TÜBINGEN. Am Freitag, 15. November, dreht sich im Tübinger Neckawa alles um Algorithmen und Künstliche Intelligenz. Zehn Schülerinnen und Schüler präsentieren der Jury des Bundeswettbewerbs Künstliche Intelligenz (BWKI) ihre Projekte, die die Zukunft verändern sollen. Einer der Finalisten für den Hauptpreis ist der Tübinger Tillmann Lang mit seinem »Plant Growth Optimiser«. Dieser soll das Pflanzenwachstum basierend auf KI-Prognosen effizienter machen. »Der Algorithmus hilft, das Wasser im richtigen Moment zum Einsatz zu bringen. Dann verdunstet es nicht und man spart Ressourcen«, erzählt der 18-Jährige. Das Hauptziel seines Projekts ist es, den Anbau in Trockenregionen zu ermöglichen.
Vor drei Jahren begann Lang gemeinsam mit einem Mitschüler die Entwicklung. Als sie immer mehr Berichte zu Trockenheit und Wasserknappheit lasen, wollten die zwei Schüler des Carlo-Schmid-Gymnasiums etwas an der Notlage ändern. Dabei mussten sie feststellen, dass es noch kaum Datensätze zur Vegetation von Pflanzen gibt. »Wir haben dann selbst Kresse in einer Box angebaut, um die Daten zu sammeln«, berichtet Lang, der das Projekt inzwischen alleine führt.
Zur Datensammlung benötigt er seine selbstgebaute Platine. Sie enthält die Hardware, die etwa die Luft- und Bodenfeuchtigkeit messen und verarbeiten kann. Die Zahlen werden dann ausgewertet und in einer Datenbank gesammelt. »Das kann alles passiv stattfinden«, so der Tübinger. »Die Sensoren können einfach an den Traktor befestigt werden.« Also ganz unkompliziert für die Landwirte - und laut dem Entwickler auch nachhaltig: »Das Projekt braucht kaum Strom und kann auch mit einem Akku betrieben werden.«
»Ich durfte nicht so oft an den PC und wollte einfach wissen, wie das alles funktioniert. - Tillmann Lang«
Das Wissen über Pflanzen und deren Wachstum hat sich Tillmann Lang für sein KI-Projekt selbst angeeignet. »Ich bin kein Hobby-Gärtner, aber die Prozesse mathematisch beschrieben zu sehen, ist einfach spannend«, sagt er. Mit neun Jahren begann er zu programmieren. Das Interesse an Computern kam auch durch die Einschränkungen seiner Eltern: »Ich durfte nicht so oft an den PC und wollte einfach wissen, wie das alles funktioniert.« Als seine Eltern, ein Lehrer und eine Grafikdesignerin, dann Langs Leidenschaft für das Programmieren erkannten, legten sie ihm keine Steine in den Weg und erlaubten ihm, »das zu machen, was ich will. Solange ich mich nicht übernehme oder jemanden gefährde.« Die Arbeit mit Künstlicher Intelligenz hat der 18-Jährige sich mit Youtube-Videos und Blogbeiträgen selbst beigebracht.
»Du belastest dich die ganze Zeit mit Problemen und bekommst immer gesagt, was zu tun ist. - Tillmann Lang«
»Ich wollte schon immer etwas Eigenes machen«, erzählt der Tübinger. Eine seiner ersten Erfindungen war ein sprachgesteuerter Wasserhahn. Aus seinem Hobby entstanden dann die ersten Zukunftspläne und mit nur 14 Jahren gründete er das Softwareunternehmen TFLIT. Ganz schön viel zu tun, könnte man meinen, doch »während der Schulzeit hat das alles ganz gut geklappt.« Inzwischen studiert Lang Informatik an der Technischen Universität München (TUM) und merkt, dass das Arbeitspensum immer weiter steigt. Die Projekte können »sehr viel sein und es ist auch psychisch nicht gesund, wenn man sich so übernimmt. Du belastest dich die ganze Zeit mit Problemen und bekommst immer gesagt, was zu tun ist.« Erste Erfahrungen von Antriebslosigkeit und Überarbeitung habe er schon hinter sich und gelernt, »wie wichtig es ist, Pausen zu machen.« In Tübingen war der Zirkus ein Ausgleichsort, der ihm aktuell in München noch fehlt. »Sonst gehe ich noch gerne raus in die Natur«, erklärt der Student.
In Zukunft möchte er in seinem Unternehmen eine operative Rolle einnehmen, um mehr Zeit für weitere Ideen und die Universität zu haben. Unterstützung hierfür bekommt er auch von der TUM, die sich dazu bereit erklärte, das Projekt zu fördern. Lang erhofft sich dadurch auch erste Kontakte zu Landwirten im Ausland, vor allem in trockenen Regionen, denn »es ist wichtig, dass wir da etwas verändern. Gerade in Zeiten des Klimawandels.« Außerdem wäre es ihm lieb, wenn das Projekt in einem kleineren finanziellen Rahmen weitergeführt wird, »sonst klingt das alles so kommerziell und darum geht es ja nicht.« Sein Ziel sei es nicht unbedingt, die Welt zu verändern: »Das hört sich an, wie ein zu großer Traum. Aber ich will Probleme behandeln, die alle Menschen beschäftigen.« (GEA)