TÜBINGEN. Nach dem »schrägsten Wahlkampf«, den er je erlebt hat, zeigte sich Daniel Lede Abal sehr zufrieden. »Es ist ein tolles Ergebnis, wir haben im Wahlkreis kräftig zugelegt.« Der 44-Jährige feierte mit Freunden und Mistreitern online und richtete gleich wieder den Blick voraus: »Jetzt werden wir schauen, was wir politisch mit dem Resultat machen.«
»Verhalten optimistisch was mein eigenes Mandat angeht«, so beschrieb Dorothea Kliche-Behnke ihre Stimmung früh am Wahlabend. Später erfuhr sie: Sie hat das zweitbeste SPD-Ergebnis im Regierungsbezirk und darf mit dem Einzug in den Landtag rechnen. Eine halbe Stunde nach Mitternacht kam die offizielle Bestätigung. »Es hat mir so ziemlich jeder gratuliert«, sagte sie freudig überrascht kurz vor Mitternacht. Sie hofft auf eine Regierung ohne CDU-Beteiligung. Enttäuscht hat sie das Abschneiden der AfD, die fast gleichauf mit der SPD liegt. »Denen hätte ich ein schlechteres Ergebnis gewünscht.« Daniel Lede-Abal (Grüne) gratulierte sie dagegen zum Direktmandat.
»Die CDU wird mich nicht so schnell los«, sagt Diana Arnold. Dass sie als CDU-Kandidatin es nicht geschafft hat, den Siegeslauf der Grünen zu stoppen, hat sie nicht überrascht. Zumal ja auch die Korruptionsaffären von Bundestagsabgeordneten der CDU ein oder zwei Punkte gekostet hätten. Die Monate des Wahlkampfs waren für sie »unheimlich lehrreich«, sagt Arnold. Davon könne sie auch etwas auf Kreisebene mitnehmen. Über ihren Wahlkampf habe sie nicht Negatives gehört, vielmehr wurde der bis nach Stuttgart wahrgenommen. »Ich bin stolz, was ich gewuppt habe.«
Blick voraus auf den Herbst
Bei Ingo Reetzke hält sich die Trauer über die Verluste der AfD im Wahlkreis Tübingen in Grenzen: »Es war klar, dass wir hier keinen Blumentopf gewinnen. Da brauche ich mich nicht zu ärgern.« Nachdem er schon Kandidat in Reutlingen war, ist er auch in Tübingen angetreten, damit die AfD auf dem Wahlzettel überhaupt vertreten war, denn vom Kreisverband Tübingen wollte niemand kandidieren. »Ich wollte den Leuten, die AfD wählen wollen, die Möglichkeit geben.«
Mit gemischten Gefühlen blickt Claudia Haydt von der Linken auf das Ergebnis: »Wir hätten uns mehr gewünscht, sind aber zufrieden, dass wir unser Ergebnis ausbauen konnten. Unter besseren Bedingungen wäre mehr drin gewesen.« Bessere Bedingungen, das wäre ein Wahlkampf gewesen, der direkte Begegnungen an Infoständen oder bei Veranstaltungen ermöglicht hätte. »Wir hatten ein gutes Angebot in den sozialen Medien, aber damit erreichen wir oft nur die, die sich ohnehin interessieren. Wir hatten das Gefühl, dass wir mit unseren Themen Gesundheit, ÖPNV und Wohnraum richtig liegen, aber das ersetzt nicht den Kontakt zu Menschen.«
Sie habe ihr Ziel erreicht, sagt Irene Schuster (FDP): Mit 7,6 Prozent hat sie das Ergebnis der Liberalen im Vergleich zu 2016 verbessert. Damals lag ihr Vorgänger Dietmar Schöning bei 6,5 Prozent. Sie habe vor allem im ländlichen Raum punkten können, weiß die 32-jährige Lehrerin. Die Unistadt selbst sei »kein dankbares« Terrain für die FDP. Im Fokus stehe ab heute die Bundestagswahl. (GEA)