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Tübinger Landgericht stellt Verfahren gegen Kirchentellinsfurter Feuerwehrmann ein

Berufungsverfahren wegen Beleidigung des Kirchentellinsfurter Bürgermeisters Bernd Haug endet ohne Verurteilung. Verfahrensbeteiligte einigen sich.

Das Berufungsverfahren gegen einen Kirchentellinsfurter Feuerwehrmann stellte das Landgericht Tübingen ein.
Das Berufungsverfahren gegen einen Kirchentellinsfurter Feuerwehrmann stellte das Landgericht Tübingen ein. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/dpa
Das Berufungsverfahren gegen einen Kirchentellinsfurter Feuerwehrmann stellte das Landgericht Tübingen ein.
Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/dpa

TÜBINGEN. Zuerst sah es so aus, als ob der Berufungsprozess vor dem Tübinger Landgericht einen ganzen Tag Zeit in Anspruch nehmen könnte. Neun Zeugen waren geladen. Dann ging aber alles ganz schnell. Nachdem sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte und sein Verteidiger zugestimmt hatten, stellte Richter Michael Allmendinger das Strafverfahren gegen einen Kirchentellinsfurter Feuerwehrmann ein. Dieser muss nun jeweils 500 Euro an Frauen helfen Frauen und den Kinderschutzbund Tübingen bezahlen. Der Mann soll Bürgermeister Bernd Haug und Ortsbaumeister Martin Lack im August 2022 unflätig beleidigt haben.

»Ruhe in die Feuerwehr reinbringen, und nicht den einen Kameraden gegen den anderen ausspielen«, das war die Absicht des Richters. Außerdem liege das Ereignis, weshalb es zum Prozess kam, lange zurück. Die Kammer sei durchaus bereit gewesen, alle Zeugen zu hören. Allerdings spiele in diesem Fall »die Musik beim Verwaltungsgericht Sigmaringen«. Dort hatte der Feuerwehrmann gegen die Entscheidung des Kirchentellinsfurter Gemeinderats, ihn von der Wehr auszuschließen, geklagt. Den Eilantrag dazu wies das Gericht in Sigmaringen allerdings zunächst ab (wir berichteten), das heißt, der Mann bleibt vorerst vom Dienst ausgeschlossen. Die endgültige Entscheidung in der Hauptverhandlung folgt aber erst noch.

»Die Musik spielt beim Verwaltungsgericht Sigmaringen«

Vor dem Landgericht wurde rein die Strafsache verhandelt. Das Amtsgericht Tübingen hatte im Juni diesen Jahres an zwei Verhandlungstagen Zeugen gehört, um herauszufinden, was am Abend des 15. August 2022 im Kirchentellinsfurter Feuerwehrhaus gesprochen wurde. Damals soll der Angeklagte Haug und Lack als »Hurensöhne« bezeichnet haben. Geklärt werden konnte das aufgrund der unterschiedlichen Zeugenaussagen vor dem Amtsgericht nicht. Amtsrichter Lutz Epple sprach schließlich den Feuerwehrmann vom Vorwurf der Beleidigung frei, da die Beleidigung nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Ein klassischer Fall für »in dubio pro reo«: im Zweifel für den Angeklagten. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Begründet wurde das mit einer »lückenhafter Beweisführung des Amtsgerichts«, erklärte Allmendinger.

Der Richter stellte gleich zu Beginn fest, dass die Beweisführung in diesem Fall nicht einfach wird. An dem besagten Abend sei hitzig über den Neubau des Feuerwehrhauses und des Bauhofs diskutiert worden. Die Aussagen vor dem Amtsgericht waren allerdings unterschiedlich, welche Worte genau gefallen sind. Einige wollen die Beleidigungen gehört haben, andere nicht. Auch ein neuer Zeuge hatte sich im Nachgang gemeldet und will die Worte im Vier-Augen-Gespräch gehört haben. Neben der Vernehmung der einzelnen Zeugen müsste das Gericht auch klären, wo genau die Worte gefallen sind und wer sie überhaupt hören konnte. »Ich stelle mir die Frage, ob man das Berufungsverfahren vollumfänglich durchführen soll«, überlegte Allmendinger.

»Einstellung heißt, es gibt keine Verurteilung, und es wird keine Schuld festgestellt«

Soweit kam es nicht. Darauf einigten sich die Prozessbeteiligten nach einer kurzen Verhandlungspause. Sein Mandant wolle seinen Kollegen ersparen, nochmal auszusagen, sagte Rechtsanwalt Benjamin Chiumento. Außerdem wolle er seinen Teil zum Frieden innerhalb der Feuerwehr beitragen. Das Verfahren habe zudem das Leben seines Mandanten bestimmt. Der Rechtsanwalt betonte, dass die Einstellung des Verfahrens die Unschuldsvermutung nicht berühre. »Einstellung heißt, es gibt keine Verurteilung und es wird keine Schuld festgestellt«, bestätigte Allmendinger.

Staatsanwältin Bettina Winckler konnte sich eine Einstellung des Verfahrens ebenfalls gut vorstellen. Die Geschichte liege schließlich weit zurück. Sie plädierte allerdings für eine Geldauflage: »Personen des öffentlichen Lebens sind einfach schützenswert.« 1.500 Euro schlug die Staatsanwältin vor. Insgesamt 1.000 Euro wurden es am Ende. Die gehen jeweils zur Hälfte als eine Art »Nikolausgeschenk« an zwei soziale Vereine. (GEA)