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Tübinger Spitzenforscher vor der letzten Hürde

Kommission entscheidet, welche Tübinger Vorhaben bewilligt werden. Bundesweite Konkurrenz ist groß

Angekommen im Olymp der deutschen Unis: Rektor Bernd Engler mit dem Chef des Uniklinikums Michael Bamberg im Jahr 2012 (linkes B
Angekommen im Olymp der deutschen Unis: Rektor Bernd Engler mit dem Chef des Uniklinikums Michael Bamberg im Jahr 2012 (linkes Bild). 2019, als der Elite-Status erfolgreich verteidigt wird, ist Pharmazie-Professor Stefan Laufer unter den ersten Gratulanten. FOTOS: MEYER/KREIBICH
Angekommen im Olymp der deutschen Unis: Rektor Bernd Engler mit dem Chef des Uniklinikums Michael Bamberg im Jahr 2012 (linkes Bild). 2019, als der Elite-Status erfolgreich verteidigt wird, ist Pharmazie-Professor Stefan Laufer unter den ersten Gratulanten. FOTOS: MEYER/KREIBICH

TÜBINGEN. Die Nervosität ist groß. Es geht um viel Geld und Prestige. Mit insgesamt neun Forschungsverbünden, sogenannten Clustern, ist die Uni Tübingen in der bundesweiten Exzellenzstrategie im Rennen. Die Entscheidung über die Bewilligung fällt am Donnerstag, 22. Mai, in Bonn. 70 Cluster können maximal bewilligt werden. 98 Anträge liegen vor.

- Wie hoch ist die Förderung?

Bei jedem der Anträge geht es um Mittel in der Größenordnung von durchschnittlich 60 Millionen Euro, verteilt auf sieben Jahre. Die Förderperiode läuft von Anfang 2026 bis Ende 2032. Drei Viertel des Geldes kommt vom Bund, ein Viertel steuert das jeweilige Bundesland bei.

- Wie viele Jobs könnten entstehen?

Theoretisch könnte Tübingen mit allen neun Clustern erfolgreich sein. Ganz grob würde das einen Zuwachs von 900 Stellen bedeuten, denn bei jedem der Vorhaben wird entsprechend viel Personal benötigt. Je ein Cluster läuft allerdings in Kooperation mit Hohenheim beziehungsweise Heidelberg – also wären es in Tübingen 800 Stellen.

Foto: Joachim Kreibich
Foto: Joachim Kreibich

- Wie groß war die Konkurrenz in der Vorauswahl?

»Knapp ein Viertel der 41 vorausgewählten Clusterskizzen kommt aus Baden-Württemberg«, jubelte man 2024 im Stuttgarter Wissenschaftsministerium nach der ersten Runde. Tübingen war dabei mit seinen sechs ausgewählten Neuanträgen die erfolgreichste Uni in Deutschland. Die beiden großen Münchner Unis brachten insgesamt nur vier Neue durch. Berlin mit drei Hochschulen plus Charité kam auf zwei – genauso viele wie Freiburg. Heidelberg war in der Vorauswahl einmal erfolgreich, Karlsruhe (KIT) ebenfalls. Mehr als 100 Clusterskizzen wurden als gut, aber nicht gut genug eingestuft.

- Und die bisherigen Cluster?

Zu den 41 neuen Anträgen kommen die Folgeanträge der 57 bestehenden Cluster, die automatisch für die Endrunde qualifiziert waren (zwölf der bereits Bestehenden sind in Baden-Württemberg angesiedelt). Insgesamt könnten laut Deutscher Forschungsgemeinschaft in der Förderperiode bis Ende 2032 bundesweit bis zu 70 Exzellenzcluster gefördert werden.

- Wer entscheidet?

Die Exzellenzkommission, die aus Experten aller Wissenschaftsbereiche besteht. Dazu kommen die für Wissenschaft und Forschung zuständigen Minister des Bundes und der Länder.

EXZELLENZWETTBEWERB

Drei Cluster wollen weitermachen, sechs neue wollen dazukommen

Drei Cluster in den Bereichen Infektionsforschung, Krebsforschung und Maschinelles Lernen bestehen bereits. Sie haben Folgeanträge gestellt. Sechs bewerben sich zum ersten Mal. Die paläoanthropologische Initiative Human Origins will biologische und kulturelle Perspektiven in die Untersuchung der Entwicklung des Menschen integrieren. In der Initiative Terra geht es um Wechselwirkungen zwischen Stabilität und Diversität der Geo- und Biosphäre. Die Initiative GreenRobust aus dem Bereich der Pflanzenbiologie untersucht pflanzliche Anpassungsreaktionen auf äußere Einflüsse. Die Initiative The Fe/male Brain setzt sich die Erforschung der Mechanismen zum Ziel, die den Einfluss des biologischen und sozialen Geschlechts auf Gehirnfunktion und Verhalten sowie auf die Ausprägung psychischer und neurologischer Störungen vermitteln. Im Clustervorhaben Bionic Intelligence for Health (BI4H) will man neuronale Erkrankungen besser erkennen, um sie adaptiv zu behandeln und damit die Lebensqualität der Betroffenen im Alltag zu verbessern. Die Initiative Critical Proximities untersucht verschiedenste Formen von Koexistenz und Kooperation. Ziel ist die Beantwortung der Frage, warum Koexistenz einmal Formen des friedlichen Nebeneinanders annimmt, andererseits aber in Konflikt und Auseinandersetzung münden kann. (-jk)

- Nach welchen Kriterien?

Eigentlich streng wissenschaftlich. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass andere Überlegungen eine Rolle spielen. Insbesondere die Minister könnten versucht sein, stärker auf die Verteilung unter den Bundesländern zu achten, damit zum Beispiel der Südwesten nicht »absahnt«.

- Welche Erwartungen hat Tübingen?

Lauten Jubel haben sich Rektorin Karla Pollmann und alle Beteiligten nach der Vorauswahl verkniffen. Schließlich muss im Einzelfall nicht viel fehlen, damit es am Ende doch nicht reicht und jemand dann als Verlierer dasteht. Mit Prognosen hält man sich zurück.

- Geht es auch um den Elite-Status?

Noch nicht. Aber indirekt schon. Zwei Cluster müssen die Tübinger mindestens erhalten. Das ist Voraussetzung, um sich im Sommer erneut für den Exzellenzstatus als Gesamt-Uni zu bewerben. Seit 2012 gehört Tübingen zum Elite-Kreis – gegenwärtig sind dies elf Hochschulen.

- Wer gehört aus dem Ländle dazu?

Den Titel Exzellenzuniversität tragen aktuell Heidelberg, das Karlsruher Institut für Technologie, Konstanz und Tübingen. Freiburg gehörte bis 2012 zur exklusiven Runde der besten deutschen Hochschulen und hofft, diesen Titel wieder zu erlangen. Karlsruhe war 2006 erfolgreich, fiel 2012 raus, kam aber 2019 wieder dazu.

- Was passiert mit den Clustern, die jetzt keinen Zuschlag erhalten?

Uni-Rektorin Karla Pollmann hat versichert, dass die Wissenschaftler im Falle eines Scheiterns nicht für den Papierkorb gearbeitet haben. Ähnlich wie ihr Vorgänger Bernd Engler verspricht sie: »Wir werden die Vorhaben dann auf andere Weise unterstützen.« Zwar könne man nicht dieselbe Ausstattung garantieren. »Aber es sind alles brandaktuelle, sehr relevante Themen.« Sie sollten unbedingt weiter erforscht werden. (GEA)