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Aktuell Haushalt

Sparmaßnahme: Tübingen reduziert Busangebot

Mit zwei Maßnahmenpaketen spart die TüBus GmbH rund zwei Millionen Euro ein. Den Beschluss für das zweite Paket hat der Aufsichtsrat der Tübinger Stadtwerke, dem viele Gemeinderäte beisitzen, nun gefasst. Dabei wurde deutlich, dass der Kampf gegen das Haushaltsdefizit der Unistadt noch nicht am Ende angekommen ist.

Viele Buslinien im Tübinger Stadtverkehr werden wegen notwendiger Sparmaßnahmen ausgedünnt oder sogar ganz gestrichen. Foto: Paul Runge
Viele Buslinien im Tübinger Stadtverkehr werden wegen notwendiger Sparmaßnahmen ausgedünnt oder sogar ganz gestrichen.
Foto: Paul Runge

TÜBINGEN. Seit Monaten kämpft die Unistadt Tübingen mit ihrem desolaten Haushalt. Zu allem Übel musste Oberbürgermeister Boris Palmer kürzlich verkünden, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um 14 Millionen Euro geringer ausfallen werden, als ursprünglich angenommen. Das Minus ist happig: Insgesamt 39 Millionen Euro fehlen dieses Jahr in den Stadtkassen - kein Wunder also, dass Verwaltung und Gemeinderat nach weiteren Möglichkeiten suchen müssen, die laufenden Kosten zu senken.

Diese Bemühungen treffen nun ein weiteres Mal den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Wie der Aufsichtsrat der TüBus GmbH in einer Sondersitzung am Montagabend beschloss, werden in einem zweiten Maßnahmenpaket weitere Buslinien im Tübinger Stadtverkehr zum Fahrplanwechsel Ende des Jahres ausgedünnt oder ganz gestrichen. »Damit hoffen wir, etwa eine Million Euro einsparen zu können«, erklärte Verkehrsplaner Lars Hilscher. Zusammen mit den Linienänderungen, die bereits seit Ende März umgesetzt sind, könne die Stadt Tübingen so rund zwei Millionen Euro jährlich einsparen. Das funktioniert, weil sich die TüBus GmbH als Unternehmenssparte der Stadtwerke Tübingen (swt) gänzlich im Besitz der Stadt Tübingen befindet – gespart am Bus, gespart am Haushalt.

Vorab Beschwerden eingegangen

»Wir streichen dort, wo wenig Fahrgäste betroffen sind«, versprach Planer Hilscher. Dass man es nicht jedem dabei rechtmachen könne, liege in der Natur der Sache. Die Kreisgruppe Tübingen des Verkehrsclub Deutschlands bemängelte die Ausdünnung der Linie 34, die vom zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) über den Sternplatz zum Bergfriedhof führt. Aufsichts- und Gemeinderätin Anne Kreim forderte indes, über eine Wiederaufnahme der Haltestelle Österberg nachzudenken, die vielen Bürgern fehlen würde - was aber kaum wirtschaftlich darstellbar sei, wie Hilscher ausführte. Aber auch andere Vorschläge trudelten vor der Sitzung bei der TüBus ein: Ein einzelner Bürger störte sich an Leerfahrten der Linie 6, die den Rappenberg und die Hirschauer Straße bedient, und schlug vor, sie weiter auszudünnen - zusätzlich zu den ohnehin schon geplanten Abspeckungen vom halbstündigen hin zum stündlichen Takt im Abendverkehr und am Wochenende.

Den Kürzungen fällt ebenfalls die vierte und damit letzte Fahrt der Nachtbuslinien zum Opfer, die jeweils um 3.30 und 4 Uhr am Hauptbahnhof starten. »Da sehen wir deutliche Unterschiede zwischen den klassischen Nachtbusfahrten zwischen Donnerstag und Samstag und den Fahrten an den restlichen Tagen«, erklärte Hilscher. Eine Rückkehr zum »alten« System, also Nachtbus-Fahrten nur zwischen Donnerstag und Samstag, habe man verworfen. »Wir wollen unser Angebot für die gesamte Stadt konstant vermitteln.«

Hitzige Diskussionen

Obwohl der Aufsichtsrat - dem zahlreiche Tübinger Gemeinderäte beisitzen - in der Mehrheit nicht daran zweifelte, dass die Sparmaßnahmen »zähneknirschend« umgesetzt werden müssen, wurde die Diskussion mitunter hitzig. Florian Zarnetta (SPD) wehrte sich vehement gegen die Aussage Matthias Feurers (Klimaliste), dass ausgerechnet in Tübingen alle davon überzeugt seien, am klimafreundlichen ÖPNV zu sparen: »Niemand hat Spaß daran, was hier seit einem halben Jahr passiert.« Man habe die »ganze Zeit« Abwägungen getroffen, besonders in Bereichen, die die soziale Teilhabe tangierten. Vorwürfe habe er niemandem gemacht, betonte Feurer. »Aber wir haben Vorschläge gemacht, die letztendlich abgelehnt wurden.« Linken-Gemeinderätin Sara da Piedade Gomes betonte: »Mobilität gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Maßnahmen treffen vor allem die Menschen, die darauf angewiesen sind.« Das seien neben den Fahrgästen auch die Busfahrer, die wegen des reduzierten Angebots in ihren Verträgen nicht entfristet würden.

Für Aufsichtsratsvorsitzenden Palmer war klar: »Was wir heute beschließen, ist gerade noch unter Schmerzen vertretbar.« Man rutsche damit zwar auf den Stand von 2018 zurück, »aber selbst damals war unser Bussystem schon ein gutes System.« Weitere Streichungen wären »gravierend«, weshalb jetzt Schluss sein müsse. Trotzdem: Dass man sich in den kommenden Jahren wieder zu einer Einsparrunde treffen könnte, sei nicht auszuschließen. Für den ÖPNV in der Region stehen schon im Juni wohl neue Änderungen an: Dann trifft der Naldo-Aufsichtsrat Entscheidungen zu den geplanten Tarifanpassungen. (GEA)