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Aktuell Entsorgung

Scharfe Biomüll-Kontrollen: Was der Kreis Tübingen plant

In Reutlingen bereiten die TBR schon seit Monaten sich und ihre Kunden auf die neue Abfallverordnung vor. Warum hört man davon aus Tübingen nichts?

Die Müllabfuhr im Landkreis Tübingen prüft den Biomüll schon seit Jahrzehnten auf Metall. Was andere Störstoffe angeht, wartet d
Die Müllabfuhr im Landkreis Tübingen prüft den Biomüll schon seit Jahrzehnten auf Metall. Was andere Störstoffe angeht, wartet der Abfallwirtschaftsbetrieb noch ab, was die Erfahrungen der Stadt Reutlingen mit KI-gestützten Kameras bringen. Foto: Claudia Reicherter
Die Müllabfuhr im Landkreis Tübingen prüft den Biomüll schon seit Jahrzehnten auf Metall. Was andere Störstoffe angeht, wartet der Abfallwirtschaftsbetrieb noch ab, was die Erfahrungen der Stadt Reutlingen mit KI-gestützten Kameras bringen.
Foto: Claudia Reicherter

LANDKREIS TÜBINGEN. Die Stadt Reutlingen treibt mit ihren Technischen Betriebsdiensten (TBR) seit Dezember vergangenen Jahres viel Aufwand, um die Reinheit der weggeworfenen Bioabfälle zu erhöhen. Von teilweise fast 30 Prozent an Fehlwürfen sollen diese der novellierten Bioabfallverordnung (BioAbfV) entsprechend ab Mai dieses Jahres idealerweise auf ein Prozent sinken. Zumindest ein Maximum von drei Prozent will man schaffen. Denn finden sich im Biomüll zu viele Kunst- und andere Stoffe, die dort nicht reingehören, weisen die Verwertungsbetriebe die Mülllaster künftig ab oder stellen Mehrkosten fürs Aussortieren in Rechnung. Weil das teuer werden kann, ist Handeln gefragt: So hat die städtische Entsorgungsfirma ihre Biomüllfahrzeugflotte innen und außen mit KI-gestützten Spezialkameras aufgerüstet. Aus der Stadt und dem Landkreis Tübingen hört man diesbezüglich bislang nichts. Wie kommt das?

Dr. Sibylle Kiefer, Betriebsleiterin beim Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises Tübingen, erklärt: »Wir kontrollieren schon von Anfang an.« Bereits seit 1993 fahre die Flotte mit Metalldetektoren an den Bioabfuhrfahrzeugen durch den gesamten Landkreis sowie die Stadt Tübingen. So erhalten Haushalte im ganzen Kreisgebiet bereits seit gut 30 Jahren eine Benachrichtigung, wenn ihr Biomüll mit Dingen, die dort nicht reingehören, verschmutzt war. Schon damals wurde angekündigt, dass die grünen Tonnen ansonsten ungeleert stehen bleiben. »Wir haben wie viele Landkreise mit Verwarnungen gearbeitet, gelbe und rote Karten verteilt«, berichtet sie. Letzteres bedeutete, dass die Tonnen in der Tat nicht geleert wurden. »Einmal hatten wir auch eine Aktion mit einer Tombola für jene Haushalte, die alles richtig gemacht haben. Die konnten dann kleine Preise gewinnen.«

Die Müllabfuhr der Stadt Reutlingen versucht derzeit, die Kunden mit gelben und roten Karten zu mehr Aufmerksamkeit beim Befüll
Die Müllabfuhr der Stadt Reutlingen versucht derzeit, die Kunden mit gelben und roten Karten zu mehr Aufmerksamkeit beim Befüllen der Biotonnen zu bewegen. Der Landkreis Tübingen wirkt darauf schon seit Jahrzehnten hin. Foto: Frank Pieth
Die Müllabfuhr der Stadt Reutlingen versucht derzeit, die Kunden mit gelben und roten Karten zu mehr Aufmerksamkeit beim Befüllen der Biotonnen zu bewegen. Der Landkreis Tübingen wirkt darauf schon seit Jahrzehnten hin.
Foto: Frank Pieth

Finde sich hingegen Metallisches in der Biomülltonne, fordere eine Banderole bis heute zur Nachkontrolle auf, erläutert die AWB-Chefin. Viele kämen dem nach. Alternativ müsse der beanstandete Abfall dann über den Restmüll entsorgt werden. Dadurch nimmt der an Menge zu und wird eventuell teurer.

