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Spielplatz für Bergradler in Tübingen wird legal

Tübinger Radsportvereine bauen mit Unterstützung der Stadt einen naturnahen Bike-Trail hinterm Französischen Viertel aus.

Oberbürgermeister Boris Palmer (links) mit Radsportlern zweier örtlicher Vereine, die den bislang illegalen Mountainbike-Trail h
Oberbürgermeister Boris Palmer (links) mit Radsportlern zweier örtlicher Vereine, die den bislang illegalen Mountainbike-Trail hinterm Französischen Viertel beleben. Am 8. Juni ist Eröffnung. Foto: conzelmann
Oberbürgermeister Boris Palmer (links) mit Radsportlern zweier örtlicher Vereine, die den bislang illegalen Mountainbike-Trail hinterm Französischen Viertel beleben. Am 8. Juni ist Eröffnung.
Foto: conzelmann

TÜBINGEN. Boris Palmer hatte für diese Sportart eindeutig das falsche Fahrzeug dabei: Sein Straßenrad taugte bestenfalls für die ersten paar Meter des Mountainbike-Trails, den die Stadt gemeinsam mit der Mountainbike-Abteilung des örtlichen Alpenvereins und dem Radsportverein RV Pfeil ausbauen will. Doch selbst mit vollgefedertem Enduro und Brustpanzer müsste der Oberbürgermeister noch eine Weile warten: Bis zur Eröffnung am Samstag, 8. Juni, greifen Freiwillige zu Schaufel und Spitzhacke, um den bereits vorhandenen, renovierungsbedürftigen »Obstacles« (Hindernisse) Kontur zu verleihen.

Die wilde Waldstrecke in der Tübinger Südstadt existiert seit gut zehn Jahren und wurde bis zu ihrer Sperrung vor vier Jahren liebevoll von Mountainbikern gepflegt und eifrig befahren. Der Verkehr dort war dicht, aber eigentlich verboten, weil ohne Genehmigung der Eigentümer. »Mit der Sperrung kam die Idee, die 1,3 Kilometer lange Strecke zu legalisieren«, beschreibt Palmer den Versuch, das Thema unbürokratisch vom Tisch zu bekommen. Andere Städte hatten es geschafft, man denke nur an Rottenburg mit seinem »Eselstrail«.

Eigentümer des Waldstücks ist die Stadt, was eigentlich ein Glücksfall wäre. Aber sie besitzt eben nur zu zehn Prozent davon, die restlichen 90 Prozent gehören dem Bund. Und so begannen die Schwierigkeiten. Denn was Boris Palmer mit einem Federstrich genehmigt hätte, dauerte in den Mühlen der bundesdeutschen Bürokratie vier Jahre. »Bei manchen Dingen glaubt man, man verlebt's nicht«, sagte Palmer gestern bei einer Ortsbegehung und blickte hinüber zu der städtischen Photovoltaikanlage entlang der B27, deren Genehmigung geschlagene acht Jahre gedauert hatte.

Die Stadt Tübingen holte also sämtliche Genehmigungen ein und bezuschusst das Projekt auch künftig mit 12.000 Euro im Jahr. Im Gegenzug haben sich der DAV und der Radsportverein Pfeil Tübingen bereit erklärt, die Strecke zu »betreiben«, also für Mountainbikes so herzurichten, zu beschildern und regelmäßig zu kontrollieren, dass rechtlich keine Klagen aufkommen. Die Baumpflege übernimmt wiederum die Stadt.

Der Trail beginnt am Aspenhauweg im Wald und endet im Wankheimer Täle am Rand der Südstadt. Es gibt Sprünge, Anlieger, kleine Rampen. »Aber es ist keine Downhillstrecke«, beeilen sich die Radfunktionäre. Sie reden lieber von »naturnahem Flowtrail« einer gemäßigten Form des Geländefahrens. Es gibt zwei Schwierigkeitsstufen, und trotzdem: Für Straßenräder ist das Terrain ungeeignet, Sicherheitsausrüstung wird empfohlen. Jeder fährt auf eigene Gefahr. Legt man die gebräuchliche Skala zur Beurteilung des Schwierigkeitsgrades von Singletrails an, so ist sie mittelschwer (für Fachleute S2) mit schweren Elementen (S3), die umfahren werden können.

»Naturnah« bedeutet in diesem Fall, dass keine Fremdmaterialien verwendet werden. Anlieger sind aus Lehm und Humus geformt, Steilwandkurven aus Holz wird es keine geben. Auch die Sprünge sind dem natürlichen Gelände angepasst. Die »Obstacles«, wie die Hindernisse im Fachjargon heißen, kommen in dichter Abfolge, was den Trail deutlich von dem bereits 100 Kilometer umfassenden Mountainbike-Netz im Schönbuch unterscheidet.

Bis zu 40 Freiwillige erwartet

Sportler müssen nicht mehr ins Allgäu fahren, um in den Genuss von Geländeformationen zu kommen. »Mit dem offiziellen Mountainbike-Trail entsteht ein attraktives Angebot für Mountainbiker in Tübingen«, sagt Dieter Porsche, Vorsitzender des DAV Tübingen. Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun. Michael Rühle, Vorsitzender des RV Pfeil Tübingen, hofft auf 30 bis 40 Freiwillige, die am morgigen Samstag zum Spaten greifen. Dann nämlich ist der erste Arbeitseinsatz. »Flowig« soll die Strecke werden, sagt Thomas Heiner, DAV -Abteilung Mountainbike. Ein Kinderspiel wird's trotzdem nicht, wie OB Palmer beim kleinen Testversuch auf den ersten Metern feststellen musste.

Freilich ist Tübingen nicht die erste Stadt, die ein Projekt dieser Art angeht. Nächster Nachbar ist Rottenburg mit seinem »Eselstrail«, ein Weg mit ähnlicher Schwierigkeit. Alpenverein, Stadt und Landratsamt zogen dort an einem Strang. Innerhalb von 1,5 Jahren konnten sie den Trail eröffnen. Dort erhält das Ganze noch eine wissenschaftliche Note: Begleitet wird der Trail von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, untersucht werden Auswirkungen des Trails auf die Natur. Dafür hat Tübingen einen weiteren Pfeil im Köcher: Palmer kündigte einen weiteren Trail dieser Art an, wartet aber noch auf Einsprüche. Wo, das sagte er nicht. (GEA)