Logo
Aktuell Justiz

Tübinger Staatsanwaltschaft: Zahl der Gewaltdelikte ist gestiegen

Staatsanwaltschaft Tübingen legt Jahresbilanz für 2024 vor – Konstant hohe Verfahrenszahlen mit fast 60.000. Sie ist zuständig für die Landkreise Tübingen, Reutlingen und Calw.

Sie legten die Bilanz der Verfahrenszahlen im Jahr 2024 vor, Dr. Thomas Trück (links) und Nicolaus Wegele von der Staatsanwaltsc
Sie legten die Bilanz der Verfahrenszahlen im Jahr 2024 vor, Dr. Thomas Trück (links) und Nicolaus Wegele von der Staatsanwaltschaft Tübingen. Foto: Norbert Leister
Sie legten die Bilanz der Verfahrenszahlen im Jahr 2024 vor, Dr. Thomas Trück (links) und Nicolaus Wegele von der Staatsanwaltschaft Tübingen.
Foto: Norbert Leister

TÜBINGEN. Einen leichten Rückgang von 1.541 Verfahren im Vergleich zum Vorjahr hat die Staatsanwaltschaft Tübingen jetzt in einer Bilanz verzeichnet. Die Zahl aller Verfahren (58.228) blieb damit »auf weiterhin sehr hohem Niveau«, wie Dr. Thomas Trück als ständiger Vertreter des Behördenleiters betonte. Das Bewerbungsverfahren für die Stelle des Leitenden Staatsanwalts laufe noch, der bisherige Chef, Matthias Grundke, habe sich ans Landgericht nach Ulm verabschiedet.

Doch zurück zu den Zahlen: Fast 60.000 Verfahren seien im vergangenen Jahr von den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten für die Landkreise Calw, Tübingen und Reutlingen bearbeitet worden. Trotz zu wenig Personals liege die Dauer der Erledigung bei einem »konstant guten Wert« von 37,53 Tagen – im Vergleich dazu würden im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart die Verfahren innerhalb von 54,12 Tagen erledigt.

Viel Wissen braucht die Staatsanwaltschaft Tübingen bei all den fast 60.000 Verfahren, die im vergangenen Jahr bearbeitet werden
Viel Wissen braucht die Staatsanwaltschaft Tübingen bei all den fast 60.000 Verfahren, die im vergangenen Jahr bearbeitet werden mussten. Foto: Norbert Leister
Viel Wissen braucht die Staatsanwaltschaft Tübingen bei all den fast 60.000 Verfahren, die im vergangenen Jahr bearbeitet werden mussten.
Foto: Norbert Leister

Besorgniserregend sei laut Trück jedoch der Anstieg der vorsätzlichen Körperverletzungsdelikte bei der Staatsanwaltschaft Tübingen – und zwar auf ein Zehnjahreshoch von 3.132 Fällen (Vorjahr: 2.910). Noch bedenklicher sei der Anstieg bei Jugendlichen und Heranwachsenden: 2024 waren es 1.064 Verfahren, 2023 rund 870 Körperverletzungsfälle. Verfahren wegen Diebstahl und Unterschlagung sanken ganz leicht um 26 Fälle auf 3.433. Sexualdelikte waren es 2024 rund 320, gestiegen um 16 Fälle im Vorjahr, allerdings 36 weniger als 2023.

15 Fälle mehr von Geldwäsche

Bei der Verbreitung von pornografischen Schriften wurde nach den Worten von Pressesprecher Nicolaus Wegele erneut ein recht hoher Wert von 435 Fällen bearbeitet, 2015 waren es 65, 2021 hingegen 644, im Jahr 2023 rund 610. Beim Widerstand gegen Polizeibeamte lag der Wert bei 243, 43 Fälle weniger als im Vorjahr. Aber: Im Jahr 2014 waren es gerade mal 32 Fälle.

Geldwäsche beschäftigte die Tübinger Staatsanwälte im Vergleich zu 2023 zwar »nur« um 15 Fälle mehr – mit 1.112 Verfahren ist aber ein stetiger und drastischer Anstieg innerhalb der letzten zehn Jahre zu verzeichnen. 2014 gab es gerade mal knapp 240 »Geldwäschereien«. »Die Ermittlungen sind oft mit großen Problemen verbunden, weil Gelder auf ausländische Konten lagern. Wenn die Staatsanwaltschaft anfragt, gibt es Ergebnisse erst mit großer Zeitverzögerung«, so Thomas Trück.

Zu Verkehrsstraftaten wurden im vergangenen Jahr 5.189 Verfahren eingeleitet, was einen Rückgang um 44 bedeute. Aber: Die Zahl der Vergehen wie Trunkenheit im Verkehr oder Fahren ohne Fahrerlaubnis liege auf stabil hohem Niveau, wie Wegele ausführte. Die Zahl der Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz gingen stetig von 2020 (3.349 Fälle) auf 1.139 Fälle in 2024 zurück.

Das hänge natürlich mit dem Cannabisgesetz zusammen, erleichtert worden sei die Ermittlungen wegen Drogenhandel mit der »Legalisierung von Cannabis« nicht unbedingt: Der Schwarzmarkt sei alles andere als ausgetrocknet, »weniger Zahlen bedeutet nicht weniger Arbeit«, so Trück. Der Handel mit Cannabis sei aber einer bestimmten Menge immer noch illegal, an die Händler heranzukommen, sei jedoch schwieriger als zuvor.

Kleinkriminalität soll schnell verhandelt werden

Erstaunlich ist bei der Bearbeitung der großen Zahl von fast 28.000 Verfahren mit bereits bekannten Tätern, dass fast 23.000 Verfahren eingestellt wurden. Vorangetrieben werden soll im Übrigen das sogenannte »beschleunigte Verfahren«: Vor allem bei Kleinkriminalität wie Diebstahl soll möglichst innerhalb von einem Tag Verhandlung und Strafe erfolgen. »Wir versprechen uns davon eine abschreckende Wirkung«, betonte der Oberstaatsanwalt.

Beim Pilotprojekt in Tübingen wurden laut Wegele 99 Fälle bearbeitet, ein neuer Dezernent soll dafür eingestellt werden. »Seit dem 1. Mai 2025 läuft das auch am Amtsgericht Bad Urach, das ja mit den zahlreichen Diebstählen in den Metzinger Outlets zu tun hat«, so Wegele.

Bei herausragenden oder ungewöhnlichen Verfahren führte Nicolaus Wegele ein Verfahren gegen einen Mann aus Reutlingen an, der unter anderem wegen schwerer Zwangsprostitution, Zuhälterei, Vergewaltigung und der Weitergabe von Drogen an Minderjährige angeklagt wurde. Verurteilt wurde der Mann vom Landgericht Tübingen zu sechs Jahren und neun Monaten Haft. Eins noch: »Bei einem Neubau für die Staatsanwaltschaft stirbt bekanntlich die Hoffnung zuletzt«, sagte Thomas Trück. Der Mietvertrag in der Charlottenstraße in dem wenig charmanten Gebäude laufe noch bis 2029 – »bis dahin sollten wir was gefunden haben«. (GEA)