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Tübingens OB Palmer wirft Datenschützern Datenschutzverletzung vor

Tübingens Oberbürgermeistert Boris Palmer wundert sich über ein Schreiben des Landesdatenschutzbeauftragten an seine Privatadresse. Er wirft der Behörde zudem vor, Täterschutz zu betreiben.

ARCHIV - 11.03.2021, Baden-Württemberg, Tübingen: Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen, nimmt an einem Pressetermin der
Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen. Foto: Marijan Murat/dpa
Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen.
Foto: Marijan Murat/dpa

TÜBINGEN. Nach einem Facebook-Eintrag von Boris Palmer vom 3. Juni liegen der Tübinger Oberbürgermeister und der Landesdatenschutzbeauftragte im Clinch. Dieser übermittelte in einem Schreiben an das Stadtoberhaupt eine Beschwerde, dass dieser in seinem Beitrag das Kfz-Kennzeichen eines Verkehrssünders gezeigt hat. Palmer wirft den Datenschützern wiederum nun selbst eine Datenschutzverletzung vor. »Die Behörde schreibt an meine Privatadresse. Woher hat sie die? Ich stehe nicht im Telefonbuch«, schreibt er in einem Facebook-Beitrag, in dem er das Schreiben öffentlich macht. »Es gibt eine Auskunftssperre. Hat da jemand Daten über mich gesammelt? Das wäre illegal, denn für Ermittlungen gegen Privatpersonen ist die Behörde gar nicht zuständig.«

Boris Palmer: »Datenschutz als Täterschutz«

Palmer macht dem Landesdatenschutzbeauftragten in seinem Posting einen weiteren, deutlich schwerwiegenderen Vorwurf: »Datenschutz als Täterschutz«, heißt es in der Überschrift seines Beitrags. »Weil die Datenschützer niemand Rechenschaft geben müssen und immer den strengstmöglichen Standard anlegen, schützen sie nun auch Autokennzeichen von Falschparkern und Radwegfahrern.« Laut dem Landesdatenschutzbeauftragten sind Kfz-Kennzeichen personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung. Palmer entgegnet: »Ein Kennzeichen hat keinen Persönlichkeitsschutz, weil nur die zuständige Behörde aus dem Kennzeichen den Halter ermitteln kann. Und selbst wenn man den Halter kennt, nicht mal der Fahrer feststeht.« Der Tübinger OB untermauert seine Aussage mit einem Urteil des Landgerichts Kassel. Dieses hat 2007 entschieden, dass die Veröffentlichung eines fremden Kfz-Kennzeichens auf einer Webseite den Fahrzeuginhaber nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze.

»Diese ganz Schutzbürokratie schaut nur nach sich selbst und legt das Land lahm«, schreibt Palmer. Auch die Arbeit der Stadtverwaltung werde vom Landesdatenschutzbeauftragten behindert. »Der Stadt Tübingen hat dieselbe Behörde untersagt, Sozialarbeiter in Kenntnis zu setzen, wenn die Leute, die sie betreuen, jemanden mit dem Messer angegriffen haben. Der Datenschutz geht vor Mitarbeiterschutz.« Das Bundesinnenministerium habe Palmer bestätigt, dass die Stadt in diesem Fall richtig gehandelt habe. »Der Datenschutz hat mir trotzdem per Weisung verboten, die Mitarbeiter zu schützen.« Außerdem solle die Stadtverwaltung gezwungen werden, das us-amerikanische Betriebssystem Microsoft auf den Computern abzuschalten, »weil Präsident Biden theoretisch Zugriff auf unsere Daten aus der Cloud verlangen kann«.

Aus Sicht von Palmer führt die Behörde ein »Eigenleben ohne Bezug zur Wirklichkeit«. Er fordert, dass der Landesdatenschutzbeauftragte wie alle anderen Sonderbehörden dem Innenministerium unterstellt werden sollte. »Es ist nicht hinnehmbar, dass eine solche Behörde frei von jeder demokratischen Kontrolle die Bürger und die Wirtschaft nach Belieben gängelt und Täter schützt. Genau das tut sie.« (GEA)