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Aktuell Demonstration

Rund 800 Radler auf der B 27 Richtung Ofterdingen

Rund 800 Radfahrer aus der gesamten Region demonstrierten gegen den geplanten Ausbau der B27 zwischen Tübingen und Ofterdingen. Wie die Fahrt ablief und wer dabei war.

Mit dem Rad auf der Bundesstraße nach Ofterdingen.
Mit dem Rad auf der Bundesstraße nach Ofterdingen. Foto: Jürgen Meyer
Mit dem Rad auf der Bundesstraße nach Ofterdingen.
Foto: Jürgen Meyer

TÜBINGEN/OFTERDINGEN. Die Bilder gleichen sich, die Teilnehmerzahl war dieses Mal allerdings deutlich kleiner: Ähnlich wie im vergangenen September eroberten Radfahrer eine Bundesstraße. Während auf der B28 zwischen Reutlingen und Tübingen damals 5.000 Teilnehmer unterwegs waren, zählten die Polizei und die Veranstalter dieses Mal zwischen 800 und 900 Teilnehmer. Aufgerufen hatte Fridays for Future Tübingen. Insgesamt 29 Gruppen schlossen sich dem Aufruf an.

Der Anlass: Die Demonstranten wandten sich gegen den geplanten vierspurigen Ausbau der B27 mit dem Schindhau-Basistunnel in Tübingen und der Endelbergtrasse. Sie positionierten sich für eine andere Verkehrspolitik. »Die schlechteste aller Varianten« sei die geplante Trasse zwischen Nehren und Ofterdingen, sagte Friedhelm Göltenboth auf der Abschlusskundgebung im Ofterdinger Schulhof. Der Nehrener hielt eine leidenschaftliche Rede für eine andere Verkehrswende. »Wenn schon einen Tunnel, dann hier in Ofterdingen«, wiederholte der Agrarökologe. Insgesamt 26,8 Hektar bester Boden werde versiegelt. Er sprach von »bürokratischer Naivität der Planungsbehörden« und einem »veralteten Planungskonzept«. Der im Grundgesetz verankerte Umweltschutz müsse zur Geltung gebracht werden.

Auch eine Gruppe aus Wannweil und Reutlingen war mit dabei.
Auch eine Gruppe aus Wannweil und Reutlingen war mit dabei. Foto: Irmgard Walderich
Auch eine Gruppe aus Wannweil und Reutlingen war mit dabei.
Foto: Irmgard Walderich

Die Teilnehmer: Radler aus der gesamten Region waren gekommen. Darunter auch Vertreter aus Wannweil und Reutlingen. Für Peter Elwert vom Verein Pro Regio Stadtbahn Reutlingen ist es ein klarer Fall, dass man sich für eine Fahrt zur Tübinger Demo zusammentut. Mit dem Schindhaubasis-Tunnel und der Endelbergtrasse sei schließlich nichts gewonnen. »Der Flaschenhals kommt dann hinter Bad Sebastiansweiler.« Auch Joachim Hespeler, Grünen-Gemeinderat in Wannweil, schwingt sich für diesen Tag aufs Rad. An seiner Seite: Hans-Erich Messner und Claus Voss. Alle drei organisieren regelmäßig Critical-Mass-Fahrten in ihrer Heimatgemeinde. Großes haben sie am Donnerstag, 29. Mai, zwischen Wannweil und Kirchentellinsfurt vor: An diesem Tag wollen sie für bessere und sichere Radwege demonstrieren. Die Tübinger Raddemo nutzen sie auch, um die Werbetrommel für die eigene Aktion zu rühren.

Die Fahrt: Quälend langsam geht es zu Beginn durch Tübingen. Der gesamte Tross wird auf der Fahrradstraße an der Steinlach entlang gelenkt, danach geht es durch Derendingen. Die Bundesstraße, auf der die Radler eigentlich fahren wollen, bleibt noch gänzlich unbehelligt von Demonstranten. Erst an der letzten Kreuzung ganz am Ende von Tübingen bewegt sich die Demo in Richtung Bundesstraße. Mit acht, neun Stundenkilometern erobern die Radfahrer die Autostraße. In diesem Tempo ist es mit dem Fahrrad nicht ganz einfach, die Balance zu halten. Bergauf Richtung Dußlingen nimmt das Ganze Fahrt auf. Der Spaß, einmal im Leben als Fahrradfahrer auf einer Bundesstraße zu fahren, nimmt mit jedem Pedaltritt zu. Und als »Highway to Hell« ohrenbetäubend aus dem vorausfahrenden Lautsprecherwagen tönt, reißt Hespeler begeistert einen Arm in die Höhe. Links von der Straße liegt der Endelberg. In dieser Jahreszeit ist es eine blühende Streuobstwiesenlandschaft. »Hier soll die Straße durchgehen«, sagt Frithjof Rittberger, Pfarrer in Weilheim. Morgens hat er noch eine Konfirmation gefeiert, nachmittags setzt er sich aufs Fahrrad, um gegen den Straßenbau zu protestieren.

Das Publikum: Nur wenige haben sich am Straßenrand versammelt. Viele winken, lachen, die Radler klingeln. Nur auf der Radbrücke Richtung Nehren hat sich eine kleine Gruppe Menschen mit einer Deutschlandfahne versammelt. Ein Mann schimpft runter zu den Demonstranten. Die lassen sich ihre Laune nicht verderben. Am Ortseingang in Ofterdingen werden sie von einigen wenigen Gegendemonstranten mit Trillerpfeife empfangen. »Ausbau der B27 jetzt« fordern die Gegendemonstranten.

Auf dem Hochrad: Christoph Heuer hat den besten Überblick.
Auf dem Hochrad: Christoph Heuer hat den besten Überblick. Foto: Irmgard Walderich
Auf dem Hochrad: Christoph Heuer hat den besten Überblick.
Foto: Irmgard Walderich

Der Mann mit dem Überblick: Einer schwebte über allen: Christoph Heuer war aus Stuttgart hergekommen. Mit seinem Rad, das er selbst zusammengeschweißt hat, überragt er alle. Die Sicht da oben sei super, sagt er und radelt weiter. »Besser wie da unten.« Regelmäßig ist er mit seinem Rad Marke Eigenbau auf Demonstrationen für eine andere Verkehrspolitik unterwegs.

Die Klage: Die beiden Naturschutzverbände BUND und Nabu haben zusammen mit dem Bündnis für nachhaltige Mobilität Klage gegen die Endelbergtrasse eingereicht. Zusammen mit Anwalt und Gutachter habe man kürzlich den Endelberg begangen, berichtet Afra Korfmann vom Bündnis. Eine 250 Seiten starke Klageschrift ist nun dabei herausgekommen. »Wir sind froh, dass daraus eine substanzielle Kritik wurde«, sagt Korfmann. »Das bestätigt unsere Arbeit der letzten Jahre.«

Die Polizei: Die Beamten haben für den Demozug die Bundesstraße in Richtung Ofterdingen abgesperrt und die Kreuzungspunkte gesichert. Sie sind von 15 bis 18 Uhr im Einsatz. Besondere Vorkommnisse habe es nicht gegeben. (GEA)