TÜBINGEN. »Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit«, sagte Annette Guthy, Öffentlichkeitsbeauftragte des Vereins »Gemeinwohlorientierte Immobilienagentur GIMA Tübingen – Mein Haus in gute Hände«, bei einem Pressegespräch.
In Tübingen haben sich die Nestbau AG, das Mietshäuser-Syndikat, die Dachgenossenschaft Wohnen Tübingen und die Beginenstiftung zusammengetan und den Verein gegründet. Die Stadtverwaltung zahlt der Initiative einen Gründungskostenzuschuss in Höhe von 12.500 Euro.
Der Verein möchte Beratungen zu »sozialverträglichen Hausverkäufen« anbieten. Vermittelt werde an das jeweilige Vereinsmitglied, das zu den Vorstellungen am besten passe. Diese Unternehmen würde dann gegebenenfalls die Organisation erwerben.
Mitgliedsunternehmen
Markus Buckenmayer, Vorstandsmitglied des Vereins, stellte die Mitgliedsorganisationen vor: Die Dachgenossenschaft Wohnen ist ein Zusammenschluss von verschiedenen selbstständigen gemeinschaftlichen Wohnprojekten. Das Mietshäuser Syndikat ist ein deutschlandweiter Projektverbund aus etwa 200 Wohnprojekten, die in Selbstverwaltung betrieben werden. Die Nestbau AG ist eine gemeinwohlorientierte Bürger-Aktiengesellschaft, die sich der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum verpflichtet hat. Die Beginenstiftung ist eine Stiftung für gemeinschaftliches Wohnen allein lebender Frauen. Genossenschaftliche Immobilienagenturen gibt es bereits in München, Berlin und Frankfurt.
Die Ziele des Vereins sind: Der Bestand an bezahlbaren Mietwohnraum soll gehalten werden. Die Mieten sollen im Preis stabil bleiben, damit niemand deswegen umziehen muss. Einer »sozialen Spaltung« soll entgegengewirkt werden. Mit dem sozialverträglichen Wohnungsbau werde die Immobilie »aus dem Markt genommen«.
»In der Beratung sollen Mieter, Eigentümer und Unternehmen an einem Tisch sitzen«, so Guthy. Die Beratungen seien nicht nur für Immobilienverkäufer geeignet, sondern auch für Mieter, die sich etwa über selbstverwaltete genossenschaftliche Projekte informieren möchten. Guthy, die neben ihrem Minijob in der Öffentlichkeitsarbeit für den Verein auch Mitarbeiterin beim Weltethos-Institut ist, möchte vor allem die »Basis« erreichen. Ihre Aufgabe ist es, den Verein publik zu machen und gezielt nach Interessenten zu suchen. »Eine wichtige Gruppe sind ältere Menschen, die ein bis zwei Immobilien haben, aber kein ›wirtschaftliches Verständnis‹«, sagte sie.
Für viele Menschen sei eine Immobilie keine Ware, sondern ein »Erbe, das sie in guten Händen wissen wollen«. Natürlich könne auf dem freien Markt beim Gebäude-Verkauf ein höherer Gewinn erzielt werden. Einen prozentualen Wert nannte sie nicht. Das hinge im Einzelfall auch von der Finanzierungsform ab, in welcher Form etwa auch Kredite im Spiel sind.
Markt fußt auf Entscheidungen
Axel Burkhardt, Beauftragter für Wohnraum bei der Stadt Tübingen, merkte an, dass die Stadt Beratungen dieser Art nicht anbieten könne: "Wir sind als Stadt streng neutral." Er gab zu bedenken: "In den vergangenen Jahren haben sich die Immobilien-Preise verdoppelt und Immobilienbesitz ist ein ›leistungsloser Gewinn‹. Es gibt "keinen einzelnen Schalter, damit alles gut wird. Die Agentur ist eine Blume im Strauß."
Sein Appell an Immobilienbesitzer: »Der Markt fußt auf individuellen Entscheidungen. Es gibt keine unsichtbare Hand, die alles regelt.« (GEA)

