TÜBINGEN. Eine Verteuerung des Anwohnerparkens sei »okay«, aber eine Verdoppelung sei dann doch zu viel, meinte Florian Zarnetta von der SPD-Fraktion, als er das Papier der Stadt am Montag im Verwaltungsausschuss auf den Tisch bekam. Demnach bezahlt ein Autobesitzer für das Recht, sein Fahrzeug unter der Laterne zu parken, statt 10 künftig 20 Euro im Monat - wenn es ein SUV ist, deutlich mehr. Für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und einem Leergewicht von über 1.800 Kilogramm (bei Fahrzeugen mit rein elektrischem Antrieb und einem Leergewicht von über 2.000 Kilogramm) beträgt die jährliche Gebühr bisher 180 Euro.
Das Ganze soll den Rabatt finanzieren, den die Stadt seinen Bürgern für ein Deutschlandticket zahlt. Der Verwaltungsausschuss sah sich zu einer Empfehlung an diesem Abend nicht in der Lage, die Stadträte wollten sich nochmals hinter verschlossenen Türen beraten. Offenbar sind noch Frage offen, bevor am Donnerstag der Gemeinderat über das Papier entscheiden soll. Normalerweise empfiehlt der Ausschuss dem Rat, den Vorschlag der Verwaltung zu genehmigen oder abzulehnen. Dieses Mal nicht.
Was hat Parken mit Busfahren zu tun?
Denn was hat Parken mit Busfahren zu tun? Sehr viel, meint Oberbürgermeister Boris Palmer. Wer mit dem Bus fährt, lässt sein Auto stehen. Deshalb zahlt die Stadt jedem Deutschlandticket-Käufer einen Zuschuss von 15 Euro - bisher. Künftig sollen es 13 Euro sein. Nach dem Beschluss der Verkehrsminister der Länder und des Bundes, den Preis für das Deutschlandticket von 49 Euro auf 58 Euro anzuheben, muss die Stadt über die Vergünstigung neu entscheiden. Erschwert wird dies durch die Finanznot der Stadt und des Kreises.
Palmer zeichnete ein düsteres Bild: Der Haushaltsplanentwurf steht auf derart wackeligen Füßen, dass das Regierungspräsidium als Kontrollorgan die Genehmigung verweigern könnte. Dann stelle der Regierungspräsident solche Posten wie den Zuschuss fürs Deutschlandticket »auf null«, prophezeit Palmer. Daher sei ein Mittelweg die Lösung. Den Einwand von Zarnetta, die Parkraumbewirtschaftung sei ja noch gar nicht abgeschlossen und eine Erhöhung nicht gerecht, wenn andere noch gar nichts bezahlen, wollte Palmer nicht gelten lassen. Die Parkraumbewirtschaftung sei Mitte nächsten Jahres abgeschlossen.
Der Zusammenhang von Parken und Busfahren ist nicht neu: Im Rahmen des Klimaschutzprogramms entschied der Gemeinderat bereits, das Straßenparken flächendeckend zu verteuern und die zusätzlichen Einnahmen für günstigere Tickets einzusetzen. Weil ein gewaltiges Loch in der Stadtkasse klafft, sieht Palmer derzeit nur die Möglichkeit, eine »weitgehend aufkommensneutrale Ausgestaltung« zu wählen. Sprich: Zuschuss runter, Parken hoch. Aktuell geht die Verwaltung davon aus, dass durch höhere Parkgebühren im Jahr 2025 etwa zwei Millionen Euro erlöst werden können.
Teil des Rückgangs ist erwünscht
Der Zuschuss zum Deutschlandticket soll also leicht sinken, sodass sich ein Preis von 45 Euro pro Monat ergibt. Die Verwaltung gehe davon aus, dass dadurch »eine erhebliche Zahl der aktuell rund 20.000 Kunden ihr Abo kündigt«. Den Effekt habe man einkalkuliert. Ein Teil des Rückgangs sei sogar erwünscht, weil die neue Preisgestaltung wohl dazu führen würde, dass Studierende wieder in das billigere »Deutschlandticket Studierende« (ehemaliges Semesterticket) wechseln. Es kostet damit weiterhin 153,70 Euro pro Semester oder 25,61 Euro pro Monat. Ähnliches erwartet die Verwaltung in den Bereichen »Deutschlandticket Jugend BW«. (GEA)