»Die Bürger sind das im Grunde gewohnt. Und Neuzugezogene lernen schnell, wie's geht«

Kiefers Erfahrung zeigt: »Die Bürger sind das im Grunde gewohnt. Und Neuzugezogene lernen schnell, wie's geht. Auch in Wohnanlagen. Denn die Hausmeister wissen ja Bescheid.« Auf dem Land wirke zum Teil auch soziale Kontrolle: Wenn da ein Haus ständig eine Nachricht am Mülleimer hängen hat, wirft das ein schlechtes Licht auf die Bewohner. Andererseits meint die AWB-Chefin: »Dass beim Kartoffelschälen das Messer im Biomülleimer landet, das kann jedem mal passieren.«

Der AWB hat bislang die Kommunalen Servicebetriebe der Stadt Tübingen mit der Biomüllabfuhr im Stadtgebiet und die Firma Alba mit jener im restlichen Landkreis beauftragt. Die holen die Bioabfälle mit insgesamt fünf Fahrzeugen ab. In den vergangenen Jahren summierte sich die Menge auf je 10.000 Tonnen pro Jahr.

Der Ausschreibung gemäß müssen die Fahrzeuge mit Metalldetektoren ausgestattet sein. »Klar, andere Fehlwürfe krieg ich damit nicht raus«, bekennt die Betriebsleiterin. Doch eine Versuchsreihe, welche der AWB mal einen ganzen Sommer über auf der kleinen Kompostieranlage bei Derendingen durchführte, zeigte: Metall und andere Störstoffe korrelieren. Das heißt, wenn sich in einer grünen Tonne Eisenteile und anderer Schrott zwischen den Küchen- und Gartenabfällen, also biologisch abbaubaren Dingen, fanden, galt das auch für andere Stoffe: Windeln, Zigarettenkippen, Plastik und alles weitere, das eben nicht im Kompost landen sollte. Von daher ist sie überzeugt, dass durch die Metallkontrollen auch andere Störstoffe weitgehend aussortiert werden.

»Wir warten die Erfahrungen in Reutlingen ab und führen Ende März eine eigene Biomüllanalyse durch«

Was neue Ausschreibungen angeht, etwa wenn sich die Stadt Tübingen aus der Müllabfuhr zurückzieht, überlege man noch, sich wie die Reutlinger TBR an neue Systeme mit KI-Kameras und Scannern zu versuchen. »Wir warten deren Erfahrungen ab«, sagt Sibylle Kiefer. Zudem hat der AWB des Kreises Tübingen vor, Ende März bis Anfang April eine Biomüllanalyse durchzuführen - »um zu sehen, wie unser Bioabfall aussieht«. Bis das verschärfte Gesetz in Kraft tritt, sei ja noch etwas Zeit.

Auch sie setzt wie TBR-Chef Dirk Kurzschenkel auf das Verantwortungsbewusstsein und Verständnis der Bürger: Der Sinn der verschärften Vorgaben leuchte ein, wenn man sich klarmacht, dass im Biomüll keine Mikroplastikreste vorkommen sollten, da der letztlich als Dünger wieder auf Felder ausgebracht wird. Das gilt auch für angeblich biologisch abbaubare Plastiktüten.

Der Tübinger Biomüll kommt zur Vergärung wie auch jener aus Reutlingen nach Singen, dazu fahren die Müllfahrzeuge Verwertungsanlagen in Pfaffenhofen, Schwäbisch Hall und Hartheim an. (GEA)

Ausführliche Infos im Internet

Was darf ab Mai 2025 nicht mehr in die Biotonne? Asche, Kerzenreste, Exkremente von Tieren, Glas, Lederreste und Gummiartikel.

Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Tübingen deckt die Gemeinden Ammerbuch, Bodelshausen, Dettenhausen, Dußlingen, Gomaringen, Hirrlingen, Kirchentellinsfurt, Kusterdingen, Mössingen, Nehren, Neustetten, Ofterdingen, Rottenburg mit Teilgemeinden, Starzach, sowie Tübingen, ebenfalls samt seiner Teilorte, ab. Auf seiner Homepage wird anhand von Bildern, die bereits 2015/16 mit Schülern entstanden, übersichtlich erklärt, welche Abfälle in die 14-tägig geleerten Biotonnen gehören. (dia)

https://www.abfall-kreis-tuebingen.de/entsorgen