der Lärm eine Rolle gespielt hat. Tempolimits werden auch aus Sicherheitsgründen eingeführt, erklärte Bürgermeister Bernd Haug, allerdings nicht im Rahmen des Lärmaktionsplans. Seiner Ansicht nach reagiere die Straßenverkehrsbehörde aber eher schwerfällig. »Es heißt oft, das ist für uns kein Unfallschwerpunkt. Man wird erst aktiv, wenn etwas Schlimmes passiert.«
»Man wird erst aktiv, wenn etwas Schlimmes passiert - Bürgermeister Bernd Haug«
Insgesamt hat sich das Verkehrsaufkommen auf den großen Straßen rund um Kirchentellinsfurt nur wenig verändert. Allerdings stieg die Zahl der Bewohner, die von Lärm belastet sind, deutlich an. Waren es im Jahr 2020 noch 91, so sind es nun 328 Einwohner. Das habe allerdings nichts mit einer veränderten Siedlungsstruktur zu tun. Auch seien die Autos nicht lauter geworden, sagte der Ingenieur. Geändert hat sich rein die Berechnungsgrundlage. Jetzt werden europaweite Rechenmethoden angewandt. Anders sieht es beim Südring aus. Dabei handelt es sich um eine Straße auf der weniger als 8.000 Fahrzeuge im Schnitt fahren. Hier gilt nationales Recht mit den entsprechenden Rechenmethoden. Verstehen müsse man das nicht, sagt Ortsbaumeister Martin Lack. Nur hinnehmen.
Der Entwurf des Lärmaktionsplanes wird nun öffentlich sechs Wochen lang ausgelegt. Bürger und Behörden können in dieser Zeit Einwände gegen den Entwurf vorbringen. Anschließend wird der Plan entsprechend angepasst. Ortsbaumeister Lack will ihn dann noch vor der Sommerpause wieder ins Gremium bringen. (GEA)