TÜBINGEN. Unter dem Motto »music unites« (Musik verbindet) versammelten sich rund 250 Menschen in der Glashalle des Landratsamts, um das erste Projekt der Partnerschaft zwischen dem Landkreis Tübingen und dem nordisraelischen Kreis Hof HaCarmel zu begutachten. Im September vergangenen Jahres schlossen Landrat Joachim Walter und der israelische Ratsvorsitzende Asif Izak den Bund zwischen den zwei Regionen - nun besuchten 24 Schüler, ihre Lehrkräfte und ein Dirigent aus dem Internat Kfar Galim das Tübinger Wildermuth Gymnasium für einen gemeinsamen musikalischen Auftritt.
Eine Woche verbrachten die Tübinger und israelischen Jugendlichen zusammen in den Klassenzimmern und Proberäumen. Der Auftritt war »das Ende einer ganz besonderen Woche«, erzählte Schulleiterin Anne Gaißer sichtlich gerührt. Ihre Gäste wären direkt zu einem Teil des Gymnasiums geworden und »wir werden euch sehr vermissen.« Die »mutigen und wundervollen« Kinder aus Hof HaCarmel »haben in einer Situation, die wir Erwachsenen für Jahrzehnte schlecht gehandhabt haben, den weiten Weg zu Fremden auf sich gemacht und uns mit Respekt und Zuneigung behandelt«, so Gaißer weiter. Qualitäten, die die Welt gerade brauche.
Musik soll Menschen zusammenbringen
Tübinger Landrat Joachim Walter erinnerte in seiner Rede an die Opfer der Hammas-Attacke am 07. Oktober 2023 und warnte vor dem »steigenden Antisemitismus in unserer Zeit.« In Deutschland hätten die meisten Menschen ein falsches Bild von Israel, das nur mit gegenseitigem Austausch verändert werden kann. Musik als »gemeinsame Sprache der Menschheit« könne die unterschiedlichsten Leute zusammenbringen und wäre dadurch gerade heute umso wichtiger. Der Krieg in Israel ist international umstritten. Vorwürfe wie beidseitige Kriegsverbrechen und die hohe Zahl an zivilen Opfern wurden im Rahmen der Veranstaltung nicht thematisiert.
Asif Izak teilte seine tragische Familiengeschichte, in der seine Großväter all ihre Geschwister und Kinder im Holocaust verloren und auch nach der Flucht nach Südamerika weiter verfolgt wurden. »Nach 80 Jahren fühlen wir uns in diesem Krieg wieder wie damals«, erzählte der Ratsvorsitzende. Doch die Kinder beider Schulen gemeinsam zu sehen, gäbe ihm Hoffnung für bessere Tage. Auch die Eltern und Gastfamilien, bei denen die jungen Musiker aus Kfar Galim in der vergangenen Woche lebten, bekamen von Izak besonders Zuspruch: »Es gab so viel zu essen, ich weiß gar nicht, ob die Kinder überhaupt noch spielen können.«
Schüler zeigen sich dankbar
Das 82-Kopf große Orchester bewies ihm mit einem Mix aus Klassik, Filmmusik aus »Forrest Gump« und mehreren hebräischen Liedern, die vor allem mit einer Live-Gesangseinlage für ein laut applaudierendes Publikum sorgten, schnell das Gegenteil. »Wir sind dankbar, unsere Leidenschaft für Musik teilen zu können und so viel über andere Kulturen gelernt zu haben«, sagten die Musiker beider Schulen zum Abschluss der Veranstaltung. Dann ging es für die jungen Israelis zurück nach Hof HaCarmel. Den Menschen des Wildermuth Gymnasiums werden sie noch lange in Erinnerung bleiben. (GEA)