TÜBINGEN. Die Uni-Stadt kämpft weiter mit ihren Finanzen. Nachdem der Haushaltsplan mit einem Defizit von 25 Millionen Euro verabschiedet wurde, sucht die Verwaltung nach neuen Einnahmequellen. Jüngstes Beispiel: die Vergnügungssteuer. Der Steuersatz für »Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit« wird von 6,5 Prozent auf 7,5 Prozent erhöht. Damit fließen pro Jahr 170.000 Euro in die Stadtkasse.
Eine Anpassung des Steuersatzes sei angemessen und vertretbar, meinte Oberbürgermeister Boris Palmer. Im Vergleich mit anderen Städten in Baden-Württemberg liege Tübingen nach der Änderung weiterhin in einem angemessenen Bereich.
Die Stadträte nickten den Vorschlag der Verwaltung ab, wollte zu einer zweiten Idee aber keine Empfehlung abgeben: die Besteuerung von Bordellen. Die Verwaltung denkt darüber nach, die Vergnügungssteuer auf diesen Bereich auszuweiten. Bemessungsgrundlage wäre der Raum, in dem das Vergnügen stattfindet.
Nur ein Gedankenspiel
Die Idee: Große Bordelle zahlen viel, kleine wenig. Wie in Reutlingen und Stuttgart könnte ein Steuersatz in Höhe von 10 Euro pro Quadratmeter im Monat zu Buche schlagen. Für Tübingen würden das Mehreinnahmen in Höhe von 1.900 Euro monatlich, also 22.800 Euro jährlich bedeuten.
Oberbürgermeister Boris Palmer wollte das nicht als Vorschlag verstanden wissen, sondern lediglich als Gedankenspiel. Er selbst würde dem nicht zustimmen - mit Blick auf die »Frauen, die in einer schwierigen Situation sind«. Palmer fragte: »Wollen wir beim ältesten Gewerbe als Stadt die Hand aufhalten?« Der Punkt wurde ohne Empfehlung an den Gemeinderast vertagt.
Beim Thema Grundsteuer gab es nichts zu entscheiden, dafür zu bestaunen. Denn das Steueraufkommen fällt geringer aus als geplant. Mit dem neu beschlossenen Hebesatz in Höhe von 270 Prozent werde der bisherige Planansatz bei der Grundsteuer B wider Erwarten nicht erreicht, berichtete Palmer.
Zwar wollte Tübingen mit der Grundsteuerreform ursprünglich keine höheren Einnahmen als bisher erzielen und rechnete für 2025 mit 20,9 Millionen Euro. In Wirklichkeit werden es aber nur 19 Millionen sein. »Somit ist festzustellen, dass der Hebesatz bei der Grundsteuer B insgesamt zu niedrig angesetzt wurde«, so Palmer. Die Verwaltung werde deshalb dem Gemeinderat »angepasste Hebesätze für die Grundsteuer B und C« zur Beschlussfassung vorlegen.
350 Widersprüche gegen Grundsteuerbescheid
Nach derzeitigem Stand sind bei den 32.000 steuerpflichtigen Objekten in Tübingen folgende wesentlichen Veränderungen festzustellen: Für 60 Prozent aller Objekte sinkt die Grundsteuer B, bei mehr als 8.700 Objekten sogar um 50 Prozent; für 40 Prozent aller Objekte steigt die Grundsteuer B , bei 5.800 Objekten um mehr als 100 Prozent, bei 300 Objekten gar um mehr als 1.000 Prozent. Für 1.700 Objekte müssen Eigentümer ab 2025 über 1.000 Euro mehr bezahlen als vor der Reform.
Der Bereich »Wohnen« machte vor der Reform rund 70 Prozent des Gesamtaufkommens der Grundsteuer B aus, jetzt 82 Prozent. Der Anteil des Gewerbes reduziert sich von 29 Prozent auf 15 Prozent. Zudem haben unbebaute Grundstücke einen höheren Anteil am Gesamtaufkommen als vor der Reform (bis 2024: knapp ein Prozent, nach der Reform 3). Laut Palmer sind bei der Verwaltung bis dato 350 Widersprüche gegen den Grundsteuerbescheid eingegangen. (GEA)