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Aktuell Sicherheit

Tübinger Nachtleben soll diskriminierungs- und belästigungsfrei werden

Für die Aktion »nachtsam. Mit Sicherheit besser feiern« wird Thekenpersonal geschult

Von der Aktion »nachtsam« (hinten von links): Daniela Harsch, Kutay Nergues (Stadtpost), Laura Schmidt, Thomas Feger (beide Frei
Von der Aktion »nachtsam« (hinten von links): Daniela Harsch, Kutay Nergues (Stadtpost), Laura Schmidt, Thomas Feger (beide Freistil). Vorne: Armin Krohe-Amann (Pfunzkerle), Borghild Strähle (adis), Micha Schöller (städtische Koordinatorin). FOTO: STURM
Von der Aktion »nachtsam« (hinten von links): Daniela Harsch, Kutay Nergues (Stadtpost), Laura Schmidt, Thomas Feger (beide Freistil). Vorne: Armin Krohe-Amann (Pfunzkerle), Borghild Strähle (adis), Micha Schöller (städtische Koordinatorin). FOTO: STURM

TÜBINGEN. Das Tübinger Nachtleben soll sicherer, diskriminierungs- und belästigungsfrei werden. Bei einer Pressekonferenz in der Brauerei Freistil stellte Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch mit Sicheres-Nachtleben-Koordinatorin Micha Schöller, Borghild Stähle (adis), Armin Krohe-Amann (Pfunzkerle) und Vertretern der Tübinger Gastroszene die Aktion »nachtsam. Mit Sicherheit besser feiern« vor. Die landesweite Aktion werde in der Stadt von einem breiten Bündnis getragen, so Harsch.

Bereits vor fünf Jahren begannen Schulungen für das Tübinger Gastro-Szene-Personal: Die Mitarbeiter sollten ein Gespür dafür entwickeln, wo sich im jeweiligen Laden dunkle, schlecht beleuchtete Ecken finden, in denen übergriffiges Verhalten vom Personal schlecht beobachtet werden kann. Diese professionelle Hilfe habe sehr geholfen, urteilte Kutay Nargues, Wirt der Stadtpost und des Null815.

Laut Micha Schöller begannen die Schulungen in einer Zeit, als sich Meldungen zu Übergriffen beim Tübinger Ordnungsamt häuften. Seitdem, sagte sie, habe man das Personal der meisten Tübinger Locations geschult, 13 stehen noch aus: »Damit sind wir landesweit Spitzenreiter. Das ist halt Tübingen.« Sie würde die Schulungen gerne breiter anbieten, etwa für Personal von Weinfesten, Tanzschulen oder Fasnetsveranstaltungen.

Laut Borghild Strähle (adis) wollte man zunächst mit den Machern der Tübinger Gastro-Szene ins Gespräch kommen. Bei den 90-minütigen Schulungen für bis zu 20 Leute sei die Polizei dabei gewesen, um rechtliche Fragen zu beantworten. Etwa, ab wann man einen Gast aus dem Lokal hinauswerfen darf, oder wann jemandem kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden muss. »Wir wollten den Gastro-Profis nicht deren Job erklären. Die haben bei den Schulungen von sich aus Beispiele aus der Praxis genannt«, ergänzte Armin Krohe-Amann (Pfunzkerle). Generell sei gefragt, klare Grenzen zu setzen. Es sei darum gegangen, wie die Angestellten den Kunden helfen können.

Situation schnell einschätzen

Ein weiteres Thema sei der Heimweg gewesen. Freistil-Pächter Thomas Feger gab zu, es habe ihm gut getan, das Gefühl aufzufrischen, nachts allein Heimgehen zu müssen: »Im Alter verliert man den Bezug dazu.« Tübingen sei eine sichere Stadt, ergänzte Harsch, das ändere jedoch nichts am subjektiven Sicherheitsempfinden.

»Seit der Reformation des Strafrechts sprechen wir von Straftaten«, betonte Micha Schöller. Dazu gehörten Anmachsprüche gegenüber Frauen oder rassistische Bemerkungen, etwa die Hautfarbe betreffend. Das ursprüngliche Konzept aus der Stadt Münster beinhaltete Codes, die das Personal von Bars oder Restaurants unauffällig auf Übergriffe aufmerksam machen sollte. »Arbeitet Uli heute?« Oder, speziell für Frauen: »Ist Luisa hier?« Die Codes wurden wenig benutzt. Auf sie wurde in den Tübinger Schulungen verzichtet.

Es ging hauptsächlich darum, eine Situation schnell einschätzen und darauf reagieren zu können. Das sei im Interesse der Clubs, so Krohe-Amann: »Wer sich dort wohlfühlt, kommt wieder.« Freistil-Chefin Laura Schmidt betonte, ihrem unerfahrenen Team hätten die Schulungen enorm gut getan, vor allem der Hinweis auf die Wege in diesem recht großen Gebäude.

Die Zusammenarbeit mit der Polizei habe sich bezahlt gemacht, nicht zuletzt, weil das Thema K.-o.-Tropfen zur Sprache kam. Zwar seien Armbänder auf dem Markt, die versprechen, dass mitgegebene Teststreifen K.-o.-Tropfen nachweisen könnten, doch das sei ein Trugschluss: »Man sollte sein Getränk zu keiner Zeit unbeaufsichtigt lassen«, riet Kutay Nargues. Die Tübinger Gastro-Szene sei gut vernetzt. So gebe es eine Whats-App-Gruppe, in der Wirte einander vor unangenehmen Gästen warnen. (GEA